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I. Die Staatsanwaltschaft

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Die StA erfüllt im Strafverfahren drei Hauptaufgaben:

- Sie leitet das Ermittlungsverfahren (vgl. § 161 Abs. 1 StPO),
- sie vertritt im Zwischen- und im Hauptverfahren die Anklage, und
- sie ist zuständig für die Strafvollstreckung, § 451 StPO.

1. Die Organisation der StA

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Bei der StA handelt es sich um ein von den Gerichten unabhängiges, hierarchisch aufgebautes Organ der Rechtspflege, § 150 GVG. Sie ist parallel zu den Gerichten organisiert, §§ 141 ff. GVG. Ihre örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach derjenigen des Gerichts, für das sie bestellt wurde, § 143 Abs. 1 S. 1 GVG. An ihrer Spitze steht ein Behördenleiter, für den der einzelne StA immer als Vertreter handelt, § 144 GVG – sog. monokratische Struktur der StA. Im Einzelnen:

- auf Bundesebene gibt es parallel zum BGH eine Bundesanwaltschaft mit dem Generalbundesanwalt an der Spitze, § 142 Abs. 1 Nr. 1 GVG,
- beim OLG die StA mit dem Generalstaatsanwalt als Behördenleiter,
- beim LG die StA mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt (LOStA) als Behördenchef, und
- beim AG die Amtsanwaltschaft, deren Kompetenzen nach dem Landesrecht aber begrenzt sind und die es als eigenständige Behörde derzeit nur an vereinzelten Standorten gibt, sodass ein großer Teil der staatsanwaltschaftlichen Funktionen beim AG von der StA beim LG mit ausgeübt wird.

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Anders als die Gerichte ist die StA nicht unabhängig, sondern untersteht als Behörde dem jeweiligen Landesjustizminister mit Ausnahme der Bundesanwaltschaft, die dem Bundesjustizminister untersteht.

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Ausprägungen der monokratischen und hierarchischen Struktur der StA sind folgende Rechte:

- Devolutivrecht: Die ersten Beamten (Behördenleiter) der StA sind berechtigt, jederzeit einzelne Amtsverrichtungen oder auch den gesamten Fall selbst zu übernehmen, § 145 Abs. 1, 1. Alt. GVG. Dem Justizminister dagegen steht dieses Recht mangels StA-Eigenschaft nicht zu.
- Substitutionsrecht: Die Behördenleiter sind befugt, jederzeit einen anderen als den zunächst zuständigen StA mit der Wahrnehmung einer Aufgabe zu betrauen, § 145 Abs. 1, 2. Alt. GVG. Dieses Substitutionsrecht steht anders als das Devolutivrecht ebenfalls dem Justizminister kraft seines Leitungsrechts nach § 147 GVG zu. Auch die Beauftragung einer anderen Staatsanwaltschaft ist zulässig.
- Weisungsrecht: Justizminister und die Behördenleiter sind berechtigt, ihren Beamten dienstliche Anweisungen zu geben, denen diese nachkommen müssen, §§ 146, 147 GVG. Das Weisungsrecht der Justizminister, § 147 Nr. 1, 2 GVG wird als externes Weisungsrecht, dasjenige der Behördenleiter als internes Weisungsrecht bezeichnet. In der Praxis werden ministerielle Weisungen nicht unmittelbar an einzelne Staatsanwälte, sondern „im Instanzenzug“ an den Generalstaatsanwalt gerichtet, der sodann das Weitere veranlasst.

2. Die Reichweite der Weisungsgebundenheit

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Fraglich ist, wie weit die Weisungsgebundenheit des einzelnen StA reicht, wenn er eine Weisung für rechtlich problematisch hält oder ihr aus anderen persönlichen Gründen nicht folgen möchte. Unstreitig ist er in diesem Fall verpflichtet, zunächst gegen die Weisung zu remonstrieren, d.h. seine Bedenken seinem unmittelbaren Vorgesetzten mitzuteilen, und sich dann ggf. gegen dessen Entscheidung an den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Bestätigt dieser die Anordnung, muss der StA sie grds. ausführen. Auch hier gibt es aber Grenzen.

