Читать книгу Was wirklich zählt - Barbara Stöckl - Страница 7
Einleitung
ОглавлениеIch lese immer wieder Ihre Texte, weil ich dann das Gefühl habe, dass diese Welt auch gut ist! Das brauche ich, neben all den vielen negativen Berichten!«, schreibt mir meine Leserin Hildegard B. Die große Sehnsucht nach guten Nachrichten spüre ich in vielen Briefen und E-Mails, die ich bekomme. Verfolgt man die täglichen Nachrichten, hat man schnell das Gefühl, dass der Schrecken auf der Welt kein Ende mehr nimmt. Flüchtlings- und Klimakatastrophen, Terror und Krieg, Banken- und Wirtschaftskrisen. Angst und Ohnmacht, Ignoranz und Missgunst scheinen an der Tagesordnung. Mord und Totschlag, Tragödien und Skandale fürs tägliche Adrenalin. Ist das wirklich unsere Welt? Oder übersehen wir einfach, wo es anders läuft?
Den Blick darauf zu richten, was gut ist und guttut, ist weit weniger spannend und spektakulär, scheint manchmal richtiggehend langweilig. Krieg, Tod und Leiden können uns aber auch daran erinnern, wie kostbar Frieden, Menschlichkeit und Liebe sind. Wir erleben tagtäglich in unserer nächsten Umgebung, wie wichtig unsere Nächsten sind: der Partner nachlässig, die Kinder ungezogen, die Freundin abweisend und der Chef vorwurfsvoll, das kann uns ganz schön den Tag verderben! Unsere nächste Umgebung hat meist mehr und direkteren Anteil an unserem Wohlbefinden als die Weltlage. Deswegen müssen wir lernen, mit Familie, Freunden und Kollegen sorgsam umzugehen. Auf ihre positiven Signale zu achten. Wann haben Sie das letzte Mal ein Lob genossen, Aufmerksamkeit liebevoll beantwortet, sich durch freundliche Worte die Seele streicheln lassen, eine hilfreiche Hand dankbar gehalten?
Wenn man selbst Trost, Rat und Hilfe will, muss man offen dafür sein: Vermittlungsgespräche, die geglückt sind. Menschen, die unermüdlich für Schwächere und Ärmere da sind. Nächstenliebe und Solidarität, so große Worte! Alte Menschen werden gepflegt. Traurige werden getröstet. Flüchtlinge werden gerettet. Krankheiten werden geheilt. Brücken werden gebaut. Kleine Gesten und große Taten. Das geschieht jeden Tag, tausende Male, auf der ganzen Welt. Und es tut gut, das nicht zu übersehen!
Sensibilität für das, was wirklich zählt, kann man lernen. »Wenn du Mitgefühl willst, musst du Mitgefühl haben, wenn du Liebe suchst, musst du lieben können, und wenn du Trost brauchst, dann musst du auch trösten können«, sagte einmal der Philosoph Richard David Precht.
Seit vielen Jahren schreiben mir Menschen von diesen kleinen Momenten, die im Leben des Einzelnen so große Bedeutung haben. Die starke Kraft solcher Momente ist größer und weitreichender, als wir auf den ersten Blick erkennen. Das ist auch keine einfache Aufgabe, ich behaupte sogar, es ist emotional wie intellektuell sehr anspruchsvoll. Nur wer denken kann, kann auch danken – da ist etwas Wahres dran. Zunächst gilt es, sich bewusst zu machen, was Gutes in unserem Leben ist, um in einem nächsten Schritt anzuerkennen, welche Bedeutung es für unser Leben hat. »Und das soll helfen?«, werden manche fragen. Ist der Weg zu einem glücklichen, erfüllten Leben denn so einfach?
»Wer ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt«, steht im Talmud. Gemäß dieser Weisheit gilt es, die individuelle, persönliche Welt eines jeden Menschen wertzuschätzen und ihre Großartigkeit anzuerkennen. Das verändert nicht die ganze Welt. Aber es ist ein kleiner Schritt dazu.
Briefe, E-Mails, Zuschriften von Lesern und Leserinnen zeigen mir immer wieder, wie das gelingen kann: Durch Momente aus ihrem alltäglichen, kleinen großartigen Leben.