Читать книгу Bulle bleibt Bulle - Ein Hamburg-Krimi - Ben Westphal - Страница 10
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Mit einem lauten Rucken wird Dombrowski aus der Lethargie seiner ungeordneten Gedankenwelt gerissen.
«Die Zeit ist um», brüllt der Schließer in den kleinen Raum hinein. Er bleibt ohne erkennbare Gefühlsregung in der Tür stehen.
«Ist die Zeit etwa schon um? Das kann doch gar nicht sein», kreischt Charleen auf, während ihr umgehend Tränen in die Augen schießen, wie schon so oft in dieser für Dombrowski so ewig langen Stunde.
Dombrowski springt auf, während er dankend zur Uhr blickt, wo beide Zeiger direkt übereinanderstehen und sich der Sekundenzeiger zunehmend von ihnen entfernt.
«Ja, dann wollen wir mal, Frau Schulze. Tschüss, Herr Simsek. Bis die Tage.» Nachdrücklich blickt Dombrowski Charleen an, die ihre Blicke nicht von Faruk lösen kann. Widerwillig erhebt sie sich langsam von ihrem Stuhl, während ihr Tränen an den Wangen herablaufen.
«Bis bald, Baby. Ich liebe dich.»
«Denk an die Playstation, Baby. Ist wichtig», antwortet Faruk und schaut Charleen dabei bettelnd in die Augen. Doch schon schiebt sich Dombrowski dazwischen und streckt seinen Arm zur Tür hinaus. «Darf ich bitten? Ich hab’ heut’ auch noch etwas anderes zu tun», drängt er Charleen Schulze aus dem Raum, die noch versucht, einen letzten Blick auf ihren Geliebten zu erhaschen. Es gelingt ihr jedoch nicht, weil direkt hinter Dombrowski die Tür durch den Schließer geschlossen und mit einem Metallschieber verriegelt wird.
«Wenn Sie mal wieder Zeit haben und einen Termin brauchen, dann können Sie sich ja gerne bei uns melden. Bis dahin alles Gute für ihre Operation. Tschüss.» Ohne auf eine Reaktion zu warten schiebt Dombrowski die Metalltür zum Vorraum auf. Er geht schleunigst zum Wachraum im Eingangsbereich, wo er aus dem Schließfach sein Handy und die Dienstwaffe entnimmt. Er hebt die Hand, um sich von den Schließern zu verabschieden und nickt ihnen einmal freundlich zu.
«Bis nächstes Mal», rufen sie ihm noch mit süffisantem Grinsen hinterher, worauf Dombrowski mit leichtem Lachen in der Stimme ein «Ich hoff’ nicht so schnell wieder» antwortet.
Das durchdringende Surren der Tür verkündet Dombrowski, dass sich die schwere Metalltür zur Freiheit nun für ihn wieder öffnet. Er kann dieser leidigen Pflichtaufgabe endlich den Rücken zukehren.
Nach den ersten Schritten atmet er tief ein und genießt die frische Stadtluft, die seine Lungen mit Sauerstoff füllt. Kein billiges Parfüm, kein Geruch von Haarspray und vor allem nicht mehr diese leidigen Gesprächsinhalte, die sich immer nach fünf Minuten bereits wiederholen.
«Was finden diese Frauen bloß an solchen Kerlen?», fragt Dombrowski sich, während er den Fußgängerweg in Richtung der U-Bahnhaltestelle entlang schlendert. Er blickt in den mit kleinen weißen Wolken gesäumten blauen Himmel und kneift seine kleinen Augen zusammen. «Und was finden eigentlich solche Kerle an diesen Tussen?» Er schüttelt den Kopf und versucht die Erinnerung an die letzte Stunde gleich wieder zu verwerfen.
Anschließend aktiviert er sein Telefon und blickt auf das Display. Überrascht stellt er fest, dass sowohl Otto, als auch Harry bereits mehrfach versucht haben bei ihm anzurufen.
«Was da schon wieder los ist?», fragt er sich und wählt die Nummer von Harry Goldutt. Nach mehreren Klingelzeichen nimmt sein Chef das Telefonat an.
«Dumbo, ich kann gerade nicht, ich bin in einer Besprechung. Ruf Otto an, der weiß bereits Bescheid.» Bevor Dombrowski überhaupt ein Wort erwidern kann, piept sein Telefon einmal auf und das Telefonat ist bereits wieder unterbrochen. Er wählt die Büronummer von Otto, der sich wie gewohnt mit kehliger Stimme meldet: «Hallo Dumbo. Hast’ schon gehört?»
«Nee.»
«Wann bist du hier?»
«Bin gleich in der Bahn. 20 Minuten.»
«Beeil dich. Ich hab’ Fred am anderen Rohr. Bis gleich.»
Schon wieder beendet, ohne dass Dombrowski irgendetwas Erleuchtendes erfahren hat. Er schaut völlig irritiert auf sein Mobiltelefon und stolpert dabei über den Absatz der Rolltreppe, dem er keinerlei Beachtung geschenkt hatte. Dombrowski beginnt zu grübeln, aus welchem Anlass Otto wohl so dringend mit Fred, dem Leiter ihrer Observationsgruppe, sprechen wollte. Mit lautem Pfeifen und Quietschen fährt währenddessen die Bahn in den Bahnhof Messehallen ein, wo Dombrowski inzwischen angekommen ist. Er steckt sein Telefon in die Jackentasche, geht zu den Türen des hinteren Bahnwaggons und öffnet sie per Knopfdruck. Mit mehrfachem Piepen schließt sie sich hinter ihm. Er bleibt im Gang stehen und versucht sich in Geduld zu üben, während die Bahn langsam mit einem surrenden Brummen wieder anfährt.