Читать книгу The Sixth Birthday - Arnd Frenzel - Страница 29

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Zusammen nähern sich die beiden der Ansammlung von Menschen und schauen auf das Fiasko. Was erst wie ein Unfall erscheint, entpuppt sich schnell als etwas anderes. Ein Polizeiauto liegt auf dem Dach, daneben sitzt ein Officer am Boden und ein anderer kniet davor. Was hier genau passiert ist, bleibt für die beiden Ankömmlinge unklar. Die Schaulustigen sprechen alle durcheinander, einige haben ihre Handys in der Hand und machen Fotos. Ein paar wenige wagen sogar ein Selfie mit dem umgedrehten Fahrzeug. In der Ferne hört man Sirenen, gleich wird hier eine Menge los sein.

Es tauchen aber keine weiteren Polizisten auf, sondern zwei grau Uniformierte mit einem grimmigen Gesicht. Die müssen auch nicht viel sagen, die Meute geht automatisch einen Schritt zurück und macht ihnen Platz. Die Angst und den Respekt kann man förmlich riechen.

»Alexa?«, flüstert Kylian, »wir müssen hier weg. Die beiden sind vom FOPE.«

Die Ausgestoßene reagiert aber nicht, sie schaut weiter auf den Tatort und lässt keine Angst verspüren. FOPE? Der große Feind der Station, aber die Realität sieht völlig anders aus. Es handelt sich nur um zwei dumme Menschen, die ihrem Job nachgehen. Mit denen würde sie spielend fertig werden.

»Alexa?« Fragt Kylian ein zweites Mal und versteht nicht, warum sie nicht reagiert. Jetzt spricht sie auch noch jemanden an, einen jungen Mann, der genau neben ihr steht.

»Hey, hast du vielleicht etwas mitbekommen?« Der angesprochene schaut auf Alexa und entblößt eine Reihe gelber Zähne. Er scheint wohl sehr von dem Mädchen angetan zu sein, beantwortet aber trotzdem ihre Frage. Kylian schaut nur böse zu ihm herüber.

»Die Cops wurden von einem Kerl angegriffen, der bei einer Personenkontrolle einfach durchgedreht ist. Einer der Polizisten hat seine Waffe gezogen und ist laut geworden. Der Rest ging dann ganz schnell. Der Typ ist einfach über sie gesprungen und hat dem einem am Boden eine verpasst. Der ist durch den Schlag einmal quer durch die Gegend geflogen. Dann hat sich der Angreifer die Polizeikarre geschnappt, sie angehoben und umgeworfen. So etwas habe ich noch nie gesehen, das war voll krass, wie in einem Film.«

Für seine ausführliche Antwort bekommt er von Alexa ein höfliches Danke, aber der Mann ist noch nicht fertig. Ungeschickt packt er ihr an die Schulter und erzwingt dadurch neue Aufmerksamkeit.

»Hast du gleich schon etwas vor Puppe? Du bist total scharf.«

Kylian nimmt seinen ganzen Mut zusammen und schaltet sich in das Gespräch ein.

»Lass gut sein Mann, sie gehört zu mir.« Sein Gegenüber will aber nicht klein beigeben und baut sich vor dem schmächtigen Jungen auf.

»Vielleicht überlässt du der Schnecke einfach die Antwort und verschwindest ganz schnell von hier.«

Für Kylian wird die Sache langsam brenzlig, solche Situationen sind nichts für ihn. Am liebsten würde er jetzt weglaufen, so wie er es immer tut, aber er bleibt und hält sogar stand.

»Das ist meine Freundin, also lass es einfach, wir wollen keinen Ärger.«

Der Mann beginnt zu lachen und ballt dabei seine Faust, aber zu einem Schlag kommt er nicht. Alexa geht dazwischen, verdreht dem sehr muskulösen Typen seinen Arm und schaut ihn böse an.

»Ich wollte nur eine Auskunft, mehr nicht. Dafür habe ich mich sogar bedankt und jetzt lass uns in Ruhe.«

Erschrocken von der Kraft der jungen Frau lässt der Mann sofort locker. Sogar ein Lächeln taucht in seinem Gesicht auf, aber mehr sehen sie von ihm nicht, denn er verschwindet in der Menge.

