Читать книгу Bulle bleibt Bulle - Ein Hamburg-Krimi - Ben Westphal - Страница 23

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Ein wildes Treiben hat inzwischen am Gate A42 am Hamburger Flughafen eingesetzt. Zum Verdruss der zukünftigen Passagiere wurde zunächst eine Verspätung von einer halben Stunde ausgerufen. Jetzt sind die Schalter geöffnet und sofort bilden sich lange Menschenschlangen.

Ungeduldig warten die Ersten darauf, das Flugzeug zu besteigen, um die bereits festgelegten Plätze einzunehmen. Am Ende werden sie dann doch mit den zuletzt Einsteigenden zeitgleich abheben.

Gerd lässt sich von der aufkommenden Unruhe nicht anstecken, zumal Emilia inzwischen eine Etage höher geklettert ist und Onkel Gerd voll im Griff hat.

Dort spielt sie mit ihm im Wechsel „Ich-sehe-was,-was-du-nicht-siehst“ und „Hoppe-hoppe-Reiter“. Dabei lacht sie so laut, dass ein Echo durch das gesamte Abfluggate schallt. Mit strahlenden Augen betrachtet sie Gerd, zupft an seinem Mundbart und schaut ihm in die Augen. «Onkel Gerd, weißt du was?»

«Mmmh, vielleicht. Was denn?», antwortet Gerd und macht ein fragendes Gesicht, bei dem er die Wangen aufpustet und große Augen macht.

Emilia fängt umgehend an zu lachen. «Wenn du mal richtig alt bist und einen langen weißen Bart und lange weiße Haare hast, dann könntest du glatt Weihnachtsmann werden. Du bist mindestens genauso toll!»

«Weißt du was Emilia?», fragt Gerd und kitzelt das kleine Mädchen ein wenig an den Seiten.

«Nee. Was denn?», fragt sie neugierig und versucht große Augen zu machen und die Wangen dabei aufzupusten.

«Das ist das schönste Kompliment, das ich seit langer Zeit gehört habe», antwortet Gerd. Dabei beginnt er seinen Kopf ausschweifend auf und ab zu nicken.

«Schön, dass wir zusammen in den Urlaub fahren, Onkel Gerd», sagt Emilia und knufft Gerd dabei in den vorstehenden Bauch.

«Du kannst wirklich toll mit Kindern umgehen, Gerd. Bist du mal Lehrer gewesen?», fragt Steven interessiert, der durchgehend Emilia dabei beobachtet, wie herzlich sie mit Gerd spielt. Seine Freundin überbrückt die Wartezeit währenddessen mit ihrem Notebook, das sie aus dem Handgepäck gezogen hat und derweil E-Mails beantwortet.

«Gerhard war bis vor einem halben Jahr…»

«Mal dies und dann das. Jetzt bin ich aber Rentner und habe eine arbeitsfreie Zeit vor mir. Diese Freiheit darf ich nun mit meiner wundervollen Frau verbringen», unterbricht Gerd seine Frau, die ihn gleich wieder böse anschaut. Sie hasst es, wenn er ihr so über den Mund fährt und überhört dabei vollends das ungewohnte Kompliment.

«Ich war mal Koch und bin Laster gefahren, aber ich war auch mal in unterschiedlichen Bürojobs unterwegs. So eine Art Projektmanager. Immer wenn ich ein Projekt abgeschlossen hab', durfte ich mir das nächste vornehmen. Und was machst du so?», stellt Gerd die Gegenfrage.

«Ich hatte mal als Fitnesstrainer gearbeitet, aber jetzt habe ich einen Job in einer Im- und Exportfirma angenommen. Außerdem kümmere ich mich um Emilia. Meine Freundin ist bei uns der Workaholic», erwidert Steven und nickt zu der attraktiven, aufwendig gestylten Frau neben sich, die vertieft in ihr Notebook schaut.

«Das kenne ich, also mein Mann, der war auch nie zu Hause», bringt sich Dörte in das Gespräch ein und freut sich, dass sie wenigstens diesen Satz zu Ende bringen konnte.

«Aber jetzt bin ich ja endlich immer da. Ich glaube wir können uns mal zum Schalter begeben, wir sind so ziemlich die Letzten», wirft Gerd ein, greift Emilia unter die Arme und stellt sie vor sich hin.

«Juchuuu, wir fliegen!», schreit Emilia aus sich heraus und läuft halb hüpfend, halb springend zum Bodenpersonal, das sie mit einem freudigen Lächeln empfängt.

Alle holen ihre Bordkarten hervor und legen sie der Stewardess vor.

Kurze Zeit später sitzen sie im Flugzeug auf ihren vorgesehenen Plätzen. Steven ist damit beschäftigt den Sitzplatz von Emilia vorzubereiten und sie anzuschnallen. Seine Freundin schreibt noch hektisch auf ihrem Handy eine E-Mail zu Ende, während Gerd und Dörte sich in der Reihe hinter ihnen einrichten.

«Du musst mir nicht immer so über den Mund fahren», zischt Dörte leise in Gerds Ohr. Dabei verdreht sie ihre Augen und setzt einen halb verärgerten und halb enttäuschten Gesichtsausdruck auf.

«Und du musst nicht mit jedem darüber sprechen, was ich früher gemacht habe», antwortet Gerd grimmig.

«Und warum erzählst du ihnen dann so einen Quatsch, dass du als Koch gearbeitet hast und als Lasterfahrer?», fragt Dörte sichtlich genervt.

«Wieso Quatsch? Früher beim Bundesgrenzschutz war ich Einsatzkoch. Meine Bratkartoffeln sind dort noch heute legendär», antwortet Gerd besserwisserisch.

«Den Grenzschutz gibt es nicht einmal mehr, so lange ist das her, Gerhard. Der heißt jetzt Bundespolizei. Und deine damaligen Esser können froh sein, wenn sie noch Zähne haben, mit denen sie die knusprigen Dinger kauen könnten.»

«Jetzt wirst du aber ungerecht, Dörte. Für die Jungs der freiwilligen Feuerwehr mache ich die auch jedes Jahr zum Grünkohlball und jeder reißt sich um meine Bratkartoffeln. Und Lasterfahrer war ich auch damals in der FD9, dem was sich heute Bereitschaftspolizei schimpft. So, und nun ist gut mit der Vergangenheit, wir schauen nach vorne. Zumindest für diesen Urlaub», antwortet Gerd mit immer strenger werdendem Tonfall, ohne dabei jedoch lauter zu werden.

«Ist ja gut, Gerhard. Mir soll es nur recht sein», antwortet Dörte und wendet sich leicht schmollend zur Seite.

In diesem Moment setzt sich das Flugzeug in Bewegung und die Stewardessen nehmen die gewohnten Positionen ein, um die Sicherheitsanweisungen vorzuführen.

Bulle bleibt Bulle - Ein Hamburg-Krimi

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