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Wie man Schlaglöcher politisiert
ОглавлениеRospil ist nicht die einzige neue Initiative Nawalnys. Zu den anderen Projekten gehören »Rosvybory« – ein Projekt zur Wahlbeobachtung[159] – sowie »Rosyama«.[160] Seit Mai 2011 online, besteht der Ansatz von Rosyama – wie bei Rospil – darin, durch Crowdsourcing die Recherchemöglichkeiten zu erweitern, nur standen diesmal nicht Unstimmigkeiten im russischen Beschaffungswesen im Fokus der Aufmerksamkeit, sondern die Schlaglöcher auf russischen Straßen. Nawalny stellte das Projekt wie folgt vor:
»Das Gesetzbuch Über die Ordnungswidrigkeiten schreibt vor, wenn auf einer Straße ein Schlagloch eine Tiefe von mehr als 50 Zentimeter und eine Länge von mehr als 80 Zentimeter aufweist, muss dieses Loch (a) dringend gefüllt werden, und (b) der Funktionär, der für die Straße verantwortlich ist – und jede Straße hat einen eigenen Funktionär, der für sie verantwortlich ist –, sollte für sein Nichtstun bestraft werden. Deshalb werden wir versuchen, diesen einfachen Paragraphen 12.34 des Gesetzbuches Über die Ordnungswidrigkeiten zu nutzen, um Aktivisten für eine sehr einfache Sache zu gewinnen – die Schlaglöcher vor ihren eigenen Häusern zu füllen und die verantwortliche Amtsperson zu bestrafen.«[161]
Dies war eine weiterer Möglichkeit für Nawalny, die staatlichen Akteure zur Verantwortung zu ziehen – und am anderen Ende des Spektrums die Vorstandsvorsitzenden von Staatsfirmen zu verklagen. Und wie so viele von Nawalnys Projekten entstand auch dieses aus einem einfachen Problem, einem einfachen Lösungsvorschlag – und aus Geldmangel. Um das Projekt anzustoßen, gab Nawalny nach eigenen Angaben gerade einmal 100000 Rubel (damals etwa 2500 Euro) aus.[162]
Um dieselbe Zeit entstanden noch weitere Projekte, die zwar nicht von Nawalny initiiert worden waren, die jedoch sehr ähnliche Elemente aufweisen wie die Nawalnys. Das von Andrej Zajakin mitgegründete »Dissernet« geht gegen Plagiate in Universitätsdissertationen vor – insbesondere in den Dissertationen von leitenden Beamten.[163] Nawalny hatte also kein Monopol auf internetbasierte Crowdsourcing-Projekte, die das Fehlverhalten von Behörden offenlegen. Doch er war eine Schlüsselfigur dieser Szene.
Nawalny hatte sich nie nur auf seine jeweiligen Projekte beschränkt. Genauso wichtig war es ihm herauszufinden, was man sonst noch tun konnte: »Wir werden wieder Aktivisten ausfindig machen … und werden versuchen, sie für künftige Projekte zu gewinnen.«[164] Ein eindeutiges Ziel bestand also darin, Talente zu rekrutieren.