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Der FBK – eine NGO mit politischem Ziel

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Nawalny hatte Rospil im Jahr 2011 mit einigen wenigen Anwälten gegründet. Fast zehn Jahre später hatte der Fonds für Korruptionsbekämpfung Dutzende von Stellen geschaffen.[230] Viele der Angestellten – Anwälte und Investigatoren – kümmerten sich um das Kerngeschäft des FBK. Doch der Fonds war zu einem regelrechten Unternehmen geworden.

Hinter dieser Kerngruppe gab es ein eigenes Team, das sich um Produktion, Regie und Verbreitung von Nawalnys Inhalten kümmerte, eine Pressesprecherin, einen Art Director, einen Produzenten des YouTube-Kanals »Nawalny Live«, einen Videoproduktionsleiter, einen Videoeditor, einen Graphikdesigner. Und natürlich ein ganzes IT-Team, in dem vom Webentwickler bis hin zum Social-Media-Manager alles vertreten war und das Nawalnys Aktivitäten erst möglich machte.

Kurz, dies war eine ernst zu nehmende Organisation. Selbstverständlich – Nawalny war der Frontmann, war es immer gewesen. Doch stand er nicht länger einem kleinen Kollektiv von Aktivisten vor. Der FBK hatte nun reguläre Angestellte, die im Schnitt ein Monatsgehalt in Höhe von 70 bis 80 Tausend Rubel erhielten (etwa 900 bis 1000 Euro), das allerdings für russische Fachkräfte eher gering ausfiel.[231] Die ganze Unternehmung – Projektmanager und Generaldirektor inklusive – hatte sich in eine professionelle NGO verwandelt.

Und zwar in eine NGO, die all jene Dinge in sich bündelte, die ein unabhängiger Politiker benötigt: Geld, Kader und Reichweite. Vor allem zwei Aspekte gewährleisteten den Erfolg:

Erstens verfügte der FBK über zwei unterschiedliche Formen von Geldquellen, die für eine stabile Finanzierung sorgten: Feste, größere Beiträge stammten von Simin, Aschurkow und anderen Geschäftsleuten, die aus Angst vor Verfolgung anonym bleiben wollten. Kontinuierliche monatliche Zahlungen von einfachen russischen Bürgern wurden über eine Crowdfunding-Plattform eingenommen. Ende 2013 erklärte der FBK, er habe 23 Millionen Rubel (damals etwa 500000 Euro) gesammelt.[232] Im Jahr 2019 wuchs dieser Betrag auf 82,3 Millionen Rubel (etwa 1100000 Euro).[233]

Zweitens hatte sich der FBK zu einer Ausbildungsstätte für künftige Oppositionspolitiker entwickelt. Sobol – als Anwältin eingestellt – verkündete im Oktober 2020 ihre Absicht, für die Wahlen zur Staatsduma im Herbst 2021 zu kandidieren.[234] Diese Entwicklung war kein Zufall. Sie zeigt, dass der FBK gut ausgebildete und unerschrockene Menschen an sich zu binden verstand, die Aufgaben übernahmen, die sich als viel größer herausstellten als ursprünglich gedacht.

Schließlich mussten die Mitglieder des FBK-Teams mit immer professionelleren Recherchen auch in der Präsentation ihrer Botschaften zu Experten werden – wie auch darin, die Veröffentlichungen so zu takten, dass sie die maximale Wirkung entfalteten. Bedenkt man, dass Nawalny aus den staatlich kontrollierten Medien verbannt worden war und nur auf soziale Netzwerke zurückgreifen konnte, war seine Reichweite mehr als bemerkenswert.

Der FBK war schlicht zu einer politischen Größe geworden. Und es überrascht daher nicht, dass der Kreml ihn dementsprechend behandelte: als ernst zu nehmenden Feind.

Nawalny

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