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Antikorruptionsaktivismus oder Politik? Oder beides?

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Im Dezember 2009 wurde Nawalny gefragt, ob sein Antikorruptionsaktivismus eventuell nur ein Sprungbrett in die Politik sei. Er antwortete:

»Nein, er ist natürlich kein Sprungbrett. Ich war immer politisch aktiv. Die Frage lautet, was im Vordergrund steht – die Verteidigung von Minderheitenaktionären oder die Politik. Zum Beispiel erachte ich meinen Kampf gegen das seltsame Unternehmen ›Gunvor‹, das mehr als die Hälfte aller russischen Ölexporte kontrolliert, in gewisser Weise durchaus als politischen Kampf. Es ist ziemlich schwierig, diese Dinge heutzutage auseinanderzuhalten.«[148]

Man könnte Nawalnys Aktivismus als Trotzreaktion eines verhinderten Politikers deuten. Diese Sicht vertritt Sergej Gurijew, ehemaliger Dekan der renommierten Moskauer New Economic School: »Seiner Generation von Oppositionspolitikern wurde eine Laufbahn in der Politik verwehrt … Sie müssen womöglich noch zwanzig Jahre warten. Deshalb hat er einen offenbar klugen, vernünftigen Weg eingeschlagen.«[149]

Das mag zu Beginn keine bewusste Entscheidung gewesen sein. Doch in dem Maße, wie Nawalny an Profil gewann, ging er zunehmend strategisch vor. Der New York Times zufolge sprach Nawalny von sich als einem »Anwalt der russischen Mittelschicht – der Menschen, die auf dem Aktienmarkt investiert haben und die ihr Geld, wie er sagt, an die Korruption und die Misswirtschaft des Staates verlieren«.[150]

In Russlands staatskapitalistischem System, wo die Macht des Geldes und des Staates so eng verflochten sind, konnte man versuchen, die Mächtigen zur Verantwortung zu ziehen, indem man Unternehmensleitungen drangsalierte. Mit den Worten des Journalisten Carl Schreck, der für das Nachrichtenmagazin Time schreibt, zeigte Nawalny, »dass es ein effektiveres Mittel als die Wahlurne geben könnte, um Russlands herrschende Klasse im Zaum zu halten: Aktien«.[151] Nawalny selbst äußerte sich zu dieser Zeit unverhüllt über seinen Aktionärsaktivismus: »Alle diese Rechtsstreitigkeiten sind, wenn man will, ein kleiner, persönlicher ›Marsch der Dissidenten‹. Einige gehen auf die Straße, ich gehe vor die Gerichte.«[152]

Doch wurde er auf diesem Marsch vor die Gerichte von einer immer größer werdenden Anzahl an Menschen begleitet. Und dies führte zu logistischen Problemen. Wie sollte er die schiere Masse an Informationen bewältigen und auf die Kommentare antworten, die er auf seinem Blog erhielt? »Wir brauchen eine Website«, verkündete Nawalny im Juni 2010. »Grob gesagt, um die Bürgerbewegung gegen Korruption und all das zu koordinieren. Von der Machart her rein pragmatisch. Keine Artikel, keine Manifeste oder anderen Unsinn.«[153]

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