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Es ist persönlich

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Spricht man mit denen, die sich Nawalnys Bewegung angeschlossen haben, fällt eines auf: Die Menschen haben alle ihre persönlichen Erfahrungen mit Korruption gemacht, und sie haben recht konkrete Vorstellungen davon, warum und wie sie bekämpft werden muss – ganz gleich, wo sie politisch stehen.

Bevor der neununddreißigjährige Viktor sich voll und ganz der Sache von Nawalny verschrieb, arbeitete er als Filialleiter im Einzelhandel. Er sagt zum Beispiel, wenn Unternehmen Bestechungsgelder zahlen müssen, um übermäßigen Druck von der Finanzbehörde, den Gesundheitsämtern oder Sicherheitsprüfern zu vermeiden, treibe dies die Preise in die Höhe. »Habe ich als Geschäftsmann korruptionsbedingte Ausgaben, werde ich sie natürlich auf den Preis meines Produkts draufschlagen. Jeder wird diesen Preis bezahlen müssen. Doch profitieren werden davon nur wenige Funktionäre.«

Katerina – eine weitere Nawalny-Aktivistin und ausgebildete Rechtsanwältin – erzählt eine andere Geschichte:

»Ich habe diese Angst, sie ist ein wenig irrational, doch ich habe sie trotzdem. Kürzlich wurde hier ein Autobahnkreuz über zwei Ebenen fertiggestellt. Ich habe echt Angst, dass es früher oder später einfach zusammenbricht. Sie wissen doch, wie das mit der Korruption ist? Der Staat unterzeichnet einen Vertrag, sagen wir über 100 Rubel. Doch für den eigentlichen Bau verwendet er nur 25 oder 30 Rubel.«

Der Rest, fährt Katerina fort, werde unterwegs von verschiedenen Leuten eingesteckt. »So läuft es. Ich weiß das von Leuten, die zum System gehören. Und natürlich heißt das beim Bau des Autobahnkreuzes, dass sie bei allen Bauteilen sparen, dass es von fürchterlicher Qualität ist und eines Tages zusammenbrechen wird.«

Diese Geschichten zeigen, dass die Korruption zum Alltag vieler Menschen gehört. Es braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass ihr Leben ohne Korruption sofort besser und sicherer wäre. Dabei ist es nicht nur ihr eigenes Leben, das von der Korruption beeinträchtigt wird, sondern viel umfassender das Gemeinwohl. Die sechsundzwanzigjähre Polina wiederholt Nawalnys Argumente, wenn sie sagt, Korruption sei Diebstahl, weil es sich üblicherweise um den Staatshaushalt, um Steuergelder handele, die veruntreut werden: »Klaut jemand unsere Brieftasche, halten wir diese Person für den schlimmsten Verbrecher in der ganzen Stadt. Aber wenn Leute uns auf Regierungsebene ausrauben, dann sagen wir so was wie: ›Na ja, alle Funktionäre klauen doch.‹ Aber nein, nicht in dieser Größenordnung. Wir können das einfach nicht tolerieren.«

Weil jeder seine Erfahrung mit der Korruption gemacht hat, ist es einfach, über dieses Thema eine persönliche Verbindung zu Nawalnys Kampf aufzubauen.

Mit Blog-Beiträgen wie jenem über die Durchleuchtung von Transneft, durch die er emotionale Verbindungen zu seinen Lesern schafft, wurde Nawalny bald zu »Russlands bekanntestem Blogger«.[102] Er versucht, aus seiner wachsenden Anhängerschaft Kapital zu schlagen, indem er im Dezember 2009 – in Zusammenarbeit mit der russischen Ausgabe von Forbes – ein »Zentrum für Aktionärsschutz« gründet, das dabei helfen soll, die Aktivitäten von Kleinaktionären zu koordinieren.[103] Wedomosti – die führende Wirtschaftszeitung war damals bereit, der Kritik an den Behörden eine Stimme zu verleihen – wählte Nawalny zu einem ihrer »Menschen des Jahres«.[104]

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