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2 Der Antikorruptionskämpfer

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Region Krasnodar, unweit des Ferienorts Gelendschik, fünf Stunden nordwestlich von Sotschi, wo 2014 die Olympischen Winterspiele stattfanden.

Eine Drohne mit Kamera fliegt über dem Schwarzen Meer und nähert sich dem Ufer. Vor ihr eine baumgesäumte Küste – und ein gewaltiges Gebäude. Mit 17691 Quadratmetern ist es das »größte private Wohngebäude in Russland«. Es steht auf einem Grundstück, auf dem »39 Fürstentümer von Monaco« Platz finden könnten.[74]

Ein unterirdisches Eishockeyspielfeld. Ein Arboretum. Hubschrauberlandeplätze. Eine »Aqua-Disco«. Weinberge. Ein privates Casino. Ein Freilufttheater. Ein geheimer Tunnel zum Strand. Ist dies das Domizil eines Bond-Bösewichts?

Nein. Es ist Putins Palast – laut einer Recherche von Nawalnys »Fonds für Korruptionsbekämpfung« (FBK).[75] Es ist »die geheimste und bestgeschützte Einrichtung in Russland, ohne Übertreibung. Dies ist kein Landhaus, keine Datscha, keine Villa – dies ist eine ganze Stadt oder eher ein Königreich.«

Am 19. Januar 2021 auf Youtube veröffentlicht, entwickelt sich der investigative Film in Spielfilmlänge sofort zum Hit. Bis zum 28. Januar wurde er bereits 100 Millionen Mal aufgerufen.[76] Bis Anfang Februar hatte mehr als ein Viertel aller Erwachsenen in Russland den Film gesehen.[77]

Das Video zeigt den irrwitzigen Luxus des Palasts und seiner Außenanlagen. Es deckt zudem ein komplexes Netz finanzieller Beziehungen auf, die nur dazu dienen, so der FBK, den eigentlichen Nutznießer von alldem – den Präsidenten Russlands – geheim zu halten. Das ist, so argumentieren Nawalny und sein Team, »die größte Bestechung der Welt«.[78]

Ein Detail in Nawalnys Recherchen – eine einzelne italienische Toilettenbürste, die 700 Euro kostet – wird zum Symbol nachfolgender Proteste. Dabei war die Bürste Nawalnys Team zufolge nicht einmal für den Palast selbst gedacht: Man hatte sie für ein nahe gelegenes Weingut gekauft, das zwar zum Anwesen gehört, aber dennoch recht weit entfernt vom eigentlichen Palast liegt.

Wladimir Putin wies die Vorwürfe zurück. »Nichts von dem, was als mein Besitz gezeigt wurde, hat je mir oder meinen nächsten Verwandten gehört. Nie.«[79] Der russische Milliardär Arkadi Rotenberg sagte der Presse, er, Rotenberg, sei der Eigentümer des Anwesens – es sei »ein echter Fund in einer wunderschönen Gegend«. Und er habe geplant, es zu einem Hotel umzubauen. Es »hat ziemlich viele Räume«.[80]

Der Film Ein Palast für Putin ist die mit Abstand bekannteste Recherche des FBK. Doch Nawalnys Antikorruptionsarbeit hat schon viele Jahre davor begonnen. Tatsächlich erhielt Nawalny die nationale und internationale Aufmerksamkeit zunächst für seinen Antikorruptionsaktivismus.

Im Folgenden erzählen wir diese Geschichte – die Geschichte, wie Nawalny von einem unbedeutenden Blogger und Aktivisten für Minderheitsaktionäre zu einem der berühmtesten Kreuzritter gegen die Korruption wurde. Wir stellen einige der Schlüsselfiguren vor, die sich ihm auf diesem Weg angeschlossen haben, und schildern die vielen Hindernisse, mit denen sie zu kämpfen hatten, seien es Schikanen der Polizei oder körperliche Angriffe durch unbekannte Schläger. Und wir betrachten die Beschuldigungen, die gegen Nawalny vorgebracht wurden – etwa, dass er ein bezahlter Stellvertreter unternehmerischer Interessen sei oder jemand, der aus rein egoistischen Motiven heraus ein Thema gesucht habe, um seiner politischen Karriere auf die Sprünge zu helfen.

Nawalny

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