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Der Tod des Max Wollf

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Max Wollf war mehr als ein Untermieter im Hause Schön gewesen; er war auch ein langjähriger Freund der Familie und hatte insbesondere den »Nachzügler« Helmut heranwachsen und populär werden sehen.

Die antisemitischen Gesetze der Nazis hatten ihn und seinen Bruder Julius Ferdinand um ihre leitenden Stellungen bei den »Dresdner Neuesten Nachrichten« gebracht. Julius Wollf hatte bereits am 31. März 1933, einen Tag vor den ersten Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte, die Schriftleitung der Zeitung niederlegen müssen. Dass er sich schon vor Jahren hatte evangelisch taufen lassen, spielte für den NS-Rassenwahn keine Rolle. Die Brüder erlebten die täglichen Schikanen, denen Juden im »Dritten Reich« ausgesetzt waren. Sie mussten mitansehen, wie 1938 in der Reichspogromnacht auch die berühmte Semper-Synagoge den Flammen zum Opfer fiel; SS- und SA-Horden verhinderten, dass die herangerückte Feuerwehr den Brand löschte. Der endgültige Abriss der Ruine wurde der jüdischen Gemeinde dann auch noch in Rechnung gestellt.

Vor 1933 hatten Juden im kulturellen und wirtschaftlichen Leben der Stadt eine bedeutende Rolle gespielt. »So fanden sich zum Beispiel im Bankgewerbe und in der damals stark vertretenen Zigarettenindustrie viele jüdische Gründungen. An der Technischen Hochschule Dresden lehrten jüdische Wissenschaftler von internationalem Rang wie Richard Edler von Mises, Victor Klemperer, Gustav Eduard Kafka oder Harry Dember«, hieß es in einem von der jüdischen Gemeinde 1994 herausgegebenen Erinnerungsbuch.

Unmittelbar vor Hitlers Machtübernahme lebten rund 5.000 Juden in Dresden. Ihre Deportationen begannen im Herbst 1938; zugleich erlebte die jüdische Gemeinde den Exodus derer, die noch eine Möglichkeit zur Emigration gefunden hatten. Im Mai 1939 war der Bevölkerungsanteil auf 1.600 Juden geschrumpft, die nun immer massiveren Repressalien ausgesetzt waren: Zwangsarbeit, Umsiedlung in Judenhäuser, Tragen des gelben Davidsterns. Auch Max Wollf musste aus der Struvestraße 38 ausziehen. Laut Helmut Schön diente den Behörden als Vorwand, es könne ansonsten der Eindruck entstehen, er lebe in »Rassenschande« mit Schöns Schwester Helene. Max Wollf kam im Haus seines Bruders in der damaligen Palaisstraße (heutige Franz-Liszt-Straße) unter; Helene traf ihn manchmal heimlich im väterlichen Geschäft, um ihm Nahrungsmittel oder Geld zuzustecken.

Im Januar 1942 begannen für die Dresdner Juden die großen Transporte, über Riga oder Lodz in die Vernichtungslager. Der 62-jährige Max Wollf sah für sich wohl keinen Ausweg mehr. Er nahm sich am 20. Januar mit Tabletten das Leben. Fünf Wochen später wählten auch sein Bruder, Prof. Julius Ferdinand Wollf, sowie dessen Ehefrau Johanna den Freitod. Die drei Schwestern der Wollf-Brüder beschritten den gleichen Weg. Angesichts bevorstehender Deportationen begingen Klara (Juli 1942), Frieda (Juli 1942) und Rosalie (März 1944) Selbstmord. An alle fünf Geschwister Wollf erinnern heute Stolpersteine vor ihrem Geburtshaus Friedrichstraße 10 in Koblenz.

Für Helmut Schön hatte Max Wollf einen Brief hinterlassen. In seiner Autobiografie zitierte Schön beeindruckende Passagen daraus: »Mein lieber Helmut, empfange zu Deiner Vermählung meine allerherzlichsten Glückwünsche. Möge der Himmel Dir und Deiner Frau nur Gesundheit und Glück bescheren und in Eurer Verbindung sich alle Wünsche und Hoffnungen erfüllen, die Ihr damit verknüpft. Es ist für mich ein eigenartiges Gefühl, daß das Kerlchen von einst, das ich noch vor mir sehe und singen höre, heute ein Mann ist, der heiratet. Ich bitte Dich und Deine junge Frau, von mir ein Kommodchen anzunehmen und zur Erinnerung an mich ihm in eurer Wohnung Platz zu gewähren. […] Ich lasse es noch vom Tischler in einwandfreien Zustand bringen, und es wird fertig sein, wenn Ihr in Eure Wohnung einziehen könnt.«

Bei dem »Kommodchen« handelte es sich um eine schöne Barockkommode. Helmut Schön konnte sie auf seinem weiteren Lebensweg stets mit sich nehmen; sie stand schließlich auch in seinem Bungalow in Wiesbaden. Später hat sie sein Sohn Stephan übernommen und bezeichnet sie heute als »ein mir sehr kostbares Erinnerungsstück«.

Helmut Schön

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