Читать книгу Status – Lust – Identitaet - Bernd Floßmann - Страница 5

Vorwort

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Dieses Buch enthält neben praxisorientierter Theorie zu den Hebeln der Beeinflussung von Motivation eine Auswahl von Lernmethoden, Lernspielen und Anweisungen aus meiner Praxis. Ich habe versucht, vor allem die Techniken und Theorien, praktischen Erfahrungen und Tricks vorzustellen, mit denen ich in meiner Lehrtätigkeit die besten Erfahrungen habe. Die Methoden wurden selbstverständlich nicht alle von mir entwickelt. Quellen sind im Literaturverzeichnis zu finden.

Dieses Buch stellt einen eher philosophierenden Zugang zu Lernen und Führen zur Verfügung. Damit unterscheidet es sich von den üblicherweise psychologisierenden oder pädagogisierenden Büchern, aber auch von den trickreichen technischen Anleitungen oder den ökonomisch-betriebswirtschaftlichen Abhandlungen zum Thema.

Herrschaftstechniken wie Lehrtechniken erweitern ihre Arsenale ständig mit der Entwicklung neuer Erkenntnismodelle durch die Entwicklungen der philosophischen Erkenntnistheorie, der Soziologie, der Phänomenologie, der Psychotherapie, der Psychologie, aber auch der Naturwissenschaften. Moderne Lehr-, Führungs- und Herrschaftstechniken haben vieles aus diesen Fächern geborgt. Das religiöse wie das philosophische Menschenbild sind entscheidend für das Herangehen an Lehren, Herrschen und Führen. Es ist auffällig, dass trotz der riesigen Menge an Veröffentlichungen über die Grundhaltungen dreier Philosophen noch nicht wesentlich hinausgegangen wurde, Platons Sokrates, Aristoteles und Immanuel Kant haben die geistige Grundlage gelegt für alle modernen pädagogischen Theorien oder Führungslehren. Hegel, Marx, Kierkegaard und Heidegger werden verehrt, aber nicht oder kaum angewandt. Marxistische Pädagogik ist seit dem Niedergang des sozialistischen Weltsystems völlig aus der ernstzunehmenden Literatur, soweit ich sie kenne, verschwunden oder taucht unter anderem Namen, zum Beispiel der kritischen Theorie der linksorientierten Frankfurter Schule, verschiedener systemtheoretischer Ansätze oder ökonomistischer Theorien wieder auf. Behavioristisches Motivieren folgt Erfahrungen aus Experimenten der Forschungskreise um Skinner, Pawlow und Watson. Neurolinguistisches Programmieren (NLP) ist eine Zusammenfassung erfolgreicher psychotherapeutischer und hypnotherapeutischer Techniken des Gestalttherapeuten Fritz Perls, der Familientherapeutin Virginia Satir und des Hypnotherapeuten Milton H. Erickson. Suggestopädie oder Hyperlearning nach Lozanov sowie die biologistischen Vorschläge von Manfred Spitzer sind beeinflusst durch die moderne Gehirnforschung. E-Learning und Blended Learning sind beeinflusst durch die Entwicklungen in der Technik, insbesondere von Computern und Datennetzen.

Marxistische Theorien betonen die Bedeutung der Gestaltung ökonomischer und technischer Bedingungen für die Entwicklung von Lernen und Führen. Feministische Theorien decken die einseitige Vorherrschaft männlicher Denksysteme auf. Psychologische und psychotherapeutische Zugänge zum Lernen finden sich vor allem in den Randbereichen der Pädagogik, der Hochbegabtenförderung und in der Benachteiligtenförderung. Auch wenn Psychologen und Psychotherapeuten einander gelegentlich die Kompetenz absprechen, findet sich in den von ihnen verwendeten Techniken jedoch sehr viel Material für Lehr- und Lerntechniken. Besonders hervorzuheben ist hier der Ansatz der hypnotischen Sprachmuster von Milton Erickson und der Körper- und Bewegungsansatz von Virginia Satir, der vor allem in der Familienaufstellung und der Skulptur angewendet wird. Dabei ist jedoch immer darauf zu achten, dass im Gegensatz zur autoritativen Art und Weise wie Bert Hellinger diese Techniken anwendet, Interpretation, persönliche Integrität und Freiheit immer auf der Seite der Teilnehmer und Teilnehmerinnen zu bleiben haben.

Viele Lernhindernisse und Spannungen lassen sich mildern oder gar positiv ausnutzen, wenn die psychische Seite behutsam und voller Zuneigung zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern berücksichtigt wird. Natürlich soll die Therapie Sache der professionellen Therapeuten sein und bleiben, Lernen hat aber auch immer eine therapeutische Komponente und diese muss zumindest bewusst sein und berücksichtigt werden. Deshalb fliessen Techniken aus dem Konvolut des Neurolinguistischen Programmierens behutsam in die Gestaltung von teilnehmerzentrierten Lernsituationen ein.

Virginia Satir hat dazu ihre Grundhaltung in den »Fünf Freiheiten« ausgedrückt, zu denen sie ihren Patienten verhelfen wollte:

• Die Freiheit zu sehen und zu hören, was im Moment wirklich da ist - anstatt das, was sein sollte, gewesen ist oder erst sein wird.

•Die Freiheit, das auszusprechen, was ich wirklich fühle und denke und nicht das, was von mir erwartet wird.

•Die Freiheit, zu meinen Gefühlen zu stehen und nicht etwas anderes vorzutäuschen.

•Die Freiheit, um das zu bitten, was ich brauche, anstatt immer erst auf Erlaubnis zu warten.

•Die Freiheit, in eigener Verantwortung Risiken einzugehen, anstatt immer nur auf ›Nummer sicher zu gehen‹ und nichts Neues zu wagen.1

Weiter sind der Ansatz von Jaques Lacan zum Spiegelstadium2 und zum Begehren und die Freudschen Ansätze zur Lust, zur Übertragung und zur Neurose eingeflossen. Von Lacan ist besonders die Unterscheidung von Realem, der Differenz zwischen bisher gekonntem und realem Können, die unfassbare und unerwartete Realität, von Imaginärem, in inneren Bildern vorliegendem Selbstbild, die Vorstellungswelt und Symbolischem, der erlernten und geübten Sprache, den Zeichen, dem Verhältnis und der Verwirrung von Signifikanten und Signifikaten für meine Lehre bedeutsam.

Weitere Einflüsse sind in diesem Buch mit dem Ansatz der Themenzentrierten Interaktion (TZI) von Ruth Cohn, der Transaktionsanalyse von Eric Berne und der Theorie der bio-psycho-sozialen Einheit Mensch von Karl-Friedrich Wessel zu finden.

Im Führungsprozess wie im pädagogischen Prozess unterscheiden Rubner/Rubner37 fünf typischen Gruppenphasen:

1 Die Phase der Orientierung

2 Die Phase des Kampfes und der Flucht

3 Die Phase der Interdependenz

4 Die Phase des Vertrauens

5 Die Phase des Übergangs

In ihrer weiteren Forschung fügen Rubner/Rubner zwischen die erste und die zweite Phase noch eine weitere Phase ein, die Phase der Annäherung und Zusammenarbeit. Nach meiner Ansicht wird diese Phase aber durchaus ausreichend mit der zweiten und dritten Phase repräsentiert. Ich korreliere daher fünf Phasen mit diesen Hauptmotivatoren:

1 Kontakt

2 Status

3 Lust

4 Identität

5 Transfer.

Diese fünf Phasen bilden die Struktur dieses Buches, ergänzt durch philosophische, pädagogische und psychologische Grundlagenkenntnisse und Methoden zur Gliederung von Prozessen und Basisfertigkeiten, ohne welche jede Führung und jede pädagogische Intervention zum Scheitern verurteilt ist.

Status – Lust – Identitaet

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