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2. Vergütungsvereinbarung

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In Strafsachen ist es zumeist erforderlich, mit dem Mandanten eine Vergütungsvereinbarung (Muster 2: Vergütungsvereinbarung, unten Rn. 1263) abzuschließen, da das gesetzliche Gebührenaufkommen in vielen Fällen nicht kostendeckend ist.[24] Für Vergütungsvereinbarungen, die zu höheren als den gesetzlichen Gebühren führen, gelten nach § 4 Abs. 1 RVG folgende Formvorschriften:[25]

die Erklärung des Auftraggebers muss schriftlich abgegeben sein,
die Erklärung darf nicht in der Vollmacht enthalten sein,
das Schriftstück muss als Vergütungsvereinbarung bezeichnet sein, wenn es nicht vom Auftraggeber verfasst wurde,
die Vergütungsvereinbarung muss von anderen Vereinbarungen deutlich abgesetzt sein.

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Dabei hat es sich als zweckmäßig herausgestellt, für einzelne Verfahrensabschnitte bestimmte Gebühren zu vereinbaren. Für eine Beratung, d.h. für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft, die nicht mit einer weiteren gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, ist der Anwalt gem. § 34 RVG sogar gehalten, eine Gebührenvereinbarung abzuschließen.

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Wenn es auch keinen festen Zeitpunkt für den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung gibt, empfiehlt es sich zumindest, die Unterzeichnung einer entsprechenden vertraglichen Regelung vom Mandanten nicht unmittelbar vor Beginn der Hauptverhandlung mit dem Hinweis zu verlangen, andernfalls das Mandat niederzulegen. Denn dieses Verhalten wird von den Obergerichten[26] als widerrechtliche Drohung ausgelegt.

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Bei einem Pauschalhonorar treten erfahrungsgemäß Schwierigkeiten auf, wenn der Verteidiger den genauen Umfang der von ihm zu erbringenden Tätigkeiten nicht überschauen kann, etwa das Honorar für das Ermittlungsverfahren und eine möglicherweise länger dauernde Hauptverhandlung vereinbart, dann jedoch das Verfahren durch die Staatsanwaltschaft eingestellt wird oder aber bereits nach einer kurzen Hauptverhandlung das Verfahren beendet wird.

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Nach § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO ist die Vereinbarung eines sog. Erfolgshonorars grundsätzlich unzulässig. Das BVerfG hat jedoch diese Norm insoweit für verfassungswidrig erklärt, „als es keine Ausnahme für den Fall zulässt, dass der Rechtsanwalt mit der Vereinbarung einer erfolgsbasierten Vergütung besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers Rechnung trägt, die diesen sonst davon abhielten, seine Rechte zu verfolgen“. Das Gericht hat hierbei insbesondere den Fall im Blick, in dem auf Grund der wirtschaftlichen Situation des Auftraggebers bei verständiger Betrachtung erst die Vereinbarung einer erfolgsbasierten Vergütung die Inanspruchnahme qualifizierter anwaltlicher Hilfe ermöglicht.[27] Kein Erfolgshonorar liegt jedoch vor, wenn der Rechtsanwalt und Mandant nach Erledigung des Mandats vereinbaren, dass das ursprünglich vereinbarte Honorar erhöht wird (sog. Honorarium).[28] Vom Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare ausdrücklich ausgenommen ist es auch, für den Erfolgsfall die Erhöhung der im RVG enthaltenen erfolgsbezogenen Gebühren (bspw. der Befriedungsgebühr nach Nr. 4141 VV RVG) zu vereinbaren (§ 49b Abs. 2 Satz 2 BRAO).[29]

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Kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen Anwalt und Mandant wegen des Honorars, d.h. muss der Anwalt gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, wird zwar die Honorarvereinbarung als wirksam angesehen, wenn sie schriftlich vorliegt, indes kann das Gericht das Honorar gemäß § 4 Abs. 4 RVG herabsetzen, wenn das vereinbarte Honorar unter Berücksichtigung aller Umstände unangemessen hoch wäre. Noch im Jahr 2005 sollte nach Auffassung des BGH bei einer vereinbarten Vergütung, die mehr als das Fünffache über den gesetzlichen Höchstgebühren liegt, eine tatsächliche Vermutung für die Unangemessenheit der Vereinbarung sprechen.[30] Im Jahr 2009 hat das BVerfG dieser Rechtsprechung eine deutliche Absage erteilt. Das Bundesverfassungsgericht machte deutlich, dass der beim Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zum Ausdruck gebrachte übereinstimmende Wille der Vertragsparteien regelmäßig auf einen sachgerechten Interessenausgleich schließen lasse, der vom Staat grundsätzlich zu respektieren sei. Ferner stellten eine Vergütungsvereinbarung, die eine adäquate Vergütung sicherstellen solle, sowie die gesetzliche Vergütung, der insbesondere der Grundsatz einer Mischkalkulation zugrunde liege, ganz unterschiedliche Vergütungskonzepte dar. Die Höhe der gesetzlichen Vergütung könne daher schwerlich zum Maßstab der Angemessenheit der vereinbarten Vergütung gemacht werden.[31]

Angesichts dieser deutlichen Erwägungen des BVerfG ist der BGH zwischenzeitlich von seiner „Fünffach-Satz-Rechtsprechung“ wieder abgerückt.[32]

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Praxishinweis

Nachdem das BVerfG die pauschale Kappung des Strafverteidigerhonorars für verfassungswidrig erklärt hatte,[33] konkretisierte der BGH die Anforderungen an die Abrechnung von Zeithonoraren.[34]

Um einer etwaigen späteren Herabsetzung der Honorarforderung vorzubeugen empfiehlt sich die schriftliche Vereinbarung eines festen Stundensatzes mit deutlichem Hinweis auf die voraussichtliche Überschreitung der gesetzlichen Gebühren sowie die anschließende gesonderte Darlegung der für die Bearbeitung des Mandats aufgewendeten Zeit. Den Anwalt trifft die Beweislast dafür, dass die Vergütung entstanden ist. Er muss seinen Zeitaufwand nachweisen. Der BGH verlangt, dass die für das abgerechnete Zeitintervall „getroffenen Maßnahmen konkret und in nachprüfbarer Weise“ dargelegt werden. Allgemeine Hinweise über Aktenbearbeitung, Literaturrecherche und Telefongespräche genügen nicht. So soll der Strafverteidiger beispielsweise angeben, welche Akten und Schriftstücke einer Durchsicht unterzogen wurden oder zu welcher Rechts- oder Tatfrage welche Literaturrecherche vorgenommen wurde.[35]

Werden pro Arbeitsstunde 150 € bis 250 € in Ansatz gebracht, so liegt eine nicht unangemessene Kostenkalkulation vor. Nach neuesten Erhebungen soll der Durchschnittsstundensatz bei 182 € liegen.[36] Vereinzelt vereinbarte Stundensätze bis zu 500 € sind in Verkehrssachen schwer durchsetzbar, wären aber insbesondere dann nicht zu beanstanden, wenn die außerordentliche Bedeutung der Sache und Erfahrung und Ansehen des beauftragten Rechtsanwalts einen überdurchschnittlichen Stundensatz rechtfertigen.[37] Dennoch: In der Praxis erhalten allenfalls 3 % der Anwälte einen höheren Stundensatz als 300 EUR.[38]

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