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I. Historische Entwicklung
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Die Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen wurde primärrechtlich (→ Primärrecht) erstmalig erwähnt im Vertrag von Maastricht (in Kraft getreten am 1.11.1993, → Europäische Union: Geschichte), nämlich in dessen Art. K.1 Nr. 7. Sie war Bestandteil der „Dritten Säule“, welche die intergouvernementale Zusammenarbeit im Bereich „Justiz und Inneres“ umfasste. Die Idee einer europäischen Koordinierungsstelle auf dem Gebiet der Justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen entstand allerdings erst während der Sitzung des → Europäischen Rats am 16.10.1999 in Tampere. Inzwischen war der Vertrag von Amsterdam in Kraft, aus dem Art. 31 EUV (Version nach Amsterdam) mit näheren Regelungen zur Justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen hervorgegangen war. Die Schaffung einer Koordinierungsstelle sah dieser jedoch auch noch nicht vor. Gleichwohl sollte es nach den Vorstellungen der in Tampere versammelten Regierungschefs den Staatsanwaltschaften der Mitgliedstaaten erleichtert werden, grenzüberschreitende Ermittlungen im Bereich der schweren organisierten Kriminalität zu führen. Außerdem sollten Rechtshilfeersuchen vereinfacht beantwortet werden.
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In der Folge wurde nach kontroversen Verhandlungsphasen schließlich mit dem Beschluss 2000/799/JI des → Rates (Ministerrat) vom 14.12.2000 eine sog. vorläufige Stelle zur Justiziellen Zusammenarbeit mit Sitz in Brüssel eingerichtet. Diese wurde auch „Pro-Eurojust“ genannt und arbeitete ausdrücklich übergangsweise bis Eurojust – hier erstmalig so bezeichnet – endgültig durch einen weiteren Beschluss eingerichtet würde. Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass drei Tage zuvor der Vertrag von Nizza (in Kraft getreten am 1.2.2003) verabschiedet wurde, durch den die Art. 29 und 31 EUV (Version nach Nizza) eine deutliche Erweiterung rund um Eurojust – hier auch primärrechtlich erstmals unter dieser Bezeichnung – erfuhren.
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Die mit Pro-Eurojust eingeleitete Übergangsphase war verhältnismäßig kurz. Bereits am 28.2.2002 (und damit in Vorgriff auf den erst knapp ein Jahr später in Kraft tretenden Vertrag von Nizza) verabschiedete der Rat den Beschluss 2002/187/JI über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität, der am 6.3.2002 in Kraft trat. Mit letzterem Datum wurde Eurojust als Stelle mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet, die (anders als Pro-Eurojust) ihren Sitz in Den Haag haben sollte. Dieser Eurojust-Beschluss wurde durch den Beschluss 2009/426/JI vom 16.12.2008 ergänzt und gilt einstweilen fort, auch wenn der nunmehr geltende Vertrag von Lissabon über Art. 85 Abs. 1 AEUV vorsieht, dass Aufbau, Arbeitsweise, Tätigkeitsbereich und die Aufgaben von Eurojust über → Verordnungen zu regeln sind.
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