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X. Der Grundsatz der Öffentlichkeit

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Gemäß dem Grundsatz der Öffentlichkeit muss die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung des Urteils und der Beschlüsse öffentlich sein, § 169 GVG, Art. 6 EMRK. Das bedeutet, dass im Rahmen der tatsächlichen Gegebenheiten des Verhandlungsortes die Möglichkeit des Eintritts beliebiger Zuhörer zu gewährleisten ist. Dies gilt auch bei einem Termin außerhalb des Gerichtssaals (z.B. bei einer Vernehmung des erkrankten Angeklagten im Krankenhaus). Der Presse dürfen aufgrund ihrer besonderen Bedeutung Plätze reserviert werden. Gibt es mehr Bewerber als Plätze, muss ein faires Auswahlverfahren – ggf. unter Differenzierung nach Medienarten (z.B. Rundfunk, Print, ausländische Presse bei entsprechenden Bezügen des Falles) – durchgeführt werden (BVerfG NJW 2013, 1293). Zwecke der Herstellung der Öffentlichkeit sind der Schutz vor einer Geheimjustiz, die Stärkung des Vertrauens in die Rechtsprechung sowie die Berücksichtigung des Informationsinteresses der Allgemeinheit.

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Einschränkungen: Dieses Zugangsrecht der Öffentlichkeit unterliegt aber bestimmten Schranken, die sich z.T. aus tatsächlichen Umständen, z.T. aber auch aus rechtlichen Gründen ergeben:

Die Öffentlichkeit kann beschränkt werden, soweit dies zur ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens notwendig ist (z.B. bei begrenztem Platz eine Auswahl nach dem Prioritätsprinzip oder die Ausgabe von Einlasskarten; mittelbare Beschränkung durch Ausweiskontrollen, Durchsuchungen auf Waffen). Unzulässig ist allerdings die Einschränkung ohne triftigen Grund (z.B. die Wahl eines kleineren Sitzungssaals allein, um dadurch eine kleinere Zuhörerzahl zu erreichen). Fall 7: In einem spektakulären Mordprozess gegen den bekannten Schauspieler S herrscht enormes Publikumsinteresse. Der Vorsitzende Richter ordnet aus diesem Grund eine Verlegung des Verhandlungsortes in die Stadthalle an. Lösung: Nicht nur eine willkürliche Beschränkung der Öffentlichkeit, sondern auch eine beliebige Erweiterung der Öffentlichkeit kann unzulässig sein. So ist die Verlegung der Verhandlung in eine große Halle nicht gestattet, sofern hierdurch der Angeklagte zum Schauobjekt gemacht wird und dies einen Verstoß gegen seine Menschenwürde begründet (Meyer-Goßner/Schmitt-Schmitt, § 169 GVG Rn. 5a).
Die gesamte Öffentlichkeit kann aus den in §§ 170 ff. GVG genannten Gründen zum Schutz besonderer persönlicher oder öffentlicher Interessen ausgeschlossen werden (z.B. zum Schutz der Intimsphäre eines Zeugen). Dem Schutz persönlicher Interessen dient auch § 48 JGG, nach dem die Hauptverhandlung gegen Jugendliche nichtöffentlich ist.
Der Ausschluss einzelner Personen wird geregelt in §§ 175 ff. GVG. Darüber hinaus ist er auch aus vorrangigen Verfahrensgrundsätzen zulässig (z.B. bei Zeugen, Arg. aus § 58 Abs. 1 StPO).
Schließlich bedeutet Öffentlichkeit nicht Publizität. Das Verbot von Rundfunkaufnahmen (Hörfunk/Fernsehen) sowie von sonstigen Ton- und Filmaufnahmen während der Verhandlung und der Urteilsverkündung zum Zweck der Veröffentlichung, § 169 Abs. 1 S. 2 GVG, verstößt damit nicht gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz und ist auch verfassungskonform (BVerfGE 103, 44). Allerdings hat der Gesetzgeber verschiedene Ausnahmeregelungen eingefügt. Mit Genehmigung des Gerichts sind - für die Presse Tonübertragungen (nicht dagegen auch Bildübertragungen) in einen Medienarbeitsraum möglich, § 169 Abs. 1 S. 3 GVG, - bei zeitgeschichtlich herausragenden Verfahren (wie z.B. dem NSU-Prozess) Tonaufnahmen zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken zulässig, § 169 Abs. 2 GVG, - in besonderen Fällen Ton- und Filmaufnahmen von Entscheidungsverkündungen des BGH erlaubt, § 169 Abs. 3 GVG.

Es entscheidet dabei stets das Gericht im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen. Sein Beschluss ist nicht anfechtbar, § 169 Abs. 4 GVG. Mitschriften sind dagegen immer zulässig.

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