Читать книгу The Sixth Birthday - Arnd Frenzel - Страница 25
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Der Weg zum Rat wird durch schweigen begleitet. David sagt kein Wort und auch Alexa ist in ihren Gedanken. Hin und wieder begegnen sie einen Wächter, der sie aber passieren lässt. Erst kurz vor einer riesigen Runden Panzertür halten sie an.
»Alexa, ich weiß nicht, was gleich passiert. Mir wurde der Grund dieser Einladung nicht mitgeteilt. Ich habe also keine Ahnung, warum der Rat dich sehen möchte.«
Alexa schaut ihren Lehrer traurig an, sogar eine Träne kommt zum Vorschein. Sie weiß genau, warum sie hier ist. Das Ende ihrer Freiheit ist schon beschlossene Sache.
»Ich sollte dich wohl um Verzeihung bitten David. Es ist gestern alles schief gelaufen. Jede Bestrafung vom Rat werde ich ohne Einwände akzeptieren, ich habe es mehr als verdient.«
Ihre traurigen Worte sind bei David angekommen, doch seine Miene verändert sich nicht.
»Wie kommst du darauf? Niemand wurde bisher wegen eines vermasselten Auftrages zum Rat gebeten. Eigentlich wird fast nie jemand zum Rat gebeten, daher bin ich auch so überrascht.«
»David, ich habe Menschen getötet, unsere Partner sind Tod und das durch meine eigene Hand. Wenn das kein Grund ist, was dann?«
Der Lehrer schafft es doch tatsächlich ihr ein Lächeln zu zeigen, auch wenn es nicht wirklich gekonnt aussieht.
»Du bist nicht der Erste, dem so etwas passiert. Es wurden auch schon vorher Menschen getötet. Bedauerlich, aber leider nicht immer vermeidbar. Dennoch wurde niemand bisher groß getadelt, hier steckt also etwas anderes dahinter.« David stöhnt kurz auf, bevor er weiter redet. »Wir müssen einfach abwarten, gleich sind wir schlauer.«
Vor ihnen öffnet sich das seltsame Tor, begleitet durch ein lautes Geräusch und ein Wächter kommt heraus. Zögerlich geht Alexa an ihm vorbei und betritt einen runden Raum. Im Mittelpunkt steht ein großer eckiger Tisch und dem gegenüber 5 Stühle in einer Reihe. Auf diesen sitzen die Ratsmitglieder. Die Tür wird hinter ihr wieder geschlossen und der Wächter ist verschwunden. David atmet neben ihr hörbar aus, er hat wohl nicht damit gerechnet, auch bleiben zu dürfen.
Genau fünf zusätzliche Ausgänge befinden sich hier, einer für jedes Mitglied. Das auffälligste sind aber die Dachfenster an der Decke, hier gibt es wahrhaftig Tageslicht. Aus mehreren Öffnungen fluten Sonnenstrahlen in den Raum und erhellen die angespannte Lage.
Die nächste Überraschung bietet die Zusammensetzung der Anführer, denn es befinden sich 2 Frauen unter ihnen. Damit hat sogar David nicht gerechnet, der trotz seines Alters auch das erste Mal dem Rat gegenüber steht.
In der Mitte befindet sich wohl der Älteste, genau der erhebt sich jetzt und faltet seine Hände zusammen. »Willkommen«, sagt er freundlich und deutet den Neuankömmlingen an, näher zu kommen. Er wird schon über 50 sein, Alexa wusste gar nicht, dass alles soweit zurückreicht.
Die anderen des Rates nicken einmal kurz, halten sich aber sonst zurück.
»Alexa, wie wunderbar ein so junges Geschöpf hier in unserer Mitte begrüßen zu dürfen. Wir sind sehr erfreut.« Das Ratsmitglied setzt sich nach seiner Begrüßung wieder, aber seine Hände bleiben geschlossen. Erst jetzt fällt Alexa auf, dass der Geruch hier ganz anders ist. Eher angenehm, als ob tatsächlich gelüftet wird. Ein Privileg, welches wohl nur dem Rat zusteht.
»Wir haben von dem Zwischenfall gestern Abend gehört«, beginnt die gleiche Person. »Auch das es Verluste unter den Menschen gab.«
Die junge Dame fühlt sich nach den gesagten Worten schlecht. Die Anwesenden erwarten jetzt sicher eine Erklärung, sie hatte aber gehofft, einfach nur eine Verurteilung zu erhalten. Eine leise Stimmlage schlägt sich auf ihre vorsichtige Antwort nieder.
»Es tut mir leid verehrtes Ratsmitglied, das war alles nicht so gewollt, aber ein Mensch war in Gefahr und ich…«
Durch eine einfache Handbewegung wird sie zum Schweigen gebracht. Niemand scheint wirklich ein Interesse an ihrer Schilderung zu haben. Für Alexa fühlt sich das sehr niederschlagend an. Der Rat hat über ihr weiteres Schicksal schon entschieden, aber wenigstens braucht sie den Abend nicht wiederholen.
»Liebe Alexa, es ist doch alles in Ordnung. Manchmal ist der Tod unausweichlich. Wir haben dich auch nicht gerufen, um über ein so banales Thema zu philosophieren. Wir sind eher daran interessiert, wie du zu einem gewissen Jungen mit dem Namen Kylian stehst.«
Jetzt bewegt sich David ein Stück nach vorne und will das Wort ergreifen. Er wird aber sofort von der äußeren rechten Frau gestoppt. Ein kurzes, lautes »Ruhe« reichte vollkommen dafür aus. Der Lehrer von Alexa zieht sich wieder zurück und sieht bei seiner Schülerin die Angst in den Augen. Jetzt hier über Kylian zu sprechen liegt nicht in ihrem Interessenbereich. Dieser ganze Mist ist doch sicher Aiden seine Schuld.
»Dieser Mensch war in Gefahr«, bekommt sie kleinlaut heraus.
»Das wissen wir doch alles schon, aber fühlst du dich zu ihm hingezogen?«
Ohne auf eine Antwort zu warten, redet der Mann munter weiter, als ob er niemals eine Frage gestellt hätte.
»Wir benötigen bei einer ganz bestimmten Angelegenheit deine Hilfe. Du sollst unsere Augen und Ohren sein. Geh wieder nach oben und triff dich mit dem jungen Mann. Finde heraus, was in der Oberwelt nicht stimmt, denn es braut sich etwas zusammen. Die menschlichen Medien berichten von Übergriffen, an denen wir die Schuld tragen sollen und das ist nicht akzeptabel. Wir brauchen dich Alexa und wir sind uns sicher, dass du dem gewachsen bist.«
Jetzt platz David der Kragen, diese neue Situation kann er nicht hinnehmen.
»Bei allem Respekt verehrtes Ratsmitglied, aber ich bin entschieden dagegen. Alexa ist noch viel zu jung und unerfahren, das kann ich nicht zulassen.«
Wieder erhebt sich die gleiche Frau wie vorher und wendet ihr Wort an David. »Wir haben dich nicht um deine Erlaubnis gefragt David und die Sache ist schon beschlossen. Ihre Unerfahrenheit ist der entscheidende Vorteil. Der junge Mann wird ihr nicht widerstehen können und alles erdenkliche Versuchen, um ihr zu gefallen. Genau das müssen wir jetzt ausnutzen.«
Zu einer weiteren Aussage kommt David nicht. Er wurde geschickt zum Schweigen gebracht und der Ältere wendet sich wieder an Alexa.
»Bist du dieser Aufgabe gewachsen, mein Kind? Können wir in dieser Angelegenheit auf dich zählen?« Diesmal ist es eine echte Frage und alle Augen schauen auf das Mädchen.
»Ich werde es versuchen«, kommt nur von ihr, aber die Antwort scheint auszureichen, denn das Ratsmitglied sieht zufrieden aus.
»Aber eine Frage habe ich noch«, wirft Alexa mutig hinterher und bekommt sofort die volle Aufmerksamkeit.
»Natürlich«, antwortet dieses Mal die Frau auf der anderen Seite.
»Bei dem Angriff auf die Menschen ist etwas Sonderbares vorgefallen. Es ist einfach so passiert und ich kann mich an nichts erinnern. Erst als die Aktion vorüber war, bin ich wieder zu mir gekommen und habe die Opfer am Boden gesehen. Das war unheimlich und ging verdammt schnell. Warum ist das mit mir passiert?«
Die Ratsmitglieder schauen sich untereinander an und der Älteste gibt wieder die Antwort.
»Ich würde mir darüber keine großen Gedanken machen. Das war nur die Auswirkung des Angriffs, das Adrenalin hat dich vergessen lassen. Du bist den Menschen dort oben gar nicht so unähnlich. Was uns natürlich zeigt, dass du die Richtige für diese Aufgabe bist.«
Alle Mitglieder erheben sich gleichzeitig und falten ihre Hände. Das Bild hat schon etwas Lustiges und Alexa muss sich das lachen, trotz aller Umstände verkneifen.
»Marie wartet schon am gleichen Ort wie gestern, sie wird sich weiterhin um dich kümmern, dich ein wenig auffrischen und der Oberwelt angleichen. Unser Geheimdienst hat über Kylian schon alles herausgefunden und sie wird dir davon berichten. Wir wünschen dir ein gutes Gelingen und bitten um viele aufschlussreiche Berichte.«
Das hintere Tor öffnet sich wieder und der Wächter begleitet die beiden Gäste vor die Tür. David kann jetzt endlich mit Alexa alleine sprechen.
»Alexa, hör mir bitte zu. Das ist ein seltsamer Schachzug vom Rat und der passt auch nicht wirklich zu unseren Prinzipien. Nichts von dem steht mit unserem Gesetz im Einklang. Pass bitte auf dich auf, da steckt etwas anderes dahinter. Noch nie wurde jemand so Junges mit einem solchen Spezialauftrag betraut, dafür haben wir normalerweise andere Leute. Vertrau bitte niemanden, auch Marie nicht. Ich werde in deiner Abwesenheit versuchen, etwas zu erfahren.«
David begleitet Alexa noch zum Ausgang und geht dann seiner Wege. Sie wurde dort schon sehnlichst erwartet und das sogenannte Auffrischen kann beginnen…