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b) Ausnahmen von dem Grundsatz

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Problematisch und hoch umstritten ist die Frage, ob in bestimmten Situationen Ausnahmen von dem Grundsatz der Unverletzlichkeit der diplomatischen Mission zuzulassen sind. Diesbezüglich sind drei Konstellationen zu unterscheiden.

Zunächst kann der Empfangsstaat durch seine Organe in Notsituationen zur Gefahrenabwehr das Gelände der diplomatischen Mission betreten wollen, ohne zuvor die Zustimmung des Missionschefs einholen zu können, z. B. um einen Brand in den Räumlichkeiten der Mission zu löschen. Nach einer Ansicht dürfte die Gefahrenabwehr im Interesse des Missionschefs liegen, so dass von dessen mutmaßlicher Zustimmung ausgegangen werden könne. Zudem spreche für die Zulässigkeit des Betretens, dass der Empfangsstaat gem. Art. 22 Abs. 2 WÜD verpflichtet sei, die Mission vor Beschädigungen zu schützen. Nach der Gegenansicht hat der Empfangsstaat dagegen auch in Notsituationen die Unverletzlichkeit der diplomatischen Mission zu achten, da das WÜD eine Regelung zur Gefahrenabwehr im Gegensatz zu Art. 31 Abs. 2 S. 2 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK) von 1963 (Sart. II, Nr. 326) gerade nicht enthalte. Es handele sich auch nicht um eine planwidrige Regelungslücke, das WÜD betone vielmehr bewusst die Unverletzlichkeit der Mission, um einem Missbrauch durch den Empfangsstaat vorzubeugen.

Ebenfalls hoch umstritten ist, ob der Empfangsstaat auch dann die Unverletzlichkeit des Geländes der diplomatischen Mission achten muss, wenn aus der diplomatischen Mission heraus Straftaten oder gravierende Völkerrechtsverstöße begangen werden. Ein Beispiel bildeten Schüsse, die aus dem libyschen Volksbüro in London auf eine Gruppe regimefeindlicher Demonstranten im Jahr 1984 abgegeben wurden. Die Befürworter eines Eingriffsrechts verweisen darauf, dass in diesen Fällen zunächst der Entsendestaat gegen seine Verpflichtungen aus dem WÜD verstoßen habe. Der Unverletzlichkeit der diplomatischen Mission korrespondiere nämlich die Pflicht der Diplomaten des Entsendestaates, die Gesetze des Empfangsstaates zu beachten, Art. 41 Abs. 1 WÜD, und die Räumlichkeiten der Mission nur für zugelassene Handlungen zu nutzen, Art. 41 Abs. 3 WÜD (sog. Zweckentfremdungsverbot). Zum Teil wird aus diesem Grund sogar eine Verwirkung des Missionsstatus angenommen. Die Gegenansicht verweist auf die Gefahr, dass eine Versagung des Schutzes bei einer rechtswidrigen Nutzung dem Empfangsstaat ermöglichen würde, unter dem Vorwand rechtswidrigen Verhaltens jederzeit Zutritt zu den Räumlichkeiten der Mission verlangen zu können. Nach einer vermittelnden Position ist im Einzelfall eine Verhältnismäßigkeitsabwägung erforderlich, die bei schwerwiegenden Verletzungen eher zugunsten der Zulässigkeit eines Einschreitens ausschlagen wird, während der bloße Verdacht der Begehung von Straftaten in der Regel nicht genügt. Sollte nach einer entsprechenden Prüfung ein Eingriffsrecht abzulehnen sein, bleibt der Empfangsstaat auf die Sanktionen beschränkt, einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit dem Empfangsstaat vorzunehmen oder eine Abberufung des Missionschefs zu verlangen (s. bereits unter II. 3.).

Die dritte in diesem Zusammenhang zu nennende Konstellation bildet die Gewährung von Asyl auf dem Botschaftsgelände gegen den Willen des Empfangsstaates. Während es unzweifelhaft völkerrechtswidrig wäre, einer Person Schutz zu gewähren, die Straftaten im Empfangsstaat begangen hat, fällt die Beurteilung deutlich schwerer, wenn zugunsten politisch Verfolgter diplomatisches Asyl gewährt wird. Nach Ansicht des IGH (Urt. v. 20.11.1950, ICJ Rep. 1950, 274 [275 f.] – Asylum Case) ist die Gewährung diplomatischen Asyls als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Empfangsstaates anzusehen und daher nur dann zulässig, wenn ein berechtigender völkerrechtlicher Rechtssatz vorliegt. Neben der Möglichkeit einer ausdrücklichen Vereinbarung in einem völkerrechtlichen Vertrag wurde für Teile Südamerikas von einer entsprechenden Ermächtigung durch die Bildung regionalen Völkergewohnheitsrechts ausgegangen. Zu beachten ist allerdings, dass sich der Empfangsstaat im Falle einer unzulässigen Asylgewährung nicht gewaltsam Zutritt zu dem Missionsgelände verschaffen darf. Die Bedeutung des Grundsatzes der Unverletzlichkeit der diplomatischen Mission überwiegt in diesem Fall das Interesse des Empfangsstaates an der Festnahme der den Schutz der diplomatischen Mission suchenden Person.

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