Читать книгу Europarecht - Bernhard Kempen - Страница 210

e) Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO)

Оглавление

328

Von größter Bedeutung für die Anwendung des Beihilfenverbots in der Praxis ist die AGVO in der Fassung von Mai 2017. Durch sie werden bestimmte Gruppen von Beihilfen von der Notifizierungspflicht des Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV freigestellt. Diese Freistellung bedeutet, dass Beihilfen ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission von den Mitgliedstaaten gewährt werden dürfen. Die mittelgewährende Stelle in dem Mitgliedstaat muss die Voraussetzungen der AGVO im Wege der Selbsteinschätzung ex-ante prüfen. Die Kommission erhält lediglich Informationen über die dann gewährten Beihilfen, welche es ihr ermöglichen, ggf. eine Ex-post-Kontrolle durchzuführen. Zweck der AGVO ist es, eine Verfahrensvereinfachung herbeizuführen, indem diejenigen Beihilfen, von denen regelmäßig keine negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb im zwischenstaatlichen Handel erwartet werden, lediglich einer fakultativen Ex-post-Kontrolle unterworfen werden sollen. Damit soll es zum einen der Kommission ermöglicht werden, sich auf die Kontrolle solcher staatlichen Beihilfen zu konzentrieren, die potentiell besonders gravierende Auswirkungen auf den Wettbewerb haben. Zum anderen soll es Mitgliedstaaten ermöglicht werden, nach der AGVO unbedenkliche Beihilfen zügiger gewähren zu können. Aufgrund des erheblichen Umfangs der von der AGVO erfassten Beihilfen führt diese Verordnung de facto zu einem Paradigmenwechsel im Beihilfenrecht hin zu einem System der Legalausnahme. Die unterschiedlichen Beihilfegruppen sind in Art. 1 Nr. 1 AGVO festgelegt.

329

Eine Freistellung nach der AGVO erfolgt, wenn die betreffende staatliche Beihilfe alle allgemeinen Voraussetzungen des Kapitels I der AGVO sowie die besonderen, für die jeweilige Gruppe von Beihilfen geltenden Voraussetzungen des Kapitels III erfüllt. Jede Beihilfe muss hierzu (1) die in Art. 4 AGVO niedergelegten Anmeldeschwellen für die verschiedenen Gruppen von Beihilfen einhalten, (2) transparent sein, (3) einen Anreizeffekt besitzen und (4) die Vorgaben des Art. 9 AGVO zur Veröffentlichung der Beihilfe einhalten. Um Missbräuchen bei der Gewährung von Beihilfen unter Anwendung der AGVO vorzubeugen, sieht Kapitel II der AGVO Kontroll- und Sanktionsbefugnisse der Kommission vor. Insbesondere kann die Kommission gem. Art 10 AGVO einem Mitgliedstaat, der Beihilfen gewährt hat, die angeblich unter die AGVO fallen, ohne dass aber tatsächlich deren Voraussetzungen erfüllt sind, den Vorteil der Freistellung entziehen, so dass die Beihilfe dieses Mitgliedstaates wieder der allgemeinen Notifizierungspflicht unterliegt.

Europarecht

Подняться наверх