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3. Selektivität
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Staatliche Beihilfen sind nur dann nach Art. 107 Abs. 1 AEUV verboten, wenn sie nicht alle, lediglich eine Reihe von Unternehmen oder wenn sie nur bestimmte Produktionszweige begünstigen (Selektivität einer staatlichen Maßnahme). Dieses Merkmal grenzt eine (verbotene) staatliche Beihilfe von erlaubten, allgemein geltenden wirtschaftspolitischen Regelungen oder Maßnahmen eines Staates ab. Vom Beihilfenverbot sollen also nur Sonderunterstützungen des Staates erfasst sein, weil nur diese (potentiell) wettbewerbsverzerrende Wirkung entfalten. Selektivität kann sowohl in materieller als auch in territorialer oder zeitlicher Form vorliegen. Materielle Selektivität bezieht sich auf die Art der wirtschaftlichen Tätigkeit, die Unternehmenstypen oder auch die Größe von begünstigten Unternehmen. Territoriale Selektivität bezieht sich auf die geförderte Region. Sie kann z.B. vorliegen, wenn innerhalb eines Mitgliedstaates nur Unternehmen einer bestimmten Region begünstigt werden. In zeitlicher Hinsicht kann Selektivität bestehen, wenn bestimmte Unternehmen aufgrund einer Regelung früher begünstigt werden als die Gesamtheit der Unternehmen des Mitgliedstaates.
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Die Kommission prüft die Voraussetzungen für das Vorliegen der Selektivität einer staatlichen Maßnahme typischerweise in einem Dreischritt: Zunächst wird eine Referenzregelung identifiziert, die den Bezugsrahmen bildet, innerhalb dessen eine Ungleichbehandlung von Unternehmen oder Produktionszweigen untersucht wird. Wenn eine Ungleichbehandlung in dem unterstellten Fall bejaht wird, so ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich die Unternehmen bezogen auf das Ziel der Referenzregelung in einer vergleichbaren faktischen und rechtlichen Situation befinden. Kann auch dies bejaht werden, wird drittens untersucht, ob für die festgestellte Ungleichbehandlung eine Rechtfertigung besteht. Kann eine solche festgestellt werden, liegt eine tatbestandsmäßige Selektivität der staatlichen Maßnahme nicht vor. Eine derartige Rechtfertigung kann sich v.a. daraus ergeben, dass die gewährte Beihilfe mit der Natur oder mit der allgemeinen Struktur der Referenzregelung in Einklang steht.