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Von der Strafe zur Motivation

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Aus der Bestrafung für Ungehorsam, dem Rohrstock und aus der Zuckertüte, der Belohnung für »richtiges« und »braves«25 Verhalten entwickelte sich durch wissenschaftliche Untersuchung und Experiment die wissenschaftliche Verhaltensbeeinflussung, der Behaviorismus, nach dem englischem Wort für Verhalten »behave«.

Am weitesten verbreitet und anerkannt unter den Motivationsmodellen ist immer noch das Motivationsmodell nach Skinner, basierend auf unzähligen Experimenten aus der Verhaltensforschung. (vgl. Abbildung 1.1)

Skinner unterscheidet positive und negative Verstärkung, also angenehme oder unangenehme Ereignisse oder deren Ausbleiben, aversive Reize, also Bestrafungen und den Entzug von Reaktionen mit dem Ziel der Löschung eines bestimmten Verhaltens. Letzteres baut darauf auf, dass sowohl Lob als auch Tadel Formen der Zuwendung sind. Klein-Lieschen wirft also auch schon mal eine Vase um, um wenigstens Schläge zu bekommen, weil sie unter dem Nicht-Wahrgenommen-Werden, dem Liebesentzug viel stärker leidet als unter einer Strafe.


Abbildung 1.1: Motivationsesel

Das Ganze wird in der Wirkung noch potenziert, wenn Strafe und Hoffnung unbestimmt bleiben, weil so alle eigenen und spezifischen Ängste in die Vorstellung von erwarteter Strafe oder Erfüllung einfließen.

Kurz gefasst wird zwischen intrinsischen, im Menschen liegenden Gründen für Handlungen, also hier Hunger und Angst und extrinsischen Motiven unterschieden, also ausserhalb von Menschen stattfindenden Gründen für Handlungen, hier Drohungen, Strafen und Versprechen und Belohnungen, Hoffnung.

Dabei gibt es eine Kooperation zwischen diesen Motiven. Drohungen sind wirkungslos, wo keine Angst ist und Versprechen sind wirkungslos, wo kein Hunger existiert. Motivation entsteht also aus der Wechselwirkung von intrinsischen und extrinsischen Motiven. Die Behauptung, dass intrinsische Motive stärker wirken als extrinsische hat ihre Wahrheit nur darin, dass intrinsische Motive lange Zeit und immer wieder vernachlässigt wurden und sich dann gewundert wurde, warum all die schönen Drohungen und Versprechungen nicht wirken.

Bildlich gesprochen, wenn der Esel die Möhre gefressen hat, braucht er nicht mehr hinter ihr herlaufen und wenn der Esel geprügelt wurde, weiß er, was Prügel sind und gewöhnt sich daran. Die ausgeführte Strafe und die erfüllte Hoffnung beendigen Motivation sofort.

Motivierend ist nicht der Prügel, sondern die Angst vor dem Prügel, nicht die Mohrrübe, sondern die Hoffnung auf die Mohrrübe. Prügeln und Füttern erweisen sich so bei näherer Betrachtung als zur Motivation untaugliche Techniken, welche nur zur Selbstbefriedigung der Prügelnden und Fütternden, zur Befriedigung ihres Machtbedürfnisses dienen.

In der Wirklichkeit der Motivation kommt es darauf an, durch gezielte Interventionen die Spannung zwischen intrinsischen und extrinsischen Motiven zu halten, aus der dann erst die gewünschte Bewegung entsteht.

Andere Motivationsmodelle, wie die hierarchische Bedürfnispyramide von Abraham Maslow oder die Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg (Motivatoren und Hygienefaktoren) unterscheiden noch genauer die Wirkungsmechanismen von Motivatorengruppen und deren innere Abhängigkeit. Diese Theorien wie ihre Kritik, sie gelten als empirisch nicht belegbar, sind sehr gut und leicht zugänglich dokumentiert. Ich verzichte deswegen hier auf eine ausführliche Darstellung dieser Theorien.

Interessant sind die Grundmotive nach McClelland. McClelland liefert eine biomedizinisch begründete Grundlage für Motivationstheorien, welche auf der Unterscheidung von intrinsischen und extrinsischen Antrieben beruhen. Ihm ist es an der Harvard Medical School gelungen, nachzuweisen, dass die Anregung dieser Motive mit der Ausschüttung bestimmter Neurotransmitter verbunden ist:

Motive, Wünsche, HoffnungenÄngste, Befürchtungen
Zugehörigkeit (Sicherheit, . . . Zuwendung, Geborgenheit, Freundschaft)→ Beitrag beachten, integrierenunbeliebt, zurückgewiesen,isoliert, ausgeschlossen, alleingelassen.Gefühl: Wertlosigkeit
Macht (Kontrolle, Dominanz, Bedeutung, Status, Einfluss,Kampf, Wettbewerb)→ in Entscheidungen einbinden. . .Kontrollverlust, unwichtig, abhängig, unbedeutend, missachtet.Gefühl: Ohnmacht
Leistung (Erfolg, Fortschritt, Kreativität, Abwechslung, Neugier, Fantasie)→ Leistungen anerkennen. . . unfähig, schwach, erniedrigt, nutzlos, dumm, »Verlierer«, »Versager«.Gefühl: Versagen
Tabelle 1.1: Grundmotive nach McClelland mit besonders starkem Einfluss auf das Verhalten

•im Falle des Zugehörigkeitsmotivs sei es das Dopamin,

•Im Falle des Machtmotivs sei es Epinephrin und Norepinephrin,

•bei Anregung des Leistungsmotivs würden Vasopressin und Arginin ausgeschüttet.

Die Darstellung von Zusammenhängen zwischen biopsychologischen Gehirnfunktionen und Motivation für Lernen ist von Manfred Spitzer popularisiert worden. Spitzer legt besonders viel Wert auf die biochemischen Zusammenhänge von Gehirnfunktion, Emotionen und Motivation. Insbesondere die Bedeutung von Ängsten bei der Zerstörung von Kreativität wird von ihm engagiert dargestellt.

Das Problem ist, wenn Lehr- und Führungskräfte ihre Lust, ihre Identität und ihren Statusgewinn gegen die Lernenden und Mitarbeiter entwickeln wollen, statt mit ihnen.

In der dem vorliegenden Buch zugrundeliegenden Vorstellung von den Hebeln der Motivation entspricht

•Zugehörigkeit der Identität,

•Macht der Lust und

•Leistung dem Status.


Abbildung 1.2: Status-Lust-Identität

Nach meinem Eindruck haben sich Reformschulen, wie die Jena-Plan Schulen und viele Grundschulen bereits auf hohem Niveau an die Gestaltungsnotwendigkeiten, die sich aus dieser Motivationsstruktur ergeben, angepasst. Die übliche Kritik an Schule als Repressionsinstrument ist, zumindestens in Deutschland, nicht mehr angebracht und bei Weitem differenzierter zu führen.

Status – Lust – Identitaet

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