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2. Begünstigtes Unternehmen
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Das Verbot staatlicher Beihilfen setzt voraus, dass Unternehmen oder Produktionszweige von staatlichen Maßnahmen betroffen sind. Das EU-Beihilfenrecht folgt dabei dem für das gesamte EU-Wettbewerbsrecht geltenden funktionalen Unternehmensbegriff. Als Unternehmen wird demnach jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung verstanden. Der Begriff der Produktionszweige wird ebenfalls weit ausgelegt. Er umfasst neben der Produktion von Gütern auch Wirtschaftszweige im Dienstleistungssektor und im Handel. Die betreffenden Unternehmen oder Produktionszweige müssen begünstigt worden sein. Eine Begünstigung i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV ist gegeben, wenn das die staatliche Leistung empfangende Unternehmen oder der Produktionszweig einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat, den es oder er unter normalen Marktbedingungen nicht erlangt hätte, ohne dafür eine angemessene Gegenleistung erbracht zu haben.
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Ob ein wirtschaftlicher Vorteil vorliegt, ist ebenfalls einer funktionalen Betrachtungsweise unterworfen. Ausschlaggebend für dessen Bestehen ist eine tatsächliche wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit der staatlichen Leistung, selbst wenn diese staatlicherseits nicht intendiert war. Damit können z.B. auch Quersubventionierungen von Unternehmen oder von Produktionszweigen Begünstigungen darstellen. Neben klassischen Beihilfen in Form von Subventionen führen aufgrund der funktionalen Betrachtungsweise auch sog. Verschonungssubventionen, welche etwa zur Verminderung einer Belastung eines Unternehmens oder eines Produktionszweiges durch Steuern oder sonstige öffentliche Abgaben führen, zu einen wirtschaftlichen Vorteil. Eine staatliche Zuwendung muss jedoch keineswegs monetär sein, um einen wirtschaftlichen Vorteil darzustellen. Sie kann vielmehr in jeglichem, die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens oder des Produktionszweiges verbessernden Vorteil bestehen, den das Unternehmen oder der Produktionszweig aus staatlichen Leistungen erlangt.
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Für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) hat der EuGH im Urt. v. 24.7.2003, C-280/00 – Altmark Trans –, Rn. 89–93 allerdings besondere Kriterien für die Prüfung des Vorliegens einer Begünstigung aufgestellt. Danach stellen staatliche Ausgleichsleistungen an Unternehmen für die Erbringung von DAWI keine Begünstigung und damit keine Beihilfen dar, wenn (1) das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung von DAWI betraut ist und diese Verpflichtungen klar definiert sind. (2) Es müssen die Parameter, anhand derer der staatlicherseits gewährte Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufgestellt sein. (3) Der Ausgleich darf nicht über das erforderliche Maß hinausgehen und (4) das ausgewählte Unternehmen muss effizient sein, d.h. es muss die DAWI mit den geringsten möglichen Kosten bei effektiver Leistungserbringung durchführen. Einzelheiten zur Auslegung der einzelnen Kriterien werden in der DAWI-Mitteilung der Kommission erläutert. Als Beitrag zur Vorhersehbarkeit der Prüfungspraxis der Kommission hat diese einen Unionsrahmen für DAWI erlassen, anhand dessen sie die Voraussetzungen prüft, die sich aus der Altmark-Trans-Rechtsprechung ergeben.