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Ententeiche und Politik

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Region Iwanowo, nahe der Stadt Pljos am Ufer der Wolga – sechs Autostunden von Moskau entfernt.

Eine Drohne mit Kamera fliegt über den Fluss und nähert sich dem Ufer. Im Vordergrund sieht man baumbestandenes Land – und ein riesiges Anwesen, das so groß ist wie »dreißig Rote Plätze zusammengenommen«.[245]

Zwei Luftkissenfahrzeuge. Eine Skipiste. Drei Hubschrauberlandeplätze. Ein renoviertes Herrenhaus, ursprünglich erbaut im Jahr 1775. Ein stufenförmiger Swimmingpool. Ist dies ein weiterer Palast von Wladimir Putin?

Nein, es handelt sich um das Gut »Milowka«, laut FBK-Investigatoren die »geheime Datscha« des früheren Staatspräsidenten und jetzigen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew. Nawalny veröffentlicht das Video im September 2016 auf YouTube, wenige Tage vor den Parlamentswahlen – und beendet es mit einer Handlungsaufforderung:

»Es ist doch sehr seltsam, dass unser Land arm ist, seine Funktionäre jedoch dreihundertmal luxuriöser leben als die Regierenden in anderen Ländern. Diese ganze Korruption ist nur dank jener möglich, die für ›Einiges Russland‹ stimmen. Seid bitte nicht so wie diese Leute. Und solltet ihr es schaffen, nächstes Wochenende zur Wahl zu gehen, dann wählt auf jeden Fall gegen ›Einiges Russland‹ und bittet so viele Leute wie möglich, es euch gleichzutun.«[246]

Ein Detail in Nawalnys Video fasziniert die Menschen besonders: ein Entenhaus auf einem Teich neben dem Herrenhaus. Nach seiner Ausstrahlung wurden kleine gelbe Enten zum Symbol des Protests. Zu Beginn des Jahres 2018 wird ein Aktivist aus St. Petersburg sogar verhaftet, nachdem er eine riesige aufblasbare Ente in ein Fenster seiner Wohnung gestellt hatte – zusammen mit einem Schild, auf dem zu lesen stand: »Die Polizei wartet auf uns.«[247]

Nawalny wurde als Antikorruptions-Blogger bekannt. Wir haben gezeigt, wie seine Reise begann und welche Richtung sie nahm, vom Aktionärsaktivismus über die Prüfung des staatlichen Beschaffungswesens via Crowdsourcing, hin zu Recherchen zu den angeblichen geheimen Luxusanwesen der ranghöchsten Beamten. Dies brachte ihm ebenso viele Bewunderer wie Feinde ein.

Aus dem Einzelkämpfer wurde ein großes Kollektiv, das aus Profis und Freiwilligen besteht. Bei der Zusammenstellung des Teams legte Nawalny größten Wert auf einen Ansatz, den er »meritokratisch« nannte und bei dem die Fähigkeiten der Bewerber und nicht irgendwelche Beziehungen den Ausschlag geben sollten.

Nawalny hatte eine professionelle NGO mit politischen Zielen aufgebaut. Doch er gab sich nicht damit zufrieden, als Aktivist der Zivilgesellschaft einfach nur einen Wandel zu fordern. Er wollte die Dinge von innen heraus verändern. Er wollte Präsident der Russischen Föderation werden.

Nawalny

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