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Der Rewrite
ОглавлениеEs mag einfach erscheinen, dennoch ist es erstaunlich, wie oft man auf die Ansicht trifft, ein Autor wäre schlichtweg so talentiert, mit dem ersten Wort seiner Geschichte anzufangen und sie in einem durch mit dem letzten Wort zu beenden. Fertig. Und bevor ich begann mich mit dem Schreiben zu beschäftigen, vertrat ich die gleiche Auffassung, dass es einzig und allein mit Talent zu tun hat, eine gute Geschichte zu erzählen.
Natürlich spielt Talent eine Rolle, auch wenn ich persönlich nicht an Selbiges glaube, wahrscheinlich aus dem Grund, dass ich keines besitze, dennoch erfordert es mehr bzw. sogar weniger eine gute Geschichte zu erzählen. Nämlich schlichtweg die Kenntnis der Fertigkeit. Eben, wie bei dem Zauberer, keine magische Kraft (Talent), sondern die Kenntnis über die Fertigkeit die Aufmerksamkeit des Publikums zu lenken oder besser gesagt abzulenken. Der Rewrite ist nichts anderes, als die Korrektur des einmal Geschriebenen, wieder und wieder und wieder und lässt sich daher vielleicht am besten als »Überarbeitung« übersetzten. Der Leser sieht dabei nicht den ersten Entwurf und auch nicht den zweiten oder dritten, sondern erst das Endresultat und stellt sich daraufhin die Frage, wie man auf so was kommt. Der entscheidende Faktor dabei ist die investierte Zeit. Was der Leser in wenigen Sekunden oder Minuten aufnimmt, ist das Resultat von Stunden, Tagen, Wochen und Monaten der Überarbeitung, wohlgemerkt nicht des direkten Nachdenkens oder der Überlegung, dergestalt, dass der Autor Stunden an beispielsweise einem Dialog überlegt, sondern das erneute Herantreten an diesen. Dadurch ist es nicht der erste Einfall, der dem Leser dargeboten wird, sondern der dritte, vierte, fünfte und sechste und daher für den Leser, der die Informationen in so kurzer Zeit aufnimmt, überraschend, unvorhersehbar und originell.
Wie im ersten Kapitel verdeutlicht und anhand von Viki Kings Ansatz »Schreiben Sie mit Ihrem Herzen, überarbeiten Sie mit Ihrem Kopf« erklärt, geht es beim Schreiben zu einem großen Teil darum, weiter zu schreiben und sich nicht aufhalten zu lassen, nicht während des Schreibens zu hinterfragen, um die Kreativität fließen zu lassen, ohne dass der rationale Verstand diese unterbricht. Daher gleichermaßen das Gegenteil der ominösen Schreibblockade, die nach wie vor schlichtweg nicht existiert. Es ist zumindest sehr viel einfacher, wenn nicht sogar der einzige Weg, etwas zu verbessern, sobald es einmal existiert und demnach muss erst einmal etwas geschrieben stehen, bevor man es verändern kann. Ansonsten existiert konstant nur der Ansatz zu einer Geschichte in Ihrem Kopf.