Читать книгу Traumgleiter - Christian Fülling - Страница 21

16

Оглавление

„Weil das höchstwahrscheinlich nicht deine Emotionen waren“, schlussfolgerte Theodor, nachdem er Borchardt aufmerksam zugehört hatte.

„Weil es nicht meine waren?“

„Martin, ich kann gut nachvollziehen, wie du dich gerade fühlst. Du bist wahrlich ein versierter Therapeut mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, den ich über alle Maßen schätze. Jede Fähigkeit birgt jedoch Gefahren in sich, die der Masse nicht einmal ansatzweise bewusst sind.“

„Worauf willst du hinaus, Theodor?“

„Je mehr wir lernen, je mehr wir verstehen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, in unbekannte Sphären vorzustoßen. Das ist schon immer so gewesen. Das unmöglich Erscheinende wird irgendwann vom Möglichen abgelöst.“

„Nun gut, wie auch immer. Siehst du denn ein psychisches Phänomen hinter meinen Erfahrungen?“

„Zunächst ja. Deine Erfahrung der Depersonalisation, deine Halluzination und der Traum gehören wahrscheinlich zusammen. Und damit hätten wir einen möglichen Zugang zu der Zahl 3 in deinem Traum.“

Borchardt stockte der Atem.

„Du darfst jetzt nicht in Panik geraten, Martin. Dein Navi wäre für die meisten Menschen, wenn sie es bei sich entdecken würden, eine intellektuelle Überforderung. Worauf ich hinaus will, ist, dass du eventuell vor neuen Erkenntnissen hinsichtlich deiner geistigen Fähigkeiten stehst.“

„Ich höre dir zu.“

„Wie du weißt, gehört zu jeder neuen Erfahrung, die das Wertesystem oder die Glaubenssätze eines Menschen herausfordern oder gar in Frage stellen, das Gefühl der Angst. Das hast du selbst gesagt.“

„Hab ich das?“, sagte Borchardt lächelnd.

„Ja, mein Guter, das hast du“, lächelte Theodor aus dem Skype-Fenster zurück. „Ich treffe mich erst heute Abend mit einem japanischen Kollegen zum Essen, deshalb habe ich jetzt Zeit. Sollen wir loslegen?“

„Unbedingt.“

„Die Angst, die du spürst, ist wahrscheinlich die, dass bei dir eine beginnende Psychose ausbrechen könnte.“

„Ja, so ungefähr“, gab Borchardt widerwillig zu.

„Und das halte ich für ausgeschlossen.“

„Was macht dich da so sicher?“

„Das, was du mir immer gesagt hast.“

„Intuition?“

„Ja. Deine vorläufige Deutung des Traumes ergibt für mich in Ansätzen Sinn. Du hast es im ersten Satz ja bereits geschrieben: du befindest dich auf unbekanntem Terrain. Du hast auch geschrieben, dass es um dein Navi geht. Auch das könnte ich so unterschreiben. Allerdings geht es nicht nur um dein Navi. Geh doch bitte mal in dich und lass mich wissen, welcher Impuls sich dir aufdrängt, wenn du jetzt an den Traum denkst.“

„Da brauche ich nicht mehr in mich zu gehen. Es ist die Realität.“

„Du hast ihn als sehr real wahrgenommen, nicht wahr? Und dennoch glaube ich nicht, dass es ein rein präkognitiver Traum ist.“

„Weil er zu viele Symbole hat?“

„Unter anderem. Martin, sei jetzt bitte nicht verwirrt, wenn ich ein wenig hin und her springe. Deine Halluzination im Wohnzimmer erinnert mich an eine Hypnagogie.“

„Du meinst eine Pseudohalluzination?“, wunderte sich Borchardt.

