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4. Prüfung der Verwertbarkeit zu Protokoll gegebener Angaben

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Für die Prüfung der Frage, ob die vom Mandanten zu Protokoll gegebenen Angaben verwertbar sind, ist von Bedeutung, ob der Mandant als Beschuldigter vernommen oder lediglich formlos informatorisch befragt worden ist.

Polizeibeamte dürfen am Unfallort Anwesende zunächst formlos befragen, um beurteilen zu können, gegen wen Ermittlungen als Beschuldigte zu führen sind.[27] Ergeben sich daraus Tatsachen, die auf eine nahe liegende Möglichkeit der Täterschaft oder Teilnahme schließen lassen,[28] hat die ordnungsgemäße Belehrung unverzüglich zu erfolgen, da sonst ein Missbrauch des dem Vernehmenden zustehenden Ermessensspielraums vorliegt, der die Angaben grundsätzlich unverwertbar macht.[29]

Der Fahrzeughalter wird im Zweifel als Fahrzeugführer in Betracht kommen und zu belehren sein.[30] Wird er ohne Belehrung gefragt, ob er das Tatfahrzeug geführt habe und räumt er daraufhin die Fahrereigenschaft ein, sind diese Angaben nicht verwertbar.[31] Der Verteidiger sollte bei dieser Sachlage bereits im Rahmen der Stellungnahme zur Ermittlungsakte ankündigen, dass ein entsprechender Widerspruch gegen die Verwertung in der Hauptverhandlung erhoben werden wird und beantragen, das Hauptverfahren durch Beschluss nach § 204 StPO nicht zu eröffnen. Denn die Haltereigenschaft alleine reicht zum Tatnachweis (etwa der Trunkenheitsfahrt, einer Nötigung oder einer Unfallflucht) nicht aus. Weitere belastende Umstände können sich aber zu einem ernsthaften Tatverdacht verdichten, der dann vom Beschuldigten zu widerlegen wäre, will er der drohenden Verurteilung entgehen. Als solche spezifischen Umstände kommen in Betracht:

alleinige Anwesenheit am Unfallort unmittelbar nach einem Unfall, wobei es allerdings ausgeschlossen sein muss, dass ein anderer als der Verdächtige das Fahrzeug lenkte,
Unfallverursachung, die im Zusammenhang mit dem Zustand des Verdächtigen (etwa Trunkenheit) erklärbar wäre,
Spuren im Fahrzeug, und zwar im Bereich des Fahrersitzes, die mit Verletzungen oder besonderen Merkmalen (z.B. Haare, Textilfasern, markante Schuhsohlenandrücke) übereinstimmen, die nur beim Verdächtigen vorliegen.

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Nach Ansicht des OLG Saarbrücken[32] bleiben die gegenüber einem Polizeibeamten ungefragt fernmündlich abgegebene Sachverhaltsschilderung oder die in Abwesenheit eines Polizeibeamten gegenüber dem Beschuldigten erfolgte Bezichtigung durch einen zur Zeugnisverweigerung berechtigten Angehörigen als so genannte Spontanäußerungen auch nach Ausübung des Zeugnisverweigerungsrecht verwertbar.

Zu den von den Beschränkungen des § 252 StPO ausgenommenen Spontanäußerungen können auch Mitteilungen im Rahmen von Notrufen zählen, soweit sie zunächst ungefragt und aus freien Stücken erfolgen.[33]

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Praxishinweis

Bei einer verdachtsunabhängigen Verkehrskontrolle ist im Hinblick darauf, dass bei Feststellung konkreter Anhaltspunkte für eine den zulässigen Grenzwert überschreitende Alkoholisierung des angehaltenen Fahrers die Anordnung einer körperlichen Untersuchung dieses Fahrers die Folge ist, dem angehaltenen Fahrer die „Beschuldigteneigenschaft“ erst dann zuzuordnen, wenn die Anzeichen für eine den Grenzwert überschreitende Alkoholisierung so deutlich sind, dass diese dem Polizeibeamten für sich allein schon die Anordnung einer körperlichen Untersuchung als unverzichtbar erscheinen lassen.[34] Die bloße Wahrnehmung von Alkoholgeruch im Auto – nicht in der Atemluft des Fahrzeugführers – soll nach Ansicht des BayObLG[35] für die Bejahung konkreter Anhaltspunkte im vorbezeichneten Sinn nicht ausreichen. Der Verteidiger sollte insoweit die Aussagen der Polizeizeugen genau prüfen: Es kann für die Frage der Belehrungspflicht einen bedeutenden Unterschied machen, ob diese meinten, nur (unspezifischen) Alkoholgeruch im Fahrzeug oder (konkret) in der Atemluft des Fahrzeugführers wahrgenommen zu haben.

Verteidigung im Verkehrsstrafrecht

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