Kylian nutzt die Chance und zieht Alexa vom Tatort weg, für ihn reicht es vollkommen.

»Es tut mir leid Kylian, ich wollte dich nicht in Schwierigkeiten bringen«, stammelt Alexa und blickt noch einmal zurück zu der Menschenansammlung.

Kylian kann es nicht fassen und schaut sie daher sehr eindringlich an.

»Verdammt Alexa, das war wirklich knapp. Wenn der Typ dich gemeldet hätte, dann wären wir sicherlich aufgeflogen.«

»Es ist alles gut und die beiden vom FOPE haben mir auch keine Angst gemacht. Die waren doch nur zu zweit, aber hast du das mitbekommen? Ich meine den Angriff auf die Polizisten. Das war einer von uns, also einer von meinem Volk, was hat das zu bedeuten?«

Kylian befindet sich noch in der Erholungsphase, er muss das erst einmal verarbeiten. Schließlich wollte dieser unfreundliche Schläger ihm gerade eine verpassen, aber eine größere Angst hatte er vor den beiden Grauen, wie sie in der Bevölkerung unschön genannt werden. Die hätten Alexa entdecken können und auch wenn seine Freundin unglaublich ist, die haben ihre Möglichkeiten. Darüber möchte er gar nicht erst nachdenken, sogar seine Beine sind noch am zittern.

»Ich weiß nicht, was dort gerade passiert ist, aber wir dürfen uns nicht in Gefahr bringen.«

»Nein Kylian, du verstehst das nicht, wir sind ein friedliches Volk. Niemand von uns würde so einen Angriff überhaupt in Erwägung ziehen. Das kann keiner meiner Leute gewesen sein.«

Diese Aussage bringt Kylian fast in Rage. Die junge Frau spricht von friedlich, dabei war sie es doch gestern, die vier Menschen kurzerhand getötet hat, aber er belässt es dabei. Er will lieber verschwinden, nur hat Alexa noch mehr auf dem Herzen.

»Was mich aber sehr verwundert, wie konnten die vom FOPE so schnell hier auftauchen? Patrouillieren die in der Stadt und warten auf solche Situationen?«

Das Mädchen ist wieder bei ihrem Auftrag angekommen, denn dieser Angriff war genau das, von dem heute Morgen der Rat gesprochen hat. Darauf sollte sie achten, daher kann sie jetzt nicht einfach gehen und alles vergessen.

»Das Hauptquartier der Grauen befindet sich hier in Manhattan«, antwortet Kylian leise und schaut sich dabei um. Sehr interessiert kommt Alexa näher.

»Wo?« Fragt sie und schaut ihn mit ihren braunen Augen eindringlich an.

»Warum willst du das wissen?« Fragt Kylian von sich selbst enttäuscht. Seine Aussage über das Hauptquartier hat er schon bereut.

»Ich muss das sehen Kylian, bitte.« Fleht sie mittlerweile sogar.

»Das ist zu gefährlich Alexa, wenn die dich erkennen, dann schnappen sie dich.«

»Nein ist es nicht, schließlich bin ich mit dir unterwegs. Von außen bin ich ein kleines unschuldiges Mädchen. Ich bitte dich Kylian, ich will es nur einmal sehen und dann können wir von hier verschwinden.«

»Versprochen?« Langsam erholt er sich wieder, aber die Idee gefällt ihm trotzdem nicht.

»Versprochen, ich schwöre es sogar«, kommt von Alexa.

»Also gut, es ist nicht weit von hier. Bleib aber in meiner Nähe und stell nichts Unüberlegtes an.«

Sie machen sich auf den Weg und es geht einmal quer durch den Central Park. Auf der anderen Seite folgen sie der 5. Straße, bis sie an einem merkwürdigen Glasbau ankommen.

»Das ist es Alexa«, sagt Kylian total aus der Puste.

Seine Freundin schaut nur auf das Gebäude und ballt ihre Fäuste. Sie weiß, dass sie ihrem größten Feind jetzt ganz nah ist, aber unternehmen kann sie natürlich nichts.

»Schon abgedreht das Teil«, sagt sie frei heraus. »Wie kann man so etwas bauen? Komplett aus Glas. Warum fällt das nicht einfach zusammen?«

Passanten laufen an ihnen vorbei, aber niemand bleibt stehen und blickt auf das Haus. Unter einer Sehenswürdigkeit verstehen die was anderes, die Angst geht immer mit.

»Ich weiß es nicht Alexa, aber können wir jetzt bitte verschwinden? Mir gefällt es hier nicht.«

Endlich gibt sie sich zufrieden, mehr wollte sie nicht sehen. Zusammen verlassen sie Manhattan und fahren mit dem Bus zurück nach Brooklyn. Für heute reicht es wirklich, die Zeit ist auch weit fortgeschritten und der Abend steht schon in den Startlöchern. Unterwegs wird nicht viel gesprochen, Alexa hat sich nach dem Zwischenfall stark verändert. Irgendetwas nagt an ihr und Kylian möchte nur nach Hause. Natürlich war der Tag recht schön, aber er hätte besser enden können.

Die restlichen Meter geht es zu Fuß weiter, denn der Bus hat sie ein paar Straßen vorher rausgeworfen und Alexa möchte Kylian noch begleiten. Sie weiß überhaupt nicht, wann sie eigentlich zurückerwartet wird, wieder eine Sache, die ihr niemand erklärt hat. Direkt vor seinem Wohnhaus bleiben sie stehen und schauen sich an. Die Situation hat sich zwar beruhigt, aber die letzten Gespräche waren eher belanglos und ohne Bedeutung.

Zum Abschluss erwarten sie beide noch etwas vom anderen, nur keiner wagt den ersten Schritt. Der Unterschied hat sie schnell wieder eingeholt.

»Sehen wir uns noch einmal? Oder war das heute eine einmalige Sache?« Kylian hat wirklich Angst, daher war die Frage für ihn Pflicht. Er weiß nicht, wo sie wohnt und kann sie auch nicht kontaktieren, aber Alexa befreit ihn von seiner Qual.

»Wir werden uns ganz sicher wieder sehen, vielleicht sogar schon morgen.«

Freude steigt in Kylian auf, er will Alexa gerade umarmen, als eine andere Stimme die Zweisamkeit unterbricht.

»Kylian Evans?« Kommt von dieser und die beiden drehen sich herum. Vor ihnen steht ein älterer Mann, seine grauen Haare liegen ihm im Gesicht und irgendwie riecht er nach billigen Fusel, aber seine rote Weste sticht völlig heraus.

»Ja, was kann ich für Sie tun?« Antwortet Kylian freundlich aber vorsichtig.

Erleichterung taucht in dem Gesicht des Unbekannten auf. Seine Hand rutscht in seine Weste und kommt mit einem Gegenstand wieder heraus. Diesen hält er Kylian direkt vor die Nase.

»Dann hat sich mein Warten ja gelohnt. Hier nimm, der gehört doch dir.«

Mit erstauntem Gesicht nimmt Kylian einen Schlüsselbund entgegen, aber es handelt sich nicht um irgendeinen, sondern um seinen Verlorenen. Er weiß gerade nicht, wie er darauf reagieren soll, aber ein Angstgefühl steigt in ihm auf.

»Danke, das ist wirklich nett von Ihnen. Kann ich mich dafür irgendwie erkenntlich zeigen? Wollen Sie vielleicht ein paar Münzen? Ein wenig kann ich sicher entbehren.«

»Nein, mein Junge, ich möchte kein Geld. Ich bin nur froh, dass ich dich gefunden habe.« Er greift sich wieder in seine Weste und holt eine goldene Marke hervor.

»Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt, das ist normal nicht meine Art, also verzeiht mir bitte. Mein Name ist Coleman, Detektive Coleman vom hiesigen Morddezernat. Aber jetzt genug von mir, ich wünsche euch beiden noch einen angenehmen Abend. Vielleicht sehen wir uns bald wieder.«

Ohne auf eine Antwort zu warten, verschwindet er in einer Nebenstraße und zurück bleiben die beiden verdutzten Teenager.

»Wer war das Kylian?«, möchte Alexa natürlich wissen, aber eine Antwort bekommt sie nicht. Ihr Freund hat es plötzlich eilig und die Verabschiedung fällt daher sehr mager aus.

Sichtlich enttäuscht beginnt Alexa ihren Rückweg und Kylian geht nach Hause. Das Ende des Tages ist sogar noch schlechter geworden…

The Sixth Birthday

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