„Genau. Das meine ich. Eine Halluzination, während derer die Person weiß, dass es sich um keine reale Wahrnehmung handelt. Das war ja bei dir der Fall, nicht wahr?“

„Ja, aber tritt eine Hypnagogie nicht ausschließlich beim Einschlafen und beim Aufwachen auf?“

„So behauptet es die herrschende Lehrmeinung. Aber nur weil ein Phänomen in einem bestimmten Kontext auftaucht, heißt das noch lange nicht, dass dieses Phänomen in einem anderen Kontext nicht auch vorkommen kann.“

„Und das könnte meine Befürchtung einer Psychose ausschließen?“

„So ist es, zumal Psychotiker in der Regel auf eine Realitätsgewissheit beharren.“

„Ja, aber es war alles so erschreckend real“, wandte Borchardt ein.

„Das ist das Wesen einer Halluzination, Martin“, schmetterte Theodor ab. „Was mir darüber hinaus an deiner Traumdeutung auffällt ist, dass du gänzlich keinen Bezug auf die Tatsache nimmst, dass du bremst und trotzdem an Geschwindigkeit zunimmst. Du bremst, und der Tacho zeigt 333 km/h.“

„Ich habe das nicht als wichtig erachtet.“

„Ist es aber, meines Erachtens. Wenn du bremst und trotzdem an Geschwindigkeit zunimmst, was könnte das bedeuten?“

Borchardt dachte kurz nach.

„Und, mein Guter?“

„Dass etwas anderes auf das Gaspedal drückt?“

„Zum Beispiel.“

„Mensch, du hast recht! Meine Güte, das würde ja heißen, dass es doch nicht nur ausschließlich um mich ginge.“

„Dem stimme ich zu.“

„Beziehungsweise, dass noch etwas anderes im Traum anwesend ist?“

„Möglicherweise.“

Für eine kurze Weile herrschte Stille. Borchardts Telefon klingelte. „Theodor, einen Moment bitte, das ist Samira… Ja mein Schatz.“

„Papa, Marc will mich gleich noch sehen. Deshalb schaffe ich es heute nicht mehr“, sagte sie aufgebracht.

„Tu, was du nicht lassen kannst, mein Schatz. Du kannst jederzeit zu mir kommen, auch nachts.“

„Ich liebe dich, Papa. Tschüss.“

„Ich dich auch. Tschüss. Sorry, Theodor.“

„Kein Problem. Wie geht es Samira?“

„Nicht so gut, ihr Freund hat wohl eine andere.“

„Oh, das tut mir leid.“

„Ja, mir auch. Also noch einmal: Die Tatsache, dass ich bremse und trotzdem an Geschwindigkeit zunehme, könnte bedeuten, dass etwas oder jemand anderes die Führung des Autos kontrolliert?“

„So ist es. Außerdem befindest du dich in einem fremden Auto, nicht wahr?“

„Mein Gott, das stimmt.“

„Jetzt, wo du also merkst, dass du das Auto wohl doch nicht selber steuerst, taucht die Zahl 333 auf. Und du hast recht: Die Zahl 3 ist eine bedeutungsvolle Zahl. Martin, wie ich vorhin schon angedeutet habe, der Traum, die Depersonalisation und die Halluzination müssen irgendwie zusammengehören, eine Einheit bilden. Drei Phänomene ergeben einen Zusammenhang.“

„Das ist gruselig.“

„Und dennoch höchstwahrscheinlich etwas ganz Normales.“

„Das sagt der Parapsychologe. Ich werde trotzdem das Gefühl nicht los, dass du mir etwas vorenthältst“, sagte Borchardt leicht verärgert.

„Warte ab. Du kennst meine Herangehensweise. Ich will dir nicht meine Sicht der Dinge aufdrängen.“

„Okay, du hast recht, mach bitte weiter.“

„Was haben deiner Einschätzung nach alle drei Phänomene gemeinsam?“

„Dass ich sie nur auf psychischer Ebene wahrnehme?“

„Ja. Und was noch?“

„Dass sie mir Angst bereiten.“

„Ja, aber da ist noch etwas, etwas, das dir noch gar nicht in den Sinn gekommen ist. In allen drei Phänomenen scheint Nadine eine Rolle zu spielen.“

„Na ja, bei der Depersonalisation aber nicht.“

„Wirklich? In wessen Spiegel hast du denn geschaut?“

„Den Nadine damals ausgesucht hatte“, wisperte Borchardt.

