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Nun gut, Sie wollen schreiben!

Ich werde Ihnen keinerlei Übungen, wie z. B. das »Wild Writing« (wild niederschreiben, was einem gerade einfällt) geben. Ebenso gebe ich Ihnen keine Aufgaben, wie beispielsweise, schreiben Sie eine Kurzgeschichte über Ihren letzen Zahnarztbesuch. Ein Maler, der lernt, skizziert nicht seinen letzten Zahnarztbesuch, er studiert die Werke der Altmeister und versucht sie nachzuzeichnen. Sie brauchen Vorbilder!

Wer ist ihr Lieblingsautor und warum? Wie schreibt er?

Dabei empfehle ich gerne Charles Dickens oder Fjodor Dostojewski, da es tatsächlich sehr leicht fällt, in ihre Werke hineinzufinden. Für einen kürzeren Zeitaufwand bieten sich Kafkas Kurzgeschichten beispielsweise an oder auch die Gedichte von Berthold Brecht. Ergründen Sie, was Ihnen gefällt. Gerade in der Literatur ist es sehr viel einfacher zu analysieren, als im Film beispielsweise, der so schnell vorbeizieht. Das Wichtigste, und daher vor dem 2. Kapitel »Wie liest man?«, ist, schreiben Sie. Herr Gott, schreiben Sie!

Feedback ist gut, doch Näheres dazu später. Lesen Sie erst nach ein paar Tagen erneut, was Sie geschrieben haben. Verstehen Sie noch immer die Stimmung, die Umgebung und die Charaktere, ist dies ein gutes Zeichen. ABER lesen Sie NIEMALS, während Sie schreiben!

Die einzige »Entschuldigung« dafür ist, wenn Sie den Namen eines Charakters vergessen haben. Manchmal weiß man auf Seite 50 nicht mehr, wie der Charakter auf Seite 10 hieß, vorausgesetzt man hat sich kein extra Dokument für Notizen angelegt und die Info auch notiert, aber man braucht ihn jetzt, warum?

Weil der Kopf es so schreibt. Folgen Sie Ihrem Kopf! Der Kopf sagt: »Da trifft er/sie diesen Charakter wieder.«

In diesem Fall und NUR in diesem Fall schauen Sie nach, wie er hieß und welche Haarfarbe er hatte. Der Leser sieht das nicht. Aber schreiben Sie, auch wenn es ihnen nicht gefällt, auch wenn es keinen Sinn macht. Dafür ist später Platz im »Rewrite«. Nicht jetzt? Warum?

Das Einzige, was Sie daraus gewinnen können, alle paar Zeilen später zu überprüfen, was Sie bisher geschrieben haben, ist: Dass es ihnen JETZT nicht mehr gefällt und Sie sich fragen, was das Ganze soll. Ergo Ablenkung und/oder die Entschuldigung zur Schreibblockade (es gibt sie nicht!)

Es gibt keinen Grund, warum Sie nicht weiter schreiben sollten.

»Was er sagt, find' ich albern.«

Dies fällt in die Kategorie des »Rewrite«.

»Ich weiß nicht, wo das hin soll oder führt.«

Nun, indem Sie vor dem Bildschirm oder dem leeren/halben Blatt sitzen, werden Sie das auch nicht herausfinden. Ebenso geleitet Sie das erneute Lesen nicht wieder in den Fluss, im Gegenteil, es unterbricht ihn. Denn, tun Sie dies nach jedem Absatz, wird Ihnen nach und nach in den vorherigen Absätzen etwas auffallen, das Ihnen nicht zusagt und Sie fangen an, im Text herumzudoktern. Wenn ein Chirurg während der Operation plötzlich wieder seinen ersten Schnitt hinterfragt ... ich führe es mal so aus, dann möchte ich nicht auf dem Operationstisch liegen.

Das heißt, wenn Sie plötzlich während des Schreibens Ihren zweiten Absatz ändern, passt etwas im dritten oder fünften plötzlich nicht mehr und Sie werden versuchen dies zu beheben. Dies führt zwangsläufig nicht dazu, dass Sie weiter schreiben, sondern bringt Sie direkt in die abwärts führende Spirale des Zweifelns, die unabwendbar darin endet (eine Spirale hat nun einmal nur ein Ende nach unten), dass Ihnen die gesamte Idee, die Grundmauer Ihrer Geschichte nicht mehr gefällt.

An dieser Stelle möchte ich Sie Willkommen im Club der Autoren heißen! Manche geben es zu, die anderen nicht, aber wir waren alle schon einmal am Ende der Spirale.

Dementsprechend schreiben Sie! Trauen Sie sich etwas! Niemand richtet Sie. Noch nicht zumindest. Daher genießen Sie es, seitenweise zu schreiben, ohne jegliche Beurteilung oder Wertung.

Viki King, Bestseller-Autorin (www.vikiking.com), drückt es in Ihrer »Inner Movie Method« wie folgt aus: »Schreiben Sie mit Ihrem Herzen, überarbeiten (Rewrite) Sie es mit Ihrem Verstand«.

Viele von Ihnen werden jetzt das Kapitel über den »Rewrite« suchen.

Davon rate ich Ihnen ab, denn erstens hat es einen Grund, warum wir nicht mit dem »Rewrite« beginnen und zweitens: Wie möchten Sie denn etwas überarbeiten, dass noch nicht geschrieben steht? Schreiben Sie weiter! Selbstverständlich keine Hieroglyphen.

Es geht sich NICHT darum, einfach auf die Tastatur zu drücken, so wie Garth Marenghi es in seiner britischen, parodischen Fernseh-Serie formulierte:

» All I do is sit down at the typewriter & start hitting the keys ... getting them in the right order? That's the trick.«

Frei übersetzt:

»Alles, was ich mache ist, mich an die Schreibmaschine zusetzten und Tasten zu drücken ... dies in der richtigen Reihenfolge zu tun, ist das Geheimnis.«

Ich hoffe, so viel sollte inzwischen klar sein, dennoch ein Beispiel:

Gesetzt den Fall:

Ihr Protagonist steht auf einer Straße und dreht sich in Ihrem Autoren-Auge zur Kamera und zuckt die Schultern, weil er nicht weiß, was er machen soll. Jetzt fragen Sie sich wahrscheinlich: »Warum ist er überhaupt da? Was soll das Ganze? Es reicht! Ich höre auf und schlafe lieber eine Nacht darüber.«

HÖREN SIE NICHT AUF!

Nehmen Sie das auf, was der schulterzuckende Protagonist Ihnen gibt. Wenn er tatsächlich nackt ist und ohne Geschlechtsteile in einer vollständig grauen Welt steht, schreiben Sie nie wieder! Dies ist natürlich nicht ernst gemeint, auch und selbst für diesen akuten Fall gäbe es eine Lösung. Doch gehe ich davon aus, dass er oder sie (für das weitere Beispiel bleibe ich mal bei einem männlichen Protagonisten, nicht aus chauvinistischen Gründen, sondern der rein praktischen Natur) ein Geschlecht und Haare hat. Ebenfalls haben Sie in Ihrem Leben schon einmal eine Straße gesehen. Was ist da? Hat er lange Haare, will er vielleicht zum Friseur um 3.00 Uhr nachts.

Wer geht um 3.00 Uhr nachts zum Friseur? Wieso?

Was hat er für Optionen?

Wenn er sich das Rauchen abgewöhnen will, braucht er vielleicht Airwaves.

Holen Sie für eine Seite aus, welche Marke Airwaves und warum. Mag er den Geschmack von Zitronen? Weil er in seiner Kindheit mit seinen Eltern immer in Andalusien war?

Oder mag er den chemischen Geschmack von Erdbeere, da doch nichts mehr in dieser Welt wirklich echt ist?

Seien Sie kreativ! Es steht alles bereits da. Sie müssen nur beschreiben »Wo«, »Wer«, »Warum« und im Nachhinein selbstverständlich »Was passiert«, aber das kommt quasi ganz von alleine, nachdem Sie erst einmal 3 Seiten über den Geschmack von Spaghetti geschrieben haben und wie er jede einzelne Nudel herunterwürgen musste, da er sonst nicht aufstehen durfte.

Tun Sie nicht so, als hätten Sie selbst erst ab dem Zeitpunkt des ersten getippten Buchstabens angefangen zu leben und die Welt um sie herum genauso.

MÜCKEN!!!

Da steht er und zuckt mit den Schultern, als das helle Surren von Mücken ihn in eine wilde Raserei versetzt. Hätte er halt nicht unter der Laterne stehen bleiben sollen, mit seinem Vokuhila, den letzten Kaugummi kauend und sich doch eigentlich nach einer Zigarette sehnend um 3.00 Uhr nachts.

Nicht der sympathischste Protagonist, doch ein Protagonist muss nicht sympathisch sein, solange er dem Leser nicht egal ist. Und unser, in seinem Kopf noch immer in den 80ern lebender, ehemaliger Kettenraucher, ist immerhin interessant in dem Sinne, dass der Leser sich zumindest fragt, was macht dieser Chaot als Nächstes?

Um diesen Teil abzuschließen, denken Sie nicht darüber nach, ob es jetzt gut ist oder schlecht, und schreiben Sie, was ihnen einfällt und immer weiter. Denn dann führt eins zum anderen und plötzlich befindet sich unser Chaot in einer spannenden Geschichte oder macht Platz für einen Protagonisten, der uns noch besser gefällt. Selbstverständlich ist es nützlich ein Basiswissen über Ihren Protagonisten zu haben, doch auch diesen lernen Sie beim Schreiben kennen. Es ist sogar möglich, ohne eine klare Vorstellung über den Protagonisten, zu schreiben. Fangen Sie mit einer Stimmung oder einem Ort an und plötzlich läuft Ihnen der Protagonist über den Weg. Und was dann? Dann folgen Sie ihm. Und ja, es gibt Techniken in Büchern, wie z. B. Fragebögen, die Sie beantworten sollen, um so Ihren Protagonisten zu finden. Dabei frage ich mich jedoch, wieso man sich die Freiheit der Fantasie, in der Sie durch Welten schweben können, um sich eine Person herauszusuchen, in dieser Form einschränken sollte? Und ja, es gibt vielerlei Bücher, die Ihnen empfehlen werden, zunächst die Grundstruktur Ihrer Geschichte zu finden oder sich einen Routenplan zu machen. Wenn Sie zu den Menschen gehören, denen das Planen einer Reise mehr Spaß macht, als die Reise selber, empfehle ich Ihnen, auf Anfrage, gerne Bücher, die Ihnen versprechen auf diese Art und Weise zu Ihrer Geschichte zu gelangen.

Jedoch vertrete ich die Auffassung, dass auch dies ein Grund ist, warum Menschen am Schreiben scheitern. Denn diese Planung hindert Sie daran, zu entdecken, und wird dadurch schnell zu einer zu lösenden Aufgabe bzw. Arbeit. In dieser Herangehensweise bildet erst das fertige Buch die Belohnung und befindet sich zudem in ganz weiter Ferne. Dies führt dazu, dass Sie diese Arbeit vernachlässigen. So funktioniert der Mensch.

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Die meisten Menschen nehmen lieber jetzt 100,00 EUR.

Wenn Sie sich jedoch auf das Schreiben einlassen, belohnt Sie bereits das Schreiben durch eine Entdeckung, mit der Sie so nicht gerechnet hätten und Sie werden erstaunt darüber sein, wie Sie darauf gekommen sind. Erstaunt über sich selbst. Sie können es ja doch, obwohl Sie daran zweifelten.

Wie man schreibt

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