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Die Wanderung Duitwé beginnt zu erzählen

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Eines Nachmittags murmelt sie wieder und wieder Sätze vom Meer vor sich hin, als wäre sie umhergegangen und hätte über Kantas Worte nachgedacht. Als sie einige Zeit später dasitzt und Fellstücke zu einer kleinen Tasche zusammennäht, murmelt sie noch immer, während sie die Nadel durch das Leder sticht und den Sehnenfaden zu sich hinzieht. Das lässt einen der Männer neckend sagen: »Wie ich sehe, sitzt du da und sprichst mit dir selbst. Wie wäre es, wenn du mit uns sprechen würdest?«

Duitwé räuspert sich, lacht kurz, dann hustet sie. Aber sonst antwortet sie nicht direkt auf die Frage des Mannes.

Später, als die Kinder zurückgekommen sind, sagt sie: »Ja, ich habe das Meer nie gesehen, aber ich kenne eine Geschichte, die vom Meer erzählt. Es ist die Geschichte, die ich als Kind am meisten geliebt habe. Ich weiß nicht, woher sie kommt, aber mein Onkel kannte sie. Es ist lange her, dass ich sie erzählt habe. Und sie hat sich vor so langer Zeit zugetragen, dass sich niemand mehr an etwas anderes erinnern kann als daran, dass sie ihm von seiner Großmutter erzählt worden ist, die sie wiederum von ihrer Großmutter erzählt bekommen hat und so weiter bis ans Ende der Zeit.«

Kanta kennt die Geschichte nicht, und Abel kann sich nicht erinnern, sie schon einmal gehört zu haben, obwohl Duitwé sagt, dass er das hat.

»Schluss mit dem Gerede. Erzähl«, winkt Abel mit der Hand.

»Ich erzähle das, was passiert ist. Nicht mehr und nicht weniger. Meine Großmutter hat mir davon erzählt. Es kann lange dauern, es kann schnell gehen. Ich weiß nicht, ob die Geschichte überhaupt zu Ende kommen will. So, jetzt erzähle ich, wie ich mich an sie erinnere.«

Es lebte ein Mann am Fuß der großen roten Düne. Wo sie lag, weiß ich nicht, aber so wurde sie genannt. Er hatte eine Frau und sie hatten zwei Söhne, die zwischen ihnen schliefen.

Er lebte davon, dass er an der Küste Fische aus dem Meer holte und zusammen mit anderen ins Landesinnere zog und die Riesenantilopen jagte. So nannten sie sie. Es konnten Elenstiere oder Gämsböcke sein. Die Frau sammelte die Kräuter und Wurzeln, die es dort gab. Man sagt, dass einige im Meer wuchsen. Genau wie wir kochten und brieten sie ihr Essen. Über die Fische weiß ich nichts. Mit Ausnahme der Haie. Von den Walen erzähle ich später.

Die Haie sind wie ein böser Traum. Schneller als der Blitz, der das Licht hinter sich lässt. Sie bewegen sich so gewandt im Wasser wie die Schwalben in der Luft. Sie sind nur viel, viel größer. Manche Menschen essen sie. Manchmal ist es umgekehrt.

Seit Beginn der Zeit, als alle Tiere Menschen waren, hat es eine Sprache gegeben, die alle sprechen konnten. Aber jetzt ist es nur noch wenigen vergönnt, diese Sprache zu sprechen, die allen Tieren gemeinsam ist.

Das glückliche Leben dauerte von dem Moment an, als die beiden Jungen geboren wurden, bis zu der Zeit, als sie ungefähr zehn waren. So lange dauerte die gute Zeit. Es tut weh zu leben. So lange glücklich zu sein, ist fast zu lange. Aber die Geschichte sagt, dass es wahr ist. Sie erzählt es so, deshalb tue ich es auch.

Irgendwo an der Küste hörte vor langer Zeit der kleine Junge, der nun der Vater der Kinder geworden war, zum ersten Mal die Geschichte von dem Sternbild, das wir Abaa nennen.

Es war einmal ein Jäger, der auf der Jagd nach drei Zebras war. Er hatte sie lange verfolgt. Aber sie hatten ihn die ganze Zeit getäuscht, indem sie Wege gewählt hatten, die ihn in die Irre führten. Eines Abends hatte er sich so nahe an sie herangepirscht, dass er zusammengekrümmt hinter einem Busch saß, während die drei Zebras direkt vor ihm grasten. Er erhob sich, um zu schießen. In diesem Moment entdeckten ihn die Zebras. Keins von ihnen hatte geglaubt, dass er ihnen so nahe gekommen war.

In ihrer Not liefen die Zebras in den Himmel hinauf, denn das war ihre einzige Chance. In dem Augenblick, in dem sie auf den Himmelsbogen traten, hatte er seinen Bogen fertig gespannt. Blitzschnell schoss er den ersten Pfeil hinter den Tieren her. Wenn ihr genau hinguckt, könnt ihr ihn sehen. Er leuchtet, während er durch die Dunkelheit des Himmels zischt, so schnell ist er.

Irgendwann in der Zukunft wird er eins oder drei Zebras treffen, wenn das Sternbild nicht in einer Nacht die Kante des Horizonts erreicht. Wenn das passiert und die Tiere nicht getroffen sind, werden die Zebras auf die Welt herunterkommen und weiterlaufen. Sie werden ihre Streifen wiedergewinnen als Zeichen von Nacht und Tag und in Richtung des großen Sees verschwinden.

Nachdem sie über den Himmel gerannt sind, so lange die Menschen sich erinnern und davon erzählen, können sie nur am Ufer des großen Sees genug zu trinken bekommen. Als einziger aller Seen kann dieser See ihren Durst stillen. Und der ist groß, da die Zebras so lange gelaufen sind.

Ihr kennt auch die Geschichte, die der Junge gehört hat, als er klein war. Er hat sie nie vergessen.

Die Geierkrieger

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