Das, was Borchardt jetzt vordergründig wahrnahm, war die wachsende Gewissheit, dass er sich tatsächlich auf unbekanntem geistigem Terrain befand. „Okay, fahr fort.“

„Ich schließe damit aber nicht aus, dass die Quersumme 9 noch eine weitere Botschaft beinhaltet…“, begann Theodor.

„…Einen Moment mal. Stehst du dann im Traum für den Doktor?“

„Ein gefühltes Ja. Ich bin mir jedoch nicht sicher. Also, Martin, an der Stelle, an der du deinen Kopf in den Korb rollen siehst, schaut ihr euch dabei in die Augen?“

Borchardt schloss seine Augen und ging imaginativ zurück in den Traum. „Ja! Klar und deutlich. Du sagtest doch vorhin, dass die Emotionen während der Halluzination wahrscheinlich nicht meine waren.“

„Martin, sieh mir bitte nach. Ich stecke wie du auch in einem Erkenntnisprozess. Es ist nicht so, dass ich sicher weiß, was das alles zu bedeuten hat. Du sagtest, dass du vor dem Spiegel das Gefühl hattest, dich durch deine Spiegelbildaugen anzuschauen.“

„Ja.“

„Im Traum schaut dein abgetrennter Kopf dich an beziehungsweise du schaust deinem abgetrennten Kopf in die Augen.“

„Ja.“

„Und in der Halluzination kannst du nicht in die Ferne schauen.“

„Ja, so war es.“

„Alle drei Phänomene gehören meines Erachtens zusammen.“

„Das sagtest du bereits“, bemerkte Borchardt ungeduldig.

„Was könnte das bedeuten, wenn man sich selbst in die Augen schaut? Und bedenke bei deiner Antwort bitte, dass etwas anderes das fremde Auto fährt.“

„Theodor, sei mir nicht böse, aber das wird mir jetzt alles zu bunt.“

„Okay, Martin. Du willst die Abkürzung?“

„Ich bitte darum.“

Theodor suchte nach den richtigen Worten. „Wir beide sind uns doch nach wie vor einig darüber, dass es im Leben keine Zufälle gibt, nicht wahr?“

„Unbedingt, Theodor.“

„In dem Moment, als mich deine Email erreichte, befand ich mich in einem aufschlussreichen Gespräch mit einem Kollegen hier aus den USA. Er berichtete mir von seinen Erfahrungen rund um das Thema geteilte Träume.“

„Deren Existenz allerdings nicht nachgewiesen ist.“

„Und dennoch weltweit seit Jahrhunderten erfahren wird.“

„Was wiederum nicht bewiesen ist.“

„Martin, ich weiß, dass du deren Existenz anzweifelst. Ich frage mich nur, warum? Schau mal, ich bin nun einmal parapsychologischer Wissenschaftler, den du nun einmal kennst, und ich befinde mich derzeit auf einem rein schulpsychiatrischen Kongress und laufe Wissenschaftlern über den Weg, die sich mit Träumen beschäftigen. Und nun das mit dir. Wie kann das sein? Alles nur Zufall?“

„Spielst du auf die Synchronizität an?“

„Ja, genau. Ich vermute, dass meine Erfahrungen hier drüben gewissermaßen mit deinen zusammenhängen.“

„Okay, Theodor, vielleicht hast du recht. Ich bin wieder ganz Ohr.“

„Also, ich stimme dir zu, es gibt zu wenig Beweise rund ums Phänomen ‚Geteilte Träume‘. Aber du weißt genauso gut wie ich, dass sich sämtliche Wissenschaften im Wandel befinden.“

„Ja.“

„Du selbst hast deinem Buch den Titel