Fall 12: StA S führt Ermittlungen gegen den hohen Beamten B wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Um einen politischen Skandal kurz vor der Wahl zu vermeiden, erteilt ihm Justizministerin J die Weisung, die Ermittlungen einzustellen.

Lösung: An Weisungen, mit deren Erfüllung er eine Straftat, eine Ordnungswidrigkeit oder eine Verletzung der Menschenwürde beginge, ist der StA nicht gebunden (SK-Wohlers, § 146 GVG Rn. 18). Gleiches soll nach einer t.v.A. für Weisungen gelten, die er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann; diesen Konflikt müsse der Vorgesetzte durch Ausübung des Devolutiv- oder Substitutionsrechts lösen (Beulke/Swoboda, Rn. 143). Hier würde die Einstellung des Verfahrens eine Strafbarkeit wegen (versuchter) Strafvereitelung im Amt, § 258a StGB, begründen. S ist daher nicht nur berechtigt, sondern – um sich nicht selbst strafbar zu machen – sogar verpflichtet, der Weisung der J keine Folge zu leisten.

3. Die Ablehnbarkeit eines StA wegen Besorgnis der Befangenheit

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Umstritten ist, ob ein StA wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden kann.

Fall 13: Heiratsschwindler A ist wegen mehrfachen Betruges angeklagt. Als Anklagevertreter fungiert StA S, dem von A vor nicht allzu langer Zeit die Frau ausgespannt worden war und der A daraufhin geschworen hatte, das werde dieser noch bitter bereuen. A ist der Auffassung, S müsse daher abgelöst werden.

Lösung: Eine Besorgnis der Befangenheit dürfte zumindest dann bestehen, wenn einer der in § 22 Nrn. 1–3 StPO genannten Umstände vorliegt (vgl. Beulke/Swoboda, Rn. 151 ff.). Von einer t.v.A. wird in solchen Fällen zur Durchsetzung der Ablösung des StA die analoge Anwendung der Regeln zum Ausschluss und zur Ablehnung von Gerichtspersonen, §§ 22 ff. StPO, bejaht (Arloth, NJW 1983, 207). Dagegen wendet die h.M. ein, es fehle an einer für die Analogie planwidrigen Gesetzeslücke, weil der Gesetzgeber es mehrfach explizit abgelehnt habe, eine entsprechende Regelung zu treffen. Die Prozessbeteiligten können danach lediglich beim Dienstvorgesetzten des StA darauf hinwirken, dass dieser nach §§ 145, 146 GVG abgelöst wird (Heinrich/Reinbacher, 11/16). Teilweise wird aus dem fair trial-Prinzip eine Pflicht des Gerichts abgeleitet, auf eine solche Ablösung hinzuwirken (Roxin/Schünemann, § 9 Rn. 15). Ein Recht auf die Ablösung soll allerdings nach h.M. nicht bestehen. Gelinge die Ablösung nicht, sei das Hauptverfahren fortzusetzen – jedoch mit dem Risiko eines nunmehr möglicherweise bestehenden Revisionsgrundes i.S.v. § 337 StPO (SSW-Kudlich/Noltensmeier-von Osten, § 22 Rn. 5; einschränkend Meyer-Goßner/Schmitt-Schmitt, Vor § 22 Rn. 7). Besonderheiten bestehen dann, wenn der StA im gleichen Prozess als Zeuge vernommen wird; sog. Zeugenstaatsanwalt. Soweit im Plädoyer diese Aussage zu würdigen ist, muss der StA durch einen anderen StA ersetzt werden. (Unterbleibt dies, liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens und somit ein relativer Revisionsgrund nach § 337 StPO vor; zweifelnd allerdings BGH NStZ 2008, 353.) Ansonsten darf der als Zeuge vernommene StA nach h.M. aber weiter auftreten (BGHSt 21, 85; krit. AnwK-Werner, § 24 Rn. 16). Im vorliegenden Fall könnte der A daher nur beim LOStA des S dessen Ablösung anregen. Das Gericht wäre zudem wohl verpflichtet, darauf hinzuwirken.

Schaubild 3: Die Weisungsrechte bei der StA der Länder


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