Читать книгу The Sixth Birthday - Arnd Frenzel - Страница 22
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Die Sonne scheint schon durch das Fenster, als Kylian erwacht. Das kurze Telefonat gestern Abend mit Sascha hat nicht viel ergeben. Er hat alles verschwiegen. Nichts von den Toten. Nichts von Alexa. Seine Freundin bleibt im Ungewissen. Das Einzige, was sie erfahren durfte, der Schlüssel wurde nicht gefunden.
Seine Mutter hat ihn schon 2-mal gerufen, er soll zum Frühstück kommen. Sie muss gleich wieder zur Arbeit, daher haben die beiden nicht viel Zeit. Kylian kann von Glück sagen, das seine Wunden von gestern Abend kaum zu sehen sind, die Krankenschwester in der Küche würde sonst unangenehme Fragen stellen.
Am Tisch sagt keiner ein Wort, seine Mutter ließt in der Zeitung und er blättert durch sein Handy. Nichts deutet auf gestern Abend hin. Keine Nachrichten berichten über den Zwischenfall, aber er hat das doch nicht geträumt. Das war alles real und Alexa war es auch. Die hübsche Ausgestoßene, die ihm das Leben gerettet hat. An den Toten verschwendet er keine Zeit, als ob es ihm egal wäre und sie es eben verdient hätten. Vielleicht will er auch nicht daran denken und verdrängt es einfach.
»Wo warst du gestern Abend so lange?« Die Frage seiner Mutter reißt ihn aus seinen Gedanken. Vor Schock hat er sich fast am Brötchen verschluckt.
»Was meinst du damit?« Fragt er sehr vorsichtig. In seinem Kopf taucht eine gewisse Angst auf. Weiß sie schon etwas? Steht vielleicht doch etwas in der Zeitung?
»Du wolltest doch schon früher Zuhause sein. Ich hatte mit dem Abendbrot auf dich gewartet.«
Kylian beruhigt sich wieder, es geht nur um etwas Banales. Aber sicher, er wollte viel früher hier sein. Seine Mutter wusste nur was von dem Treffen mit Sascha. Alle anderen Planungen wurden erst später gemacht.
»Ich habe meinen Schlüsselbund gesucht«, kommt wieder mit normaler Stimme.
»Oh«, antwortet seine Mutter und packt die Utensilien zurück in den Kühlschrank, dann fährt sie fort.
»Vielleicht gehst du morgen einfach beim Fundbüro vorbei, es soll auch noch nette Menschen geben. Es könnte ihn doch einer abgegeben haben, aber bitte erst nach der Schule.«
»Danke Mama, die Idee ist gut, auch wenn ich morgen sicher Stress in der Schule bekomme.«
»Jetzt lass mal deinen Kopf nicht hängen, ich schreibe dir einfach eine Entschuldigung. Das kommt schon alles wieder in Ordnung.«
Das Frühstück ist beendet und der Abwasch beginnt. Kylian ist natürlich zur Stelle und hilft seiner Mutter. »Hast du schon einmal einen Ausgestoßenen gesehen?«
Seine Mutter unterbricht kurz den Abwasch und schaut ihren Sohn ungläubig an.
»Wie kommst du denn auf so etwas?« Nach der Frage geht die Arbeit weiter.
»Ich meine ja nur, ich habe gestern einen von ihnen getroffen.« In der Küche wird es plötzlich laut, denn seine Mutter fängt herzhaft an zu lachen.
»Hast du das, mein Sohn? Deine Fantasie ist wirklich lustig, aber reich mir mal bitte das Geschirr vom Tisch.«
Kylian gehorcht und sammelt alles ein. Mit so einer Antwort hat er nicht gerechnet, seine Mutter glaubt ihm nicht.
»Ich meine es Ernst Mama. Gestern Abend beim Suchen des Schlüssels bin ich einer begegnet. Sie heißt Alexa und ist wirklich eine von den Ausgestoßenen.«
Das Lachen verstummt und auch die Arbeit wird unterbrochen, seine Mutter schaut ihn ernst an.
»Hat sie dir das gesagt? Das kann ich mir nicht vorstellen, die verraten sich nicht einfach. Für die ist das viel zu gefährlich.«
»Sie hatte lila Augen Mama«, versucht Kylian sich zu rechtfertigen.
Eine kurze Stille durchzieht die Küche und seine Mutter spült einfach weiter.
»Geh denen bloß aus dem Weg. Die sind gefährlich Kylian. Auch wenn ich immer noch nicht glaube, dass es wirklich einer war. Von denen gibt es nicht mehr viele.«
»Hattet ihr damals eigentlich Angst? Also kurz vor meinem sechsten Geburtstag. Ich hätte mich ja auch verwandeln können.«
»Oh ja, das hatten wir, so wie jede andere Familie auch. Zu der Zeit waren es noch so viele, die anders geworden sind. Ich habe jeden Tag gebetet. Ich wollte einfach nur, dass der Kelch an uns vorüber geht und wie du siehst, es hat geholfen.«
Wieder beginnt seine Mutter zu lachen, aber nicht so laut wie beim ersten Mal. Natürlich war sie damals ängstlich. Jeder hatte den sechsten Geburtstag seiner Kinder entgegengefiebert. Der Tag der Wahrheit hieß es in den Medien. Rufen sie diese Nummer an und ihren Kindern wird geholfen. Keiner hatte damit gerechnet, dass die Abgeholten nicht zurückkehren, aber es ist ruhig geworden. In den Zeitungen steht auch nichts mehr, es hat einfach aufgehört. Der Grund ist niemanden bekannt, daher wird es von den Menschen vergessen.
Der Küchenputz ist erledigt und die kleine Familie trennt sich wieder. Kylian geht zurück auf sein Zimmer und überdenkt die Worte seiner Mutter. Vielleicht hat sie recht, es könnte gestern auch alles anders gewesen sein.
Gleich ist er wieder alleine, denn das Krankenhaus ruft und seine Mama muss zur Arbeit. Natürlich kommt sie erst spät zurück, daher legt sie ihren Haustürschlüssel auf den Küchentisch. Nur für den Fall, dass ihr Sohn noch weg möchte.
Schnell kehrt Ruhe in der Wohnung ein, Kylian liegt still auf seinem Bett und ist völlig am Ende. Seine Mutter ist gerade erst aus dem Haus, als die Türklingel den Frieden wieder stört. Langsam trottet der 17-Jährige nach vorne und öffnet. Vor der Tür befindet sich ein großer Mann und starrt angespannt zu ihm herunter.
»Hallo mein Freund, du bist sicher Kylian. Mein Name ist Alex.«