Читать книгу Nawalny - Ben Noble - Страница 12

»Wem gehört Surgutneftegas?«

Оглавление

Surgut – eine Stadt im westlichen Sibirien, drei Flugstunden nordöstlich von Moskau. Es ist der 30. April 2008. An diesem Tag findet die jährliche Aktionärsversammlung von Surgutneftegas statt. Die Wirtschaftszeitung Wedomosti bezeichnet das Unternehmen als einen der undurchsichtigsten Erdölkonzerne des Landes.[81] Etwa 350 Personen sind anwesend.[82]

Nachdem Hauptgeschäftsführer Wladimir Bogdanow seinen Bericht zu den Unternehmenszahlen des vergangenen Jahres beendet hat, fragt er, ob es aus dem Zuschauerraum noch Fragen gebe. Eine Gestalt betritt die Bühne. Es ist Alexej Nawalny.

»Wem gehört Surgutneftegas?«, fragt er.

Die Unternehmensleitung ist wie betäubt. Sie ist es nicht gewohnt, eine provozierende Frage wie diese in der Öffentlichkeit gestellt zu bekommen, geschweige denn, sie zu beantworten. Denn natürlich spielt die Frage unverblümt auf die fehlende Transparenz in der Eigentümerstruktur des Unternehmens an.

Nawalny stellt zwei weitere Fragen: Warum fallen die Dividendenrenditen des Unternehmens so niedrig aus? Und warum ist es so schwer, an Informationen heranzukommen, darunter an den Jahresbericht des Unternehmens, den man erst kurz vor der Versammlung, und auch dann nur im abgelegenen Surgut lesen kann?

Es folgt eine unbehagliche Stille. Und schließlich, wie aus dem Nichts – Applaus. Eine kleine Gruppe von Aktionären im hinteren Bereich der Halle zeigt ihre Unterstützung für Nawalnys kritische Fragen.

Dies ist Nawalny, der Aktivist der Minderheitsaktionäre. Seit 2007 ist er dabei. Indem er Aktien von russischen, oft auch staatlichen, Unternehmen kauft, erreicht er mindestens zwei Dinge: Er bekommt Zugang zu Informationen über die Aktivitäten dieser Firmen, und er hat die Möglichkeit, wie in Surgut, Rechenschaft einzufordern. Er kann die Informationen auch benutzen, um Unternehmen vor Gericht zu bringen, entweder in der Absicht, weitere Informationen zu erhalten, oder um sie wirklich zur Rechenschaft zu ziehen.[83] Seine Ausbildung als Anwalt und Finanzexperte hilft ihm dabei, sich in dieser Welt zurechtzufinden.

Doch der nächste Schritt ist nicht weniger wichtig: Nawalny veröffentlicht die gewonnenen Informationen auf einem Blog des Website-Anbieters »Livejournal« – eine für ihn unverzichtbare Plattform. »Mein Blog existiert nur, weil die Medien zensiert werden«, sagte er einem Magazin im Jahr 2011.[84] Er beginnt mit dem Bloggen im März 2006, einfach um die Niederschriften seiner wöchentlichen Radiosendung auf Echo Moskwy zu publizieren. Bald aber nimmt die Sache ungeahnte Dimensionen an.

Nawalny

Подняться наверх