Читать книгу Bulle bleibt Bulle - Ein Hamburg-Krimi - Ben Westphal - Страница 9
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Die tosende Brandung schlägt lang auslaufend auf die Bucht von Canet-en-Roussillon. Von Süden her weht ein scharfer Wind, der den Geruch von Salzwasser und die Rufe der Seevögel an den Strand heranträgt. Dort liegen Touristen und Einheimische im hellen Sand und genießen den erfrischenden Wind, der die ansteigenden Temperaturen an der französischen Mittelmeerküste erträglich macht. Sie beobachten vereinzelte Surfer dabei, wie sie versuchen sich auf ihren Brettern zu halten und die wilden Wellenberge zu bezwingen.
In einem kleinen unscheinbaren Bistro am Ende der Strandpromenade, etwas abseits der Touristenpfade, sitzt Capitaine Lebrédonchel in einem geflochtenen Gartenstuhl. Er schaut auf die glänzende See und die sichelförmig an den Strand gebaute Uferpromenade. Gelegentlich wirft er einen Blick in die Karte des Bistros, in der die Meeresfrüchte als besondere Spezialitäten angepriesen werden.
Lebrédonchel trägt seine langen lockigen Haare mittig gescheitelt und lässt sie locker über die Ohren fallen. Nur, wenn der Wind die Haare zu sehr ergreift, streift er sie seitlich hinter die Ohren, so dass sie ein wenig Halt haben. Die sonnengebräunte Haut sowie die Lachfalten um die Augen herum verleihen ihm eine gesunde und ruhige Ausstrahlung. Unter dem Mund trägt er einen dünnen, leicht struppigen Bart, der kurz vor der Kinnspitze abschließt und wie ein Ausrufezeichen aussieht.
Das lockere weiße Hemd, das er über seiner blauen Leinenhose leicht geöffnet trägt, flattert im Wind und lässt die dunklen Brusthaare aus dem Revers hervorscheinen.
«Bonjour, Capitaine. Was darf ich Ihnen heute servieren?», fragt ein adrett gekleideter Kellner, der von rechts an den Tisch herantritt.
«Bonjour Francois. Bring mir bitte eine Bouillabaisse und einen Sauvignon Blanc», antwortet Lebrédonchel mit einem freundlichen Lächeln. Er reicht die Speisekarte an den Kellner, der sie sich unter den Arm klemmt, nachdem er dem Capitaine bestätigend zugenickt hat.
«Warum habe ich mir dieses Leben so lange Zeit aufgespart?», fragt sich Lebrédonchel in Gedanken. Er wendet den Blick wieder zum Meer, während er sich im Stuhl zurücklehnt.
Nach vielen zermürbenden Jahren bei der Police nationale in Paris ließ er sich vor wenigen Wochen zur Gendamerie nach Perpignon versetzen, um es ein wenig ruhiger anzugehen. Zurück in seinen Geburtsort im Südwesten Frankreichs unmittelbar vor der spanischen Grenze, den er damals eigentlich nie verlassen wollte. Doch dann ergriff ihn die Sucht nach Verbrechensbekämpfung und führte ihn in die französische Hauptstadt. In seiner Heimat läuft die Arbeit viel gemächlicher als in der pulsierenden Metropole. Niemand wird ihn hier in der wohlverdienten Mittagspause stören.