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Anspannung – das können wir gut
ОглавлениеWenn wir eine Situation als fordernd oder gefährlich bewerten, aktiviert unser Körper seine Kräfte. Jeder kennt diese Spannung und das Prickeln, wenn man auf dem Fünf- oder Zehnmeterbrett im Schwimmbad steht und kurz davor ist zu springen. Man ist wach, alle Muskeln sind aktiv. Man fokussiert sich völlig auf die Situation.
In unserem Körper sind komplexe Prozesse dafür verantwortlich, dass wir solche Momente meistern können. Im weiteren Sinne hängen sie alle mit der Stressreaktion zusammen: Wir registrieren über unsere Sinne, dass eine fordernde Situation vorliegt. Unser Gehirn signalisiert dem Körper: Alle Kräfte auf Go! Über unser Nervensystem erreicht die Botschaft quasi jede Zelle unseres Organismus. Unser Herz schlägt schneller, Blutdruck und Muskelspannung steigen. In einer zweiten Phase der Stressreaktion kommt dann das bekannte Stresshormon Cortisol zum Zuge. Es sorgt dafür, dass unsere Muskeln noch besser mit Energie versorgt sind, und erhöht unsere Gehirnleistung. Schon kurz nachdem wir eine Herausforderung oder bedrohliche Situation wahrgenommen haben, sind wir deshalb bereit zu handeln – und auch, wenn wir längere Zeit gefordert sind, können wir weitere Kräfte mobilisieren.
In Urzeiten hat uns dieser Powertrick dabei geholfen zu überleben. Heute springen wir gespannt wie eine Feder und voller Energie vom Fünfmeterturm und tauchen kerzengerade ins Wasser ein. Oder wir meistern eine komplexe Präsentation im Job – und wir schaffen es noch pünktlich, die Kinder von der Kita abzuholen, obwohl wir superspät dran sind und dazwischen noch einkaufen waren.
Unser Geist unterstützt uns dabei, gerade unter Stress zielgerichtet und fokussiert zu bleiben. Die Stresssituation im Körper führt im Gehirn dazu, dass unsere Aufmerksamkeit sich völlig auf das Problem fokussiert. Wir schauen nicht mehr rechts und links, sondern nur noch geradeaus. Wir entscheiden sehr schnell, wie wir handeln. Häufig greifen wir dabei auf bereits erprobtes Handeln zurück. Deshalb wird der Sprung vom Brett beim zweiten Mal noch aufregend sein, aber kein totales Herzflattern mehr hervorrufen.
Auch unsere Gefühlswelt schwingt mit der Stressreaktion mit. Mit der Anspannung gehen Gefühle wie Aggression, Ungeduld und häufig auch kleinere oder größere Ängste einher. Diese eher negativ getönte Gefühlswelt hilft uns dabei – man könnte auch sagen, zwingt uns –, die Stresssituation zügig aufzulösen. Denn wir wollen nicht länger als nötig Ängste spüren, und auch Aggression ist letztlich nur ein Zeichen unseres Organismus, den Zustand der Bedrohung zu beenden. Negative Gefühle drängen uns dazu, die Herausforderung mit aller Kraft zu meistern.
WIE IST DAS BEI DIR?
Woran merkst du persönlich, dass du im Stressmodus bist? (Manche bekommen schwitzige Hände, Hitzewallungen oder Herzrasen. Manche spüren, wie Kampfgeist, Ungeduld oder Aggressionen aufsteigen.) Notiere deine typischen Zeichen für Angespanntheit. Am leichtesten ist das, wenn du dich einfach an einige Stresssituationen erinnerst, die kurz zurückliegen.
Je nachdem, wie hoch wir unsere Chancen einschätzen, dass wir die Situation meistern werden, kann der Stress dazu führen, dass wir eher kämpfen, versuchen, der Situation zu entfliehen, oder uns »tot stellen«, also wegducken und hoffen, dass alles von allein vorbeigeht.
Wie ist das bei dir? Zu welcher Reaktion neigst du im Stress? Gehst du die Dinge an? Neigst du zum Aktionismus? Oder erstarrst du innerlich? Fängst vielleicht an zu grübeln oder schiebst die Dinge auf?