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9.

Es war Sonntagabend und an der Zeit, den geplanten Anruf bei seinem Chef zu starten. Thom van Doorn holte sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer von Gabriel Schoster. Der sollte nun wie geplant einen Verräter präsentiert bekommen. Dann konnte er selbst entscheiden, was weiterhin zu tun war. Schoster ging sofort an sein Telefon, als hätte er schon auf diesen Anruf gewartet.

„Ah, Thom! Du bist es! Was gibt’s?“

„Ich hatte dir versprochen, herauszubekommen, wer dich verraten hat“, erklärte Van Doorn mit einem leichten Anflug von Selbstzufriedenheit in der Stimme. Er versuchte, diesen Augenblick zu genießen, trotz der Anspannung, die ihn urplötzlich im Griff hielt. Er wartete gespannt auf Schosters Reaktion.

„Wer ist es?“ Das war alles, was Schoster sagte. Kein freudiges Erstaunen, dass er, Thom van Doorn, so schnell den Schuldigen gefunden hatte. Die Stimme Schosters blieb kalt und ohne jede Emotion. Das kleine Hochgefühl, dass ihn soeben überkommen wollte, hatte es sich anders überlegt. Die Enttäuschung über die eisige Reaktion seines Chefs konnte er nicht ganz verbergen, als er antwortete:

„Coen Evers. Es war Coen Evers, einer meiner Kuriere. Er hat sich von den Bullen erwischen lassen, dieser Idiot.“

„Evers war es also! Ist nur die Frage, wer jetzt hier der Idiot ist, Thom. Was gedenkst du nun zu unternehmen, da die Bullen ihn einkassiert haben?“

„Ich werde eine Lösung finden“, erwiderte Van Doorn. Die Kälte in Schosters Stimme ließ ihn erschaudern. Sofort war seine innere Unruhe mit voller Wucht zurückgekehrt. Er konnte spüren, wie sich sein Magen einmal um sich selbst drehte. Schosters Stimme blieb kalt. Jeder seiner Leute behauptete, Gabriel Schoster zu mögen, aber kaum jemand war je froh, ihn zu sehen.

„Du wirst ihn zum Schweigen bringen, Thom, hast du gehört? Du wirst ihm das Maul stopfen. Er war dein Kurier, und du wirst dafür geradestehen. Ist das klar, Thom?“

„Ja, ist klar. Ich kümmere mich darum, versprochen.“

„Das hoffe ich für dich, Thom. Denn wenn du das nicht tust, muss ich dafür sorgen, dass es dein letzter Fehler war. Ich denke, wir haben uns verstanden, richtig?“ Mit diesen Worten beendete Schoster ohne jede Vorwarnung das Gespräch – denn er legte einfach auf!

„Ja, verstanden“, flüsterte Thom van Doorn leise in die bereits tote Leitung. Das hatte er sich wahrlich etwas anders vorgestellt. Er spürte, wie sein Gesicht vor Zorn rot anlief, als hätte man ihn geohrfeigt wie einen Schuljungen! Wie sollte er nun an Evers rankommen, wenn der im Knast saß? Und ihn mundtot zu machen? Gabriel Schoster musste doch wissen, dass das nicht möglich war! Verdammt! Das musste er doch wissen! Und dann schien es ihm zu dämmern. Plötzlich war ihm klar, weshalb Schoster so etwas von ihm verlangte! Er sollte es gar nicht schaffen, damit sein Chef einen Grund hatte, ihn zu erledigen. Alles war nur Theater! Der hatte gar nicht die Absicht, ihn davonkommen zu lassen. Es war Schosters spezielle Art, ihn für seinen Fehler zu bestrafen!

Thom van Doorn starrte an die Wand seines Büros.

Was konnte er nur tun? Gab es denn einen Ausweg? Er saß in seinem Sessel hinter dem Schreibtisch und starrte immer noch vor sich hin, als ihm plötzlich ein Gedanke kam! Er wählte die Nummer von Joris Rijkaard. Mit Joris hatte er sich immer gut verstanden. Der würde vielleicht einen Ausweg aus dieser misslichen Lage kennen! Auch Joris Rijkaard nahm den Anruf schnell entgegen.

„Hallo Thom, was ist los?“ Rijkaard wusste, dass Thom van Doorn ihn nicht einfach nur so anrufen würde. Er kannte ihn lange genug. Also musste etwas vorgefallen sein, dass den Geschäftsführer des ,Crazy Horse‘ im höchsten Maße beunruhigte. Die besorgte und ziemlich verängstigte Stimme am anderen Ende bestätigte seine Vermutung.

„Joris, hör‘ zu. Ich brauche deine Hilfe!“ Mit wenigen kurzen Worten schilderte Thom dem Spürhund, was vorgefallen war und das Schoster wohl die Absicht hatte, ihn für Evers Fehler strafen zu wollen, weil er ihm die Schuld an dessen Verrat gab. Rijkaard lauschte in aller Ruhe und konzentriert den Worten von Thom van Doorn und sagte am Ende:

„Hör‘ mir gut zu, Thom. Ich kümmere mich darum, in Ordnung? Du brauchst nur noch folgendes zu tun: Du rufst Schoster morgen Mittag an und sagst ihm, dass Evers erledigt ist. Hast du das verstanden? Du rufst ihn morgen Mittag an.“

Thom van Doorn blies erleichtert die Luft aus und wischte sich über die Stirn, wo sich unaufgefordert ein leichter Schweißfilm gebildet hatte. Dann sagte er:

„Mann, danke Joris! Aber wie willst du das anstellen?“

„Mache dir keine Sorgen. Ich kenne seinen Anwalt, diesen Dr. Laurens Sneijder. Der wird ihm ein nettes kleines Geschenk von mir mitbringen. Dann ist alles erledigt. Denke du nur an deinen Anruf morgen Mittag. Gabriel wird natürlich wissen wollen, wie du es angestellt hast, weil er nicht damit rechnet, dass du das schaffst. Sage einfach, du hast so deine Mittel und Wege, sonst aber nichts weiter. Vor allen Dingen sage kein Wort, dass ich dir geholfen habe, verstanden? Und diese Aktion macht dich für ihn wieder interessant, glaube mir.“

„Danke Joris. Du hast was gut bei mir, ehrlich.“

„Denke an den Anruf morgen.“ Rijkaard hatte schon aufgelegt. Thom van Doorn stand auf, ging zur Bar und schenkte sich erstmal einen ordentlichen Drink ein. Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass Joris Rijkaard alles regeln konnte! Er hatte absolut keine Ahnung, wie der Spürhund das anstellen wollte.

Dunkel ist die Finsternis

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