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Abel erzählt

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Entweder geht man an die Bar oder hinten herum. Mit anderen Worten, in den Garten des Hotels. Weiter draußen liegt der Swimming-Pool für die Hotelgäste. Vor einigen Sommern wäre ein Kind beinahe in dem klaren blauen Wasser ertrunken. Ein Swimming-Pool in der Kalahari. Eure Vorväter hätten sich totgelacht. Der Aufseher hat das Kind mit seinem Netz herausgefischt, als wäre es ein Blatt. Ich habe mich übrigens immer darüber gewundert, dass er auch Gummistiefel trägt, wenn er frei hat. Ich möchte nur ungern mit diesen Füßen zusammen schlafen.

Der Garten ist direkt mit dem Restaurant verbunden. Man konnte sich dort die gleichen Mahlzeiten servieren lassen wie im Restaurant. Während einige hier draußen in der Kühle des Abends aßen, nahmen andere nur vor dem Abendessen drinnen in dem harten elektrischen Licht ihre Drinks ein.

Wie es heute geläufig ist, standen auf der Speisekarte viele Gerichte, die man im Augenblick nicht bekommen konnte. Man könnte auch sagen, dass man diese Gerichte natürlich bekommen konnte, nur eben nicht an diesem Tag. In der Bar kaufte man seine Zigaretten und Trinkwaren außerhalb der Essenszeiten. Dass das weiße Publikum es vorzog, im Garten zu sitzen und sich Drinks oder Zigaretten von der Kellnerin bringen zu lassen, war in keiner Weise als Ausdruck der Überlegenheit der Weißen über die Nichtweißen zu verstehen. Es hing vielmehr mit ihrer Trägheit zusammen, gemischt mit einem gewissen Hang zum guten Leben. Manche Buren, die dorthin kamen, hatten Bäuche, gespannt wie trächtige Esel, sie zeigten, dass ihnen Drinks und Fleisch über alles gingen. Ihnen zusammen gehörte die Hälfte der Stadt. Sowohl das Hotel als auch die Bar.

Das Leben, das sich entfaltete, war das lokale Leben, obwohl schon hin und wieder Reisende kamen und sich in die Bar wagten. Das kam aber nicht so häufig vor. Es ist die einzige moderne europäische Bar in der ganzen Gegend, einmal abgesehen von den verschiedenen Shebeen, den kleinen Spelunken, für die jeder eine Lizenz beim Gemeindeamt erwerben konnte.

Dorthin gingen die Roten meistens. Unzählige aus unserem Volk haben den Grundstein für ihr Unglück in diesen Spelunken gelegt, in denen sie Kade getrunken haben, den billigen Schwarzgebrannten der Schwarzen, der oft mit gebrauchten Batterien aufgemotzt wurde. Aber das ist eine andere Geschichte.

Mit einer richtigen Bar mit angrenzendem Tanzlokal konnte nur das Hotel aufwarten. Die Räume ließen sich zu vielen Zwecken nutzen. Zu Discotanz und Wahlversammlungen. Die umherreisenden Missionare und Heiler konnten bei diesen Versammlungen neue Anhänger gewinnen. Viele aus unserem Volk ließen sich nicht von der Regierungspartei heranlocken. Ärzte mit einer fahrbaren Klinik kamen. Einige Ärzte kamen von weither aus Namibia.

Allmählich war es nicht mehr ungewöhnlich, einen von uns an der Bar stehen und sich ein Bier genehmigen zu sehen. Aus irgendeinem Grund trinken die meisten von uns Castle. Ich habe alle ausprobiert, alle Marken. Ich denke, sie schmecken gleich gut, wenn sie nur kalt sind. Im Moment trinke ich Lions. Noch immer wurde die Bar am häufigsten von den Schwarzen frequentiert.

Da waren ein paar, die einen gutgläubigen jungen Schwarzen aus Serowe am anderen Ende des Landes nach Ghanzi gelockt hatten, um dort ein Wochenende zu verbringen, indem sie ihn glauben gemacht hatten, dass Ghanzi der aufregendste Ort in Botswana war. Nie ist jemand so enttäuscht gewesen sowohl von seinen Freunden als auch von diesem Ort.

Es war das schlimmste Wochenende seines Lebens.

Glücklicherweise war er noch jung, sodass er bestimmt noch etwas erleben würde, das schlimmer war. Es war ein junger Minenarbeiter aus der zweitgrößten Stadt des Landes, der trocken hinter den Ohren wurde. Man kann sich gut das Gelächter vorstellen, das es später in der Serowebar gab, nachdem die Freunde den jungen Mann am Abend zum Bus nach Ghanzi gebracht hatten, wo das Hotel mit Bar und Garten lag. An beiden Orten wurden Geschichten erzählt. In der Bar hörte man mehr schwarze als weiße Geschichten, während für den Garten das Umgekehrte zutraf. Sie waren wohl gleich glaubwürdig, die Geschichten, die an der Bartheke erzählt wurden. Im Garten erzählte man sich zum Beispiel eine Geschichte wie die folgende:

Ein Prediger überredete viele wohlhabende weiße Farmer, nach Maun zu fahren. Einer Stadt am Fluss im Okavangodelta. Er wollte die Farmer und ihre Frauen noch einmal taufen. Er vertrat eine neue und bessere Variante des christlichen Glaubens. Doch wie es so oft der Fall war, die einzig wahre. Im Unterschied zu den paar anderen, zwischen denen man wählen konnte. Im nächsten Jahr vielleicht, wenn der Beitrag verfallen war, konnte man nach erneutem Nachdenken zu einem anderen Glauben wechseln. Vielleicht mit Nachhilfe eines eifrigen Verkäufers eines noch wahreren Glaubens. Ungeachtet dessen, dass alle Missionare betonten, dass ihr Glaube der einzig wahre war.

Gut, in diesem Fall war es eine Form, bei der der Auserwählte vollständig untergetaucht wurde.

In einem Hotel, das recht bequem an einem Arm des Flusses lag, der selbst in der Trockenzeit ausreichend Wasser führte, bot der Missionar die erstrebte Erlösung vom Tod feil. Das ewige Leben wartete auf der anderen Seite. Wenn nur der Glaube des Wiedergetauften glühend genug war.

Es kostete gar nichts. Natürlich musste man den Aufenthalt in dem Hotel und die Nahrungsaufnahme bezahlen. Aber darüber hinaus nichts. Die Erlösung kostete nur Taufe und beharrlichen Glauben.

An einem geeigneten Wochenende traf auch eine zahlreiche Menge Leute ein. Die Leute, bei denen es sich vorzugsweise um gut situierte weiße Farmer und ihre Frauen handelte, trafen strahlend vor frisch gewaschener Erwartung im Hotel ein. Eine Reihe kleiner Pavillons, in denen man wohnen konnte, gehörte zu der Anlage. Jeder Pavillon hatte zwei Zimmer. Es war ein Wochenende ohne minderjährige Kinder.

Hier konnten die Familien die weißen Gewänder anziehen, die nun einmal dazu gehören. Denn diese Kleider schwimmen so schön auf dem Wasser, wenn man getauft wird, dachten die Leute. Gleichzeitig waren die Untergetauchten so anständig bekleidet. Denn diese Buren und zugelaufenen Engländer waren schrecklich schamhaft, wollten aber unbedingt erlöst werden.

Wie gesagt, man begann mit der Taufe, die fast den ganzen Nachmittag dauerte. Es blieb gerade noch Zeit für einen Sundowner, den die Weißen inzwischen als lebensnotwendig ansahen, nicht nur bei einem Weekendaufenthalt im Delta.

Als alle ordentlich untergetaucht worden waren, standen die Leute klatschnass und getauft am Ufer – und erlöst. Das Ganze war so weit überstanden, als der Pfarrer die Leute bat sich auf dem Rasen zu versammeln, da er noch einige wichtige Worte sagen wollte. Es dauerte auch nicht lange, bis sie alle vor ihm zusammengelaufen waren, erfüllt von reinem Glauben, auch wenn das Flusswasser in den Gewändern nach etwas anderem roch.

Er sagte ihnen, dass sie sich waschen und trockene Kleider anziehen sollten, bevor man sich zu dem traditionellen Sonnenuntergangsdrink traf. Und dass nichts passender wäre, als mit dem Ablegen des nassen Taufkleides, das sie nie mehr tragen sollten, auch Abschied von ihrem alten Leben zu nehmen.

In Übereinstimmung mit ihrem neuen Leben sollten sie ihrem Ehepartner die Sünden ihres bisherigen Lebens beichten und sich im Vertrauen auf den neuen Glauben reinen Herzens vergeben. Bis zu dem Drink war noch ungefähr eine halbe Stunde Zeit. Und diese Zeit sollten sie zu diesem Reinigungsprozess nutzen. Mit folgenden Worten verabschiedete er die erlösten Versammelten in ihren nassen Kleidern:

»Geht jetzt zurück in eure Pavillons. Gesteht und vergebt, damit euer neues Leben im reinsten Geist zu Gottes Ehre beginnen kann.«

Gehorsam gingen die Leute zurück in ihre Pavillons. Wie es sich gehört, gestanden die Frauen zuerst. Es waren nur kleine Sünden, die sie begangen hatten. Hier und da eine kleine Unterschlagung, eine kleine Schummelei bei der Haushaltsabrechnung. Ach, das konnte man leicht vergeben.

Jetzt waren die Männer an der Reihe. Sie gestanden wesentlich schwerere Verfehlungen, zum Beispiel all die Male, die sie mit anderen Frauen geschlafen hatten. Mit weißen und schwarzen. Mit jungen Naro-Mädchen, die im Haus arbeiteten. Damals hatten sie das nicht so genau genommen, aber jetzt sollte Schluss damit sein. Es hatte ihnen ja nie etwas bedeutet. Das musste man doch verstehen.

Als der Augenblick des Geständnisses kam, erhob sich zur Verblüffung des Pfarrers aus allen Pavillons eine Wehklage der Frauen.

Zu dem erstrebten Drink kam tatsächlich niemand außer dem Pfarrer. Die meisten verließen stattdessen das Hotel, noch bevor es dunkel geworden war. Wie lange die Betreffenden Anhänger dieser Kirche blieben, weiß man nicht.

Aber das boshafte Wesen, das zum ersten Mal diese Geschichte erzählte, konnte abschließend berichten, dass die männlichen Unholde nach ihren Frauen herauskamen, mit roten Ohren und fleckigen Gesichtern wie Schuljungen, die erwischt worden waren, als sie ihre Finger tief im Honigglas hatten.

Solche Geschichten machten am häufigsten im Garten die Runde. Natürlich brachte hin und wieder der eine oder andere Buschmann sie mit nach Hause und konnte jetzt mit Nachdruck von der Torheit der Weißen erzählen, die vielleicht nicht unsere eigene übertraf, aber ihr doch ebenbürtig war.

Ich hörte diese Geschichte, während ich zwischen den Tischen im Halbdunkel im Gras saß, mich aber noch in Hörweite befand, da ich auf einer Farm arbeitete.

Lasst mich in diesem Zusammenhang gleich sagen, dass wir vielleicht auch nicht besser waren. Zu der Farm, auf der ich arbeitete, kam genau zu dieser Zeit ein Missionar von einer anderen Observanz, aber seine Ausgabe des Christentums war nicht weniger wahr.

Diese Geschichte wollte ich natürlich in der Bar erzählen:

Die Kirche des Predikanten hatte keine physische Form auf dieser Erde. Es gab kein bestimmtes Haus, in dem man sich versammeln und beten konnte. Der Pfarrer konnte in ein Haus wie meines oder in das eines Glaubensgenossen kommen und den Gottesdienst abhalten. Oder man traf sich in einer Gruppe, selbst draußen im Busch, und war dort mit Gott, Jesus oder wer nun immer zu diesem Glauben gehörte, zusammen. Nach seiner Lehre brauchte der Geist Gottes keinen bestimmten Ort, sondern nur ein paar Menschen, die versammelt waren. Vielleicht bestand ein Unterschied darin, dass dieser schwarze Pfarrer viel eher eine Amtsperson war als die weißen Pfarrer. Das hing jedoch wieder mehr mit der Zeit zusammen, die man in christlicher Gesellschaft verbracht hatte, als mit einem eigentlichen Unterschied zwischen Schwarzen und Weißen.

Um in seine Kirche zu kommen, war es wichtig, sich von seinem früheren Leben zu reinigen. Diese physische Reinigung bestand darin, dass er die Leute mit in den Busch zu einem kleinen Hügel nahm.

Dort befahl er den Leuten, ihre Hosen abzulegen, wenn sie welche anhatten. Sobald sie bereit waren, seine Ausgabe des Heiligen Geistes zu empfangen, machte er sich zu der physischen Reinigung bereit:

»Ich möchte, dass ihr einer nach dem anderen zu mir kommt und euer Hinterteil herausstreckt, damit ich euch in Gottes Namen reinigen kann.«

Sie mussten buchstäblich einer nach dem anderen zu ihm hinaufgehen und sich einen Einlauf göttlicher Größe verabreichen lassen. Er führte kurz und bündig eine Schlange aus weichem Gummi in die Ärsche der Betroffenen ein, segnete das Wasser und ließ das heilige Pumpenwasser in so reichlichen Mengen in den Darm laufen, dass er von allem Bösen gereinigt wurde.

Einige ließen sich dazu verleiten, denn wir sind sowohl praktische als auch vergeistigte Leute. Andere schüttelten den Kopf und bereiteten sich darauf vor, ihren entarteten Heidenstatus noch eine Weile beizubehalten.

Leider kann ich mich nicht mehr daran erinnern, wie der wahre Glaube und die wahre Kirche sich nannten, aber es war bestimmt ein Glaube mit einem derben Humor, und ein Glaube mit Humor ist nicht zu verachten.

So eine Geschichte ließ viele, die sie hörten, nach einer weiteren Runde Bier verlangen. Man hätte Prozente aus dem zusätzlichen Bierverkauf gewinnen können. Nein, ich habe diesen Einlauf nie ausprobiert. Wie konntet ihr das nur glauben?

Die Geierkrieger

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