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Die Hebel der Motivation

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Für erfolgreiches Lernen und Arbeiten sind fünf Elemente wirksam. Das erste Element ist der Kontakt (phatisch, metasprachlich), das zweite der Status (kontextuell), das dritte die Lust (emotiv), das vierte die Identität (selbstreferentiell) und das fünfte der Transfer (konativ).

Im Kontakt, dem phatischen Teil der Kommunikationsprozesse, von denen Lernprozesse Sonderfälle sind, liegt der Mechanismus verborgen, welcher uns Aufmerksamkeit beschert, die Bereitschaft, zuzuhören. Der metasprachliche Bereich der Kommunikation ist die Einigung auf Sprache und Symbolsystem, auf den Code, in dem gesprochen wird. Dieser Teil eines Kommunikationsprozesses, enthält Sprechakte, welche keine Inhalte enthalten, etwa: »Hi, wie geht’ s? Alles klar? Gutes Wetter heute?«. Es ist das einfache »Hallo?«, »Verstehst du mich?«, »Mein Akku ist bald alle!« am Telefon, mit dem klargestellt wird, in welcher Sprache kommuniziert werden soll, dass die technischen Bedingungen der Kommunikation für eine gewisse Zeit gegeben sind.

Selbst Diskussionen um zum Beispiel Fußballspielstände, welche ja eigentlich jederzeit in jeder Zeitung nachgelesen oder im Internet nachgeschlagen werden können, sind nur zum Schein inhaltsorientiert, sie sind im Wesentlichen phatisch. Der phatische Teil der Kommunikation erfüllt eine soziale Funktion, er legt persönliche Grundbotschaften fest:

•Du bist da, ich sehe dich!

•Du bist wertvoll und wichtig!

•Du bist besonders und einzig!

•Du gehörst dazu, du bist am richtigen Platz!

•Du hast etwas beizutragen!

Sind diese Grundbotschaften verkündet und abgesichert, kann erst der inhaltliche Teil des Lern- beziehungsweise Kommunikationsprozesses beginnen, nicht vorher.

Dieser inhaltliche Teil ist an drei Grundwerte jedes Menschen gebunden und wird durch die lernenden Individuen jederzeit vom Standpunkt dieser Grundwerte gewichtet:

•Führen die Informationen zu einem Statusgewinn?

•Führen die Informationen zu einem Lustgewinn?

•Führen die Informationen zu einem Identitätsgewinn?

Werden diese Fragen positiv beantwortet, wird der Inhalt aufgenommen und die Menschen sind bereit, sich auf den Transfer des Gelernten in ihre Wirklichkeit einzulassen, realen Nutzen aus dem neuen Wissen zu ziehen.

Ein gutes Beispiel für diese Zusammenhänge sind Fußballfans:

Status

Es gibt ein streng hierarchisches System von Regionalligen, Liga, Oberliga und Bundesliga 1 und 2. Je nachdem, mit welchem Verein ich sympathisierte, färbt der Status dieses Vereins, Aufstieg und Abstieg, auf meinen Status ab. Ich selbst kann in einer Mannschaft spielen und dort verschiedene Ränge einnehmen. Der Fan kann die Tabellen auswendig lernen und Hierarchien aufzählen. Er verfügt über einfache Systeme, in denen Wissen über die Fußballvereine katalogisiert werden kann. Auch das System der Statussymbole, welche seine Helden verwenden und die er kopieren kann, ist bedeutsam für unseren Fan. Die Fußballfans vor dem Fernseher, der Leinwand oder im Stadion befinden sich zudem auf der Metaposition des Beobachters, der kontemplativen, überlegenen, quasi göttlichen Meta-Macht-Position des Wissenschaftlers, der die Welt von außen betrachtet ohne wirklich eingreifen zu können, aber alles in seiner inneren Welt mitspielt. Führ unsere Lerner ist es bedeutend, nicht nur sich in ein bestehendes Hierarchiesystem kontextuell einzuordnen und in ihm zu bewegen, sondern auch zu lernen, wie sie aktiven Einfluss auf ihre Stellung in der Hierarchie einnehmen können.

Lust

Das Treten gegen einen Fußball, die Spannung während des Spiels, das Lösen der Spannung, wenn ein Tor fällt, die Geschicklichkeit beim Annehmen des Balls, das Mitfühlen bei der Beobachtung des Spiels, große Emotionen des Sports, Knaller und Raketen, alles das sind Spannung und Aufregung aufbauende und lösende, damit Lust auslösende Faktoren. Wenn der Fuß des Spielers gegen den Ball trifft, zuckt auch der Fuß des Fans und wenn der Ball daneben geht, sinkt auch der Fan erschüttert zu Boden. Dazu kommt das Saufen und Grölen, ebenfalls Lustfaktoren und, leider, auch die Gewalttätigkeit der Hooligans, der das Ersatzeingreifen, das auf dem Fußballfeld nicht möglich ist, als Gewalt gegen Andersdenkende nach außen trägt.

Wenn Menschen sagen »Ich habe keine Lust!«, dann ist das ein Hinweis. Am Beginn des Industriezeitalters, in dem die Arbeitszeit von der Freizeit gewaltsam getrennt wurde, wurde auch die entfremdete lustfeindliche Arbeit in der Fabrik, dem Büro von der lustvollen Selbstverwirklichung in der Freizeit, dem Hobby, dem Kleingarten getrennt. Dass Arbeit keinen Spass machte, galt geradezu als Eigenart dieser Arbeit, schließlich wurde man ja dafür bezahlt. Natürlich gilt das in der modernen Wissensgesellschaft nur noch marginal. Arbeit und Freizeit, entfremdete und selbstbestimmte Arbeit fließen wieder zusammen.

Identität

Ein flüchtiger Blick auf einen Fußballfan oder einen Fan-Shop zeigt, wozu ein Mensch bereit ist, um seine Identität mit Hilfe der Symbole seines Klubs zu demonstrieren, da wird sich mit bestimmten Farben das Gesicht und andere Körperteile bemalt, zahllose Schals, T-Shirts und Hosen werden übereinander gezogen, Frisuren kopiert, Zeitungen gehalten und gelesen, Fachbegriffe benutzt, sich als Teil einer größeren Gemeinschaft an der Laola-Welle beteiligt. Alles um zu zeigen: Ich gehöre dazu, Ich bin = X Fan. Als Fan ist unser Teilnehmer plötzlich etwas. Auf der anderen Seite der Gleichung Ich = ? wird das Fragezeichen durch harte Fakten ersetzt. Teilnehmer und Teilnehmerinnen denken immer über sich nach, sie sind selbstreferentiell: »Wer bin ich? Was bringt mir das? Ich bin Tischler, wer ist mehr!«

Transfer

Und wie ist das nun mit dem Leben zwischen den Fußballspielen? Gibt es einen Transfer ins wirkliche Leben? Erhalten sich die Botschaften des Fußballspiels auch außerhalb des Referenzsystems »Fußball«? Nun, es gibt bekanntlich eine komplette Fußballkultur und Fußballwirtschaft. Es wird viel Geld verdient. Aber auch persönlich kommt für unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer was heraus. Sie erlernen, mit Frustration umzugehen, mit Erfolgen, Neid, sie spielen selbst Fußball, sie erlernen nicht nur die Zahlen, Daten und Fakten, sie lernen auch, sich Zahlen, Daten und Fakten zu merken und diese zu reproduzieren. Es ist ein wesentlicher Bestandteil des Lernprozesses, den Wechsel des Kontextes vom Spiel in die Arbeitswelt, von der Schule in die Werkstatt, von der geschützten Atmosphäre der Lerninstitution in die raue Welt des Unternehmens vorzubereiten und zu unterstützen.


Abbildung 1.3: Status-Lust-Identität-MindMap

Status, Lust und Identität sind in der Wirklichkeit Ungetrenntes. Das heißt, dass jede Veränderung in der Identität eine Statusveränderung und einen Lustausstoss zur Folge hat, dass jede Statusveränderung eine Veränderung der Identität und einen Lustausstoss und dass jeder Lustgewinn oder jeder Lustverlust (Frust) eine Statusveränderung und eine Identitätsveränderung nach sich zieht.

Status, Lust und Identität können zwar unabhängig voneinander gedacht werden, aber nicht unabhängig voneinander existieren. Die Methoden in diesem Buch stimulieren oft die eine Seite der Motivation, um die andere Seite zu verändern.

Status – Lust – Identitaet

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