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Die Geierkrieger Der Vogel und die Hyäne
Оглавление»Kanta, wolltest du nicht eine Geschichte erzählen? Wie ging es mit dem Jungen weiter?«
Kanta nickt, doch erst als er gesehen hat, dass Abel nichts mehr hinzuzufügen hat, fährt er mit seinem Bericht von dem Jungen fort, während er weiter an dem Speer arbeitet.
Während der Junge über die weite öde Ebene wanderte und der Himmel ihm noch größer vorkam, erinnerte er sich an all die Geschichten, die er gehört hatte, denn so fühlte er sich weniger einsam. Jedes Mal, wenn er ein Tier sah, überlegte er, ob es nicht eine Geschichte gab, die genau zu diesem Tier passte.
Sich selbst Geschichten zu erzählen bewirkte, dass er sich gewissermaßen mit den Tieren verwandt fühlte. Natürlich wusste er genau, dass es Tiere waren, aber einmal waren sie alle Menschen gewesen, die reden und auf die Jagd gehen, Häuser bauen, die Jagdbeute über dem Feuer braten konnten.
Es war an einem späten Nachmittag, als er den Elenstier oben auf dem Hügel stehen sah. Seine Zunge glitt wie ein hellblauer Lederrest über die Zähne hin und her, während er Blätter von einem Akazienbaum in sich hineinspachtelte. Er musste einfach an damals denken, als er durch den Pfeil der Hyäne, der ihn streifte, seinen schwarzen Streifen erhielt. Später, als der Elenstier in die stille Senke hinunterging, klickte es bei jedem Schritt, als flüsterte er die Geschichte vor sich hin. Kurz darauf verblasste das Licht, und er musste schnell das Feuer in Gang bringen.
Er erzählte diese Geschichte laut, damit er ihr zuhören konnte, während das Feuer sich in die Nacht hineinfraß:
Der Elenstier, der Gämsbock, der Kudu und der Springbock und die Kuhantilope, der Vogel nicht zu vergessen, sie waren auch dabei. Alle haben sie einmal die Hyäne besucht. Um einen Jagdausflug zu verabreden. Aber die Hyäne hatte eine heiratsfähige Tochter, die sie gerne loswerden wollte.
Der Elenstier sah gut aus mit seinem emporragenden schwarzen Horn und den strotzenden Muskeln und dem glatten Fell.
Gewiss, dachte die Hyäne. Wenn er sich mit meiner Tochter verheiratet, wäre das eine gute Partie.
Die Tochter wurde herausgeputzt und zurechtgemacht. Ihr Fell glänzte um die Wette mit den Augen, so schön wurde sie. Sie hätte nicht schöner sein können. Doch der Elenstier war nicht im Mindesten interessiert. Sie konnte sich schmücken so viel sie wollte, er beachtete sie kaum. Obwohl sie ihn die ganze Nacht mit ihrem schlanken Körper lockte, hatte er nur Lust zu schlafen.
Nach dem Abendessen legten sich alle Tiere schlafen. Der Elenstier legte sich in die Mitte, bestimmt um von dem lockenden Geschöpf in Ruhe gelassen zu werden. Ganz nah ans Feuer, um warm zu bleiben. Der Vogel schlief im Kreis der Tiere, aber oben auf einem überhängenden Ast. Aber ihr solltet ihn nicht vergessen.
Spät am Abend schlich die Hyäne sich zu den Tieren hinauf, um zu sehen, ob der Elenstier schlief.
Ich weiß nicht, welche Tricks die Hyäne ausprobieren wollte. Aber der Vogel auf dem Ast schlief nur mit einem geschlossenen Auge und entdeckte die Hyäne. Er schlug mit den Flügeln und stieß einen Schrei aus. Die Hyäne lachte entschuldigend und beeilte sich, fortzukommen.
In der Nacht versuchte sie sich noch einmal zu nähern, um zu sehen, ob der Elenstier schlief. Doch auch dieses Mal hatte sie den Vogel vergessen, der auf dem Ast saß. Er fuhr schnell hoch und schrie. So musste die Hyäne sich davonschleichen. Niemand wusste ja, worauf sie aus war.
Die Tiere waren sicher, dass die Hyäne sie töten wollte. Dass sie das beabsichtigte, weil der Elenstier sich nicht mit ihrer Tochter verheiraten wollte.
»Wir hätten sie nie besucht, wenn wir gewusst hätten, dass sie so rachsüchtig ist.«
»Schleichen wir uns morgen Nacht weg.«
Der Tag verging. Sowohl die Hyäne als auch die Tiere taten, als sei alles in Ordnung, und der Elenstier sah nicht einmal zu der Tochter hin.
Genau wie in der vergangenen Nacht legten sie sich schlafen. Der Vogel schlief mitten unter ihnen, aber auf einem Ast wie in der vorigen Nacht. Die Hyäne kam. Der Vogel wachte auf und schrie. Doch glücklicherweise schlief die Hyäne in der Nacht ein, sodass sie sich wegschleichen konnten.
Es war Winter.
Sie saßen dicht um das Feuer, um warm zu bleiben. Mitten in der Nacht kam der Vogel und sagte, dass die Hyäne jetzt schlief.
Endlich konnten sie in die kalte Dunkelheit hinausziehen. Sie hatten Lappen um die Pfoten des Elenstiers gebunden, damit man das harte Klicken nicht hören konnte, wenn sie sich wegschlichen. Es war so kalt, dass sie fünfmal in dieser Nacht ein Feuer anzünden mussten, um sich zu wärmen, bevor sie weitergingen.
Am nächsten Morgen bei Tagesanbruch wachte die Hyäne auf und entdeckte bald, dass ihre Gäste fort waren. Sie beschloss, sie zu verfolgen, denn sie war eine durchtriebene Person. Sie sagte zu ihrer Tochter:
»Wenn Milch aus der Nase deiner kleinen Schwester läuft, weißt du, dass ich tot bin. Aber wenn ein kalter Wind von Osten kommt, habe ich einen von ihnen getötet.«
Nach diesen Worten ging sie los, um ihre argwöhnischen Gäste zu suchen.
Die Hyäne kam zu dem ersten Feuer und streckte ihr Bein in die Asche. Sie war ganz kalt. So ging sie weiter und kam zum nächsten Feuer. Vorsichtig streckte sie ihr Bein in die kalte Asche. An allen fünf erloschenen Feuern suchte sie vergeblich Wärme. Aber als sie zu der sechsten Feuerstatt kam, verbrannte sie sich die Pfoten in der Glut, da sie vergessen hatte, vorsichtig zu sein. Oh, sie hüpfte und sprang. Sie heulte und schrie. Und rieb sich die übel zugerichteten Stummel mit Grashalmen, die kalt von der Winterkälte waren. Aber es half nicht.
Seit diesem Wintermorgen hat die Hyäne schiefe, verbrannt aussehende Beine. Aber noch gab sie nicht auf. Sie musste bereits nahe an die flüchtenden Tiere herangekommen sein. Verbissen humpelte sie ihnen hinterher.
Später am Tag wurde es jedoch warm. Der Elenstier suchte Schatten, und die anderen Tiere versuchten ihn gegen die Sonne abzuschirmen. Der Vogel flog hoch oben über ihm her und spendete ihm mit seinen Flügeln etwas Schatten. Während er den Elenstier auf diese Weise begleitete, sah er die Hyäne. Sie war ihnen so nahe gekommen, dass sie mit gespanntem Bogen dastand und auf den Elenstier schoss. Mit einem hohen Schrei schoss der Vogel herunter und schlug mit den Flügeln aus, dass der Pfeil sein Ziel verfehlte und nur das Knie des Elenstiers streifte. Doch der Vogel sagte zu den anderen:
»Sucht ihr nur nach der Medizin, die wir brauchen, damit die Wunde heilt, ich kümmere mich um die Hyäne.«
Der Vogel flog zu der Hyäne:
»Jetzt hast du meinen Elenstier getötet, meinen Wächter. Jetzt müssen wir miteinander kämpfen. Du kannst auf mich schießen statt auf ihn.«
Schon seit der ersten Nacht hatte die Hyäne den garstigen Vogel gehasst, der ihr die ganze Zeit mit seinen Schreien und seinem Flügelschlagen in die Quere gekommen war.
»Okay«, sagte sie und machte sich bereit.
»Schieß«, schrie der Vogel. Die Hyäne schoss und schoss. Sie verbrauchte all ihre Pfeile, ohne ihn ein einziges Mal zu treffen. Der Vogel fing alle Pfeile mit seinen Federn auf. »Jetzt bin ich an der Reihe«, schrie der Vogel mit seiner rauen Stimme. Dann schoss er die Hyäne direkt in die Kehle, sodass sie auf der Stelle umfiel und starb. Sofort trat Milch aus der Nase der Jüngsten, und die Tochter schrie:
»Jetzt ist Vater tot!«
Damit endet die Geschichte.
Und ich weiß nicht einmal, wie der Vogel hieß.
Der Junge aber rollte sich am Feuer zusammen und schlief ein, während er über die rachsüchtige Hyäne mit der wimmernden Tochter in sich hineinlachte. Das war die erste Nacht, in der er ohne aufzuwachen schlief, bis die Sonne durch seine Augenlider guckte und ihn weckte.