Читать книгу Die Geierkrieger - Arthur Krasilnikoff - Страница 21
Der Durst beginnt
ОглавлениеAls die Regenzeit beginnen sollte, endete die gute Zeit, denn der Regen wollte nicht mehr fallen.
Trotzdem beschaffte der Junge, der jetzt ein erwachsener Jäger war, Fleisch, und die Frau kam mit Brennholz und Wurzeln nach Hause. Beide nahmen sie von dem, was das Meer ihnen gab. Jeden Abend saß er am Feuer und hatte das Gefühl, dass alles war, wie es sein sollte.
Erst als die Trockenheit ihnen die Nahrung nahm, kam der Schmerz. Sowohl der, der im Körper nagte, als auch der, der im Herzen nagte.
Es war, als würde Gxwma neben ihm stehen und sagen: »Jetzt sollst du die Welt kennen lernen.«
Kurz bevor Hunger und Durst Menschen und Vieh von der Küste vertrieben, wurde er aus Kummer wieder zu einem Jungen. Denn er verlor seine Kinder. Sie starben ihm unter den Händen weg. In derselben Nacht verschwand seine Frau.
Unter den Sternen sah er sie in den Himmel steigen wie auf einer durchsichtigen Treppe. Als sie ein gutes Stück hinaufgekommen war, drehte sie sich nach ihm um und rief: »Beeil dich und hol unsere Kinder, bevor sie zu weit kommen. Sie können nicht mehr zurück, wenn sie bis zu mir kommen.«
Da sah er, dass die Kinder schon weit oben im Himmel waren, und er lief zu ihr hin.
Kurz darauf erwachte er und sie war fort, während die beiden Kinder leblos in seinen Armen lagen. Er sah sie nicht mehr. Nicht einmal eine Fußspur konnte er finden.
Am nächsten Morgen entdeckten die Leute, dass er vor der Hütte saß und mit den beiden toten Kindern spielte. Er sprach und lachte, während er von dem einen Kind zum anderen sah. Nicht einen Augenblick lang beachtete er die anderen, so versunken war er in sein Spiel mit den Ausdruckslosen.
An diesem bitteren Morgen hatte er mit einem Schlag seine ganze Familie verloren.
So war er mitten unter den Leuten allein.
Ja, damals hatten sie Vieh. Und auch das Vieh konnte an unbändigem Durst sterben. Es waren bestimmt einige Wochen vergangen, in denen sie alle schwächer und schwächer geworden waren. Obwohl das Meer direkt neben ihnen lag, kann man von ihm nicht trinken und leben. Es ist zwar Wasser, aber zu salzig zum Trinken, wenn der Durst einen quält.
Es ist salziger als das Wasser von Kacgae, und schon das ist salzig genug. Stimmt, man muss extra viel Zucker in den Tee geben, um das Salz nicht zu schmecken.
Heutzutage seid ihr noch immer arm, aber ihr leidet keinen Durst. Nicht im Vergleich zu ihnen. Ihr bekommt Wasser, wenn ihr durstig seid.
Nein, damals war es so, dass sie im Sand nach Nässe suchen mussten. Nasser Sand. Sie konnten Tropfen herauspressen. Sie mit einem Strohhalm aufsaugen und in einem Behälter auffangen. Wir haben das selbst einmal gemacht. In meiner Zeit gewann man ständig Wasser auf diese Weise. Wir haben auch gedürstet.
Selbst das Wild musste auf den Knien liegen, um an das kostbare Wasser zu kommen.
Die Schakale trabten so schnell sie konnten davon, bevor sie die ausgemergelte Beute der Geier wurden. Und die Hyänen? Die Tiere, von denen die Menschen sagen, dass sie dumm sind? Die wendeten den Pelz unter dem Sand und liefen die Ufer der Nacht hinauf und hinunter, als hofften sie auf Nässe.
Die Raubtiere waren so hungrig, dass sie vergaßen, dass sie Raubtiere waren. Und die Geier kamen von allen Seiten herangeflogen, sobald ein Tier oder ein unbeschützter Mensch sich hinlegte. Sie hatten ihre Beute kaum gepackt, bevor sie das tote Leben schon wieder losließen. Was sollte ein Geier mit einem so ausgetrockneten Tier anfangen? Es gab andere Orte, an denen das Aas mehr Feuchtigkeit enthielt.
Starke Kiefer wurden vom Durst geschwächt. Die Löwen wurden dünner als ihre Skelette, und die Schatten der Elefanten waren dicker als sie selbst. So kam die Trockenheit über alles Lebende. Selbst die Kühe brüllten nicht mehr, da das Brüllen die Feuchtigkeit von den Schleimhäuten nahm. Und das Gras wurde schwarz bis hinunter in die Wurzeln. Es kam eine Stille so tief wie der Himmel selbst. Es war so trocken, dass selbst der Himmel knarrte. Nur wenn es dunkel war, konnte man sehen, dass das Rückgrat der Nacht den Himmel noch immer oben hielt.