Читать книгу Bulle bleibt Bulle - Ein Hamburg-Krimi - Ben Westphal - Страница 13
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Am Flughafen in Hamburg sammeln sich nach und nach die Menschen, die an den Check-In-Schaltern warten und ihr Gepäck aufgeben oder aber ihre Familienangehörigen begleiten, um sich von ihnen zu verabschieden. Kinder laufen um die Gepäcktrolleys ihrer Eltern in Vorfreude auf einen bevorstehenden Urlaub. Andere Reisewillige stehen in den Duty-Free-Geschäften, um sich für die Reise mit Spirituosen, Zeitschriften, Süßigkeiten oder Zigaretten einzudecken. Jeder achtet vornehmlich auf sich selbst und seine Verwandten und Bekannten. Das wilde Treiben bewegt sich stumm voreinander her, weil die endlos hohen Dächer der Abflughalle die Stimmen und Geräusche schlucken.
«Seh’ ich etwa so aus, als würde ich ein Flugzeug entführen wollen?», raunzt Gerd seiner geliebten Ehefrau genervt zu, während sie sich von der Sicherheitsschleuse zu den Abfluggates entfernen. Mühsam pfriemelt er den Gürtel unter seinem leicht überstehenden Bauch in die Schlaufen an seiner Jeans. Dabei stopft er sein Hemd wieder in die Hose.
Weil er sein Kleingeld vergaß aus den Hosentaschen zu entnehmen und seine Halskette nicht abgenommen hatte, leuchtete der Scanner rot auf. Gerd durfte längere Zeit in einer Art Badekabine hinter dem Apparat verbringen. Dort musste er die Gegenstände dann erst einmal abnehmen und herauspuhlen. Im Anschluss durfte er sich in dem engen Raum von einem beleibten Sicherheitsbeamten per Hand abscannen lassen.
«Als ich damals noch beim Grenzschutz war, da hat es sowas noch nicht gegeben. Wir wussten genau, wen wir rausziehen mussten. Der hat mir sogar dreist an den Hintern gepackt. Selbst meine Schuhe musste ich ausziehen.» Noch immer läuft Gerd mit hochrotem Kopf hinter Dörte her, die ihm beim Meckern jedoch keinerlei Beachtung schenkt. Vielmehr bleibt sie mitten auf dem breiten Flur stehen und schaut mit freudigem Lächeln auf die große Anzeigetafel, um herauszufinden zu welchem Gate sie müssen. Dort will sie mit Gerd endlich ihren Flug in die Sonne antreten.
«Mannomann, Dörte. Du kannst mir Sachen antun. Mir ist jetzt schon warm. Wie soll das erst in Spanien werden. Die können ja alle auch gar kein Deutsch sprechen», mosert Gerd weiter herum, während er sein rotes Stofftaschentuch aus der Hosentasche zieht und sich die Stirn abtupft.
«Wir müssen zu Gate A42. Unser Flug geht schon in drei Stunden», erwidert Dörte, ohne den Worten von Gerd eine Beachtung zu schenken.
«Schon in drei Stunden. Man, man, watt soll’n wir denn die ganze Zeit machen? Ich muss erst einmal auf'n Pott», antwortet Gerd. Er geht ohne eine Antwort von Dörte abzuwarten auf einen Zugang zu, neben dem ein großes Männchen abgebildet ist.
Dörte trägt währenddessen das Handgepäck zu einer Bank bei ihrem Gate und lässt sich darauf nieder. Aus einer Seitentasche zieht sie einen ihrer Reiseführer über Barcelona heraus, schlägt die Seite mit der Sagrada Familia auf und beginnt auf den folgenden Seiten zu stöbern.
Mit einem schweren Ächzen lässt sich Gerd kurze Zeit später auf die Bank neben seiner Frau fallen. Dörte schaut kurz zu ihm auf und blickt sogleich wieder in ihren Reiseführer.
Gerd betrachtet verwundert die Monitoranzeige in ihrem Abfluggate. Er rückt seine Brille auf dem Nasenrücken zurecht und kneift die Augen zusammen. «Dörte?», ruft er fragend, doch Dörte antwortet ihm nicht. «Dörte. Bist du dir sicher, dass wir hier richtig sind? Da steht Zürich auf dem Monitor.»
«Wir sind hier richtig, Gerhard. Wir haben schon den nächsten Flieger an diesem Gate. Guck’ mal, alle Leute, die hier sitzen, werden gleich in die Schweiz fliegen. Ist das nicht spannend?», erwidert Dörte mit strahlenden Augen.
«Naja, geht so, näh», antwortet Gerd wortkarg und blickt auf die Uhr. Sie verrät ihm, dass er noch immer fast drei Stunden auf den Abflug warten muss. Er streckt seine Beine aus, verschränkt seine Arme und senkt leicht seinen Kopf. Das frühe Aufstehen am Morgen hilft ihm jetzt dabei, eine innere Ruhe zu finden. Er hört nur noch Wortfetzen seiner Frau, wie Antoni Gaudi, das Gran Teatre del Liceu, Casa Milà müssen wir und Park Güell ist einfach sehenswert, doch den Wörtern kann und mag er nicht weiter folgen. Lieber ergibt er sich seiner Müdigkeit und lässt seinen Geist für die nächsten Stunden bis zum Abflug gewähren.