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Nawalny stellt sein Team zusammen

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Im Februar 2011 postete Nawalny eine Stellenanzeige auf seinem Blog: Er wolle Anwälte anstellen. Die wichtigste Bedingung, um den Job zu bekommen: »Du musst wirklich gegen Gauner kämpfen wollen. Du darfst Tag und Nacht an nichts anderes denken.« Das Gehalt sollte 60000 Rubel im Monat (damals etwa 1500 Euro) betragen, die Bewerbung den üblichen Lebenslauf enthalten. Vor allem sollte man noch etwas Originelleres einreichen: eine »Trophäe für Rospil«. Bewerber mussten einen »korrupten Beschaffungsvertrag in der Ausschreibungsphase« finden. Sie durften alle benötigten Hilfsmittel verwenden – »Websites, die Beschaffungen überwachen, Medien, Insiderinfos«. Die Bewerber sollten den Link zur Beschaffungsstelle angeben sowie den Text ihrer Beschwerde formulieren und einen Plan ausarbeiten, wie man den Fall bearbeiten wolle.[165]

Wenige Wochen später verkündete Nawalny, dass er seine erste Anwältin gefunden hatte: Ljubow Fedenjowa – die bald unter dem Namen ihres ersten Ehemanns, Sobol, zu Bekanntheit gelangen sollte.[166] Nawalny pries ihre beruflichen Erfolge (mit dreiundzwanzig Jahren hatte sie bereits ein Jahr im Gericht gearbeitet). Er beschrieb die baldige Absolventin der renommierten Moskauer Staatsuniversität als »entschlossen, ambitioniert, intelligent«.

Sie passte perfekt auf die Stellenbeschreibung. Sie empfand nach eigenen Worten einen »persönlichen Hass auf das System«. Auf ihrem eigenen Livejournal-Blog behauptete Sobol, keine Angst zu haben – und: »Wenn Sie das Gesetz brechen, verwende ich all meine Energie darauf, Sie zu verfolgen … Machen Sie sich darauf gefasst, meine Herren.«[167]

Nawalny erklärte, seine Ernüchterung über das »System« sei zum Teil seinen Erfahrungen als Minderheitsaktionär geschuldet. Sobol erklärte, ihr sei während ihrer Arbeit im Moskauer Gerichtssystem klar geworden, dass etwas im Argen lag.

Ihr Vater war Rechnungsprüfer und ihre Mutter eine Ingenieurin, die auf dem Flughafen Scheremetjewo arbeitete.[168] Sobol träumte davon, Rechtsanwältin zu werden, und las »die Arbeiten vorrevolutionärer Anwälte und Staatsanwälte«. Doch nach ihren Erfahrungen mit Gerichtsverfahren in Moskau begriff sie, dass sie weder das eine noch das andere werden wollte – nicht einmal Richterin: »Sie alle, in unterschiedlichen Ausprägungen, sind machtlos und in die Korruption verstrickt. Bürgern ist es unmöglich, ihre Rechte zu verteidigen. In den Büros neben meinem wurden Hunderte von Fällen gegen den russischen Staat verhandelt, und nicht ein einziger Bürger hat gewonnen.«[169]

Sobol kam zu dem Schluss, dass man im russischen Justizsystem als »ehrliche Person nicht weiterkommen kann. Man muss Kompromisse mit dem eigenen Gewissen eingehen und vor vielen Dingen die Augen verschließen.«[170]

Da sie die erste Anwältin in Nawalnys Team wurde, sollte sie schon bald zu einer seiner prominentesten Mitstreiterinnen aufsteigen – in einem Team, das sonst fast nur aus Männern besteht. Im Jahr 2017 wurde Nawalny vom neuen Star des russischen Online-Journalismus – dem dreißigjährigen Juri Dud – interviewt, der ihm vorwarf, er dulde neben sich keine anderen Aktivisten. Der erste Name, der Nawalny daraufhin in den Sinn kam, war Sobol – worauf der Journalist antwortete, sie sei zwar »gut angezogen« und »hübsch« – aber »kein Mann«. Nawalny erwiderte, sie »kennt ihr Geschäft besser als jeder Mann« und würde eine bessere Abgeordnete abgeben als die »450 Holzköpfe«, die in der Duma säßen.[171]

Nawalnys Team nahm im Verlauf des Jahres 2011 weiter Gestalt an. Rospil rekrutierte als Koordinator Konstantin Kalmikow. Der damals Achtundzwanzigjährige hatte einen Abschluss in Politikwissenschaft gemacht und bei Nawalny gegen das föderale Beschaffungswesen Freiwilligenarbeit geleistet. Dazu hatten sich bis Ende 2011 zwei weitere junge Anwälte dem Team angeschlossen.[172]

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