Читать книгу The Sixth Birthday - Arnd Frenzel - Страница 24
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Die Szene vor der Tür hat für Kylian etwas Beklemmendes und endlich wird gesprochen.
»Darf ich hereinkommen?«
»Ich denke nicht, was wollen Sie überhaupt?«
Kylian begreift nicht wirklich, was der sonderbare Mann vor seiner Tür von ihm möchte. Seine Mutter hatte ihm natürlich verboten, Fremde einzulassen. Es läuft wohl alles auf einen Vertreter hinaus.
»Kylian, unser Gespräch ist nicht für deine Nachbarn bestimmt. Du bist also sehr gut darin beraten, mich hier nicht stehen zu lassen.«
»Entschuldigen Sie, aber wir kaufen nichts. Versuchen sie es doch bitte woanders.«
Alex verzieht sein Gesicht zu einer Grimasse. Das sollte lustig aussehen, hat aber nicht den gewünschten Effekt.
»Es geht um gestern Abend. Um deinen kleinen Ausflug in die Stadt. Habe ich jetzt deine Aufmerksamkeit?«
Die Tür wird freigegeben und der große Kerl betritt die Wohnung. Kylian zittert am ganzen Körper, er ist wohl aufgeflogen. Sein Gast läuft einmal durch alle Zimmer und quartiert sich in der Küche ein. Dort nimmt er unaufgefordert Platz und deutet Kylian an, das Gleiche zu tun. Einen kleinen Moment schauen sich die beiden in die Augen und diese Quälerei ist unbeschreiblich.
»Weißt du jetzt, warum ich hier bin?« Fragt Alex und lässt seinen Blick nicht von dem Jungen.
»Ich kann es mir denken«, antwortet Kylian und weicht jedem eindringlichen Blick aus.
Die Mundwinkel von Alex gehen ein wenig nach oben.
»Ich glaube nicht, das du wirklich verstehst, aber ich brauche auch nur ein paar kleine Infos und bin dann wieder verschwunden.«
Auch diese Worte beenden die Gefühlslage bei Kylian nicht im Geringsten. Seine Gedanken gehen zu seiner Mutter, was wird sie jetzt von ihm denken? Die Polizei sitzt in ihrer Küche und stellt unangenehme Fragen. Ihr Sohn ist in einem Mordfall verwickelt.
»Was wollen Sie von mir? Ich habe nichts getan und ich kenne meine Rechte.«
Die Mundwinkel von Alex gehen noch weiter hinauf. Er hat keinen dummen Menschen vor sich und das macht die Angelegenheit interessanter.
»Denkst du wirklich, dass ich dich verhaften möchte? Ich bin nicht von der Polizei, also ist deine Angst unbegründet. Du kannst jetzt durchatmen und wieder locker werden.«
Ungläubig schaut Kylian den Mann in seiner Küche an. Er ist nicht von der Polizei, aber was will er dann von ihm?
»Sind sie ein Privatdetektiv oder etwas Ähnliches?« Fragt er vorsichtig.
»Nein das auch nicht.« Jetzt lacht Alex aus freien Stücken. »Ich bin vom FOPE. Gerade dachte ich noch, dass ich einen schlauen jungen Mann vor mir habe, aber jetzt bin ich mir gar nicht mehr so sicher.«
Das Zittern bei Kylian verstärkt sich. Dieser Riese ist vom FOPE, also geht es nicht um die Morde, sondern um Alexa. Er ist hinter ihr her.
»Jetzt beruhigen wir uns wieder und reden vernünftig, so von Mann zu Mann. Ich arbeite zwar für das FOPE, bin aber nicht in ihrem Auftrag unterwegs. Mein Anliegen ist eher von privater Natur.«
Auch diese Worte haben nicht den gewünschten Effekt. Kylians Angst steigt ins Unermessliche und er weiß auch nicht, wie lange er diese Tortur noch aushält.
»Mit deinem Schweigen erreichen wir hier nichts, aber ich weiß schon alles über gestern Abend. Eine kleine Gasse, der Angriff von der Gang und die Rettung durch eine Unbekannte. Du warst wohl zur falschen Zeit am falschen Ort. Warum du dich abends in so einer Gegend herumtreibst, soll auch nicht wichtig sein, mich interessiert nur die Unbekannte.«
Weiter keine Regung bei dem Schwarzen Jungen, aber sein Blick zeigt nichts Gutes.
»Ich brauche nur einen Namen Kylian und nichts weiter. Also reiß dich jetzt zusammen und sage mir den Namen der jungen Frau. Ich benötige ihn als Abgleich für meine Daten. Dir ist sicher nicht bewusst, dass einer deiner Angreifer überlebt hat. Von ihm habe ich die Informationen, auch deinen Namen und natürlich, dass du unschuldig bist. Er hat mir auch den Namen deiner Retterin genannt. Ich muss ihn aber unbedingt noch einmal von dir hören, das ist sehr wichtig für mich.«
Es rührt sich etwas bei Kylian, denn der Mann hat gerade wirklich gesagt, dass einer überlebt hat. Aber soll er jetzt Alexa verraten? Langsam blickt er auf und schaut zu seinem Besucher.
»Was erhoffen Sie sich von dem Namen? Dadurch werden Sie sie nicht finden.«
»Darüber bin ich mir im Klaren, mein Junge, ein wenig Hilfe ist schon vonnöten. Du verkennst aber meine Absichten, ich möchte ihr helfen, also den Namen bitte.«
»Sie wollen ihr also helfen, aber wie soll das gehen? Sie sind doch vom FOPE und jagen diese Menschen. Unter Hilfe verstehe ich etwas anderes.« Kylian fängt ein wenig an zu lachen, seine Angst ist teilweise überwunden und Mut mischt sich unter seine Worte.
»Also doch ein schlaues Kerlchen.« Alex reibt sich kurz seinen Hinterkopf und schaut sich in der Küche um. Unerwartet zieht er eine Karte aus seiner Jackentasche und hält sie Kylian herüber.
»Meine Nummer steht auf dieser Karte, es handelt sich aber um meine Private und die hat nichts mit der Organisation zu tun. Solltest du sie also erneut treffen, dann ruf mich bitte an. Ich möchte nur mit ihr reden, eine Auslieferung steht nicht zur Debatte.«
Kylian schaut erst auf die Karte und nimmt sie dann tatsächlich entgegen. So ganz kann er das natürlich nicht nachvollziehen, entweder wird er hier hinters Licht geführt oder der Mann meint es wirklich ernst. Nur was hätte er davon? Alexa ist fort und wird nicht wieder kommen, trotzdem spielt er mit.
»Was passiert dann mit ihr? Also wenn ich Sie angerufen habe.«
»Meine Beweggründe kann ich dir leider nicht erklären. Die würdest du auch nicht verstehen. Ich kann dir nur versprechen, dass ihr nichts geschehen wird, aber ich brauche immer noch den Namen.«
»Sie wissen den doch schon, also was soll das Ganze hier?«
Alex erhebt sich und geht ein paar Schritte durch die Küche. Direkt neben Kylian bleibt er wieder stehen und schaut zu ihm herunter.
»Ich habe absichtlich deine Mutter abgepasst, denn sie sollte diese Sache nicht erfahren. Nur kann ich dir nicht sagen, wie lange die Polizei sich noch heraushalten wird. Sie werden die Sache mit der Ausgestoßenen nicht glauben, für sie wirst du der Täter sein. Also hilf mir und ich kann da sicher etwas drehen.«
Für Kylian war das eindeutig eine Drohung, mehr konnte er daraus nicht deuten. Entweder er hilft und sagt den Namen oder die Polizei steht als Nächstes vor der Tür. Viel bleibt ihm gerade nicht, er muss dem Mann vertrauen und was ist schon ein Name?
»Sie heißt Alexa, sind Sie jetzt zufrieden?«
Der Gesichtsausdruck von Alex reicht völlig, noch positiver kann er seine Gefühlslage nicht zeigen.
»Danke Kylian, damit hast du mir wirklich geholfen. Genau diesen Namen wollte ich hören. Mach dir bitte keine Gedanken wegen der Cops, die werden dich schon nicht behelligen. Wir wissen ja beide, dass du unschuldig bist, aber denk an meine Karte und an meine Bitte. Solltest du sie noch einmal sehen, dann ruf mich an. Ich werde mich sicherlich erkenntlich zeigen.«
Alex verlässt die Küche und lässt den verdutzen Jungen einfach sitzen.
»Ich finde schon alleine heraus und danke für deine Kooperation«, ruft er noch vom Flur.
Die Haustür wird geschlossen und Kylian sitzt alleine in der Küche. Die Angst ist zurück und er möchte auch nicht aufstehen. Zwar ist die Gefahr vorbei, aber ein positives Gefühl erreicht ihn nicht. Sein Kopf wandert langsam nach unten und vergräbt sich in seinen Armen. Wenn er diese Stellung länger hält, wird er sicher einschlafen, aber dieses Glück bleibt ihm nicht erhalten. Denn die Türklingel macht sich zum zweiten Mal bemerkbar. Er schreckt wieder auf und sein Blick geht zum Hausflur, wo am Ende die Tür auf ihn wartet. Das kann eigentlich nur Sascha sein, oder es ist die Polizei…