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DER WANDLER

Montag. Aber nicht irgendein Montag, sondern Rosenmontag. Eine Stadt in Nordrhein-Westfalen. Aber nicht irgendeine Stadt, sondern Köln. Diese Stadt ist weit entfernt vom Normalbetrieb. Ein Wunder, dass noch Flugzeuge starten und landen. Aber der Flughafen ist ja auch noch weit entfernt vom Stadtzentrum.

Ein Schweizer. Aber nicht irgendein Schweizer, sondern Bernhard Schweizer. Berater? Eher ein Begleiter. Und schon gar kein Unternehmensberater. – Himmel! Wäre er sonst am Rosenmontag nach Köln geflogen?

Bernhard Schweizer liebt seinen Beruf. Auch wenn nicht wenige in ihm fälschlicherweise einen Unternehmensberater sehen. Vielleicht, weil sie es nicht besser wissen.

Bernhard ist jedenfalls kein Unternehmensberater, sondern Organisationsentwickler. – Unternehmensberater? Coach? Trainer? Consultant? Organisationsentwickler? – Ein Dilemma? Irgendwie schon. Denn was ein Berater ist, lässt sich ja schon schwer erklären. Kein Wunder also, dass Bernhard immer wieder in Erklärungsnot gerät, wenn ein Aussenstehender nach seinem Beruf fragt, wissen will, was ein Organisationsentwickler ist beziehungsweise was dieser macht. Und: Wie soll man jemandem dazu noch erklären, warum ein Organisationsentwickler ausgerechnet am Rosenmontag zu einem Kundentermin fliegt? Dazu nach Köln.

In der Stadt fliegen bunte Kamellen und Konfetti auf Karnevalisten und farbenfrohe Kostüme. Alles Verrückte? Alles normal für den, der den Karneval kennt. Der normale Mensch braucht den Karneval, behauptet der Kölner Psychotherapeut Wolfgang Oelsner, der den Karneval sehr gut kennt. Er erforscht seit Jahren die Psychologie des jecken Treibens. Er gilt als Karnevalsexperte. Man nennt ihn hier sogar den Karnevalsphilosophen. Er nennt den Karneval «eine grandiose Reduzierung und Vereinfachung der Welt», die der Mensch brauche «als andere Begegnung mit dem Alltag». 2 Karneval also als Flucht aus der komplexen Erwachsenenwelt?

Fluchtgedanken hat Bernhard auch gerade. Denn Karneval ist eigentlich so gar nicht sein Ding. Aber dann hält ihn, neben seinem Kundentermin, ein interessanter Gedanke fest: Karneval ist ein Wendefest. Der karnevalistisch-orientierte Mensch switcht am Donnerstag vor dem langen Karnevalswochenende vom Alltagszustand in den Ausnahmezustand. Fünf Tage taumelt er zwischen höchster Glückseligkeit und ascheschwarzem Abgrund. Denn gewiss ist: Der Aschermittwoch, an dem alles vorbei sein wird, kommt garantiert. Es ist der Tag, an dem die Karnevalistenseele wieder zurück von Ausgelassenheit auf – im wahrsten Wortsinn – nüchterne Realität schalten muss. Das Fest ist vorbei.

Hätte Bernhard nicht ausgerechnet am Rosenmontag Kölner Boden betreten, hätte er sich die weiteren Gedanken wahrscheinlich gar nicht gemacht. Köln sei Dank. In Köln sah er plötzlich eine Möglichkeit, wie er seinen Job in Zukunft grandios vereinfacht erklären könnte. Dort ist ihm klar geworden, dass seine ganze Tätigkeit im Ergebnis nichts anderes ist als nachhaltiger Karneval. – Ja, Sie lachen. Mit Recht. Und er sagt es deshalb mit einem deutlichen Augenzwinkern und hat – heureka – die einfache Erklärung:

Das zentrale Thema seines Schaffens ist die Wendung, der Wandel durch Veränderung zur Entwicklung. Und das Ziel am Ende lautet stets: mehr Kompetenz in puncto Dienstleistung und Dienstleistungsmanagement. Und dieses Ende ist nicht wie im Karneval der Tag, an dem alles vorbei ist. Es ist der Tag, an dem alles anfängt. Ab diesem Tag beginnen vormals kundendesorientierte und kundenuninteressierte Mitarbeiter, ihre neu entdeckte Fähigkeit, sich leidenschaftlich kundenorientiert und gastfreundschaftlich zu geben, selbstständig umzusetzen. Denn sie haben sich gewandelt. Und jeder Kunde wird fortan bei jedem Kontakt mit einem Repräsentanten dieses Unternehmens echte Dienstleistungskompetenz erleben und diese positiv erinnern. Und zwar nachhaltig.

Denn anders als beim zeitlich begrenzten Karneval, der genau genommen ein doppeltes Wendefest ist, führt bei Bernhards Methode kein Weg zurück in ursprüngliche Verhaltensmuster. Am Ende der tollen Tage muss sich der Jeck wieder zurückverwandeln, er muss sein Kostüm ablegen und wieder normal sein.

Nicht so bei Bernhard. Der Mitarbeiter, der seine bis dato kontraproduktiven Verhaltensweisen dem Kunden gegenüber abgelegt hat, wird seine neuzugelegte Fähigkeit ab sofort mit Überzeugung tragen. Er wird sie als neue Normalität akzeptiert haben und wie selbstverständlich leben. Denn nun sieht er einen Sinn in seinem Tun, der darin besteht, dass er seinen Kunden Glück oder Freude oder Erfolg oder Zufriedenheit oder alles zusammen beschert.

Und was ist mit Bernhard? Durch diese denkwürdige Rosenmontagserfahrung weiss auch er jetzt genau, was er den lieben langen Arbeitstag Sinnvolles macht.

Ich frage mich trotzdem: Warum versteht man sich selbst oft erst, wenn man sich anderen erklärt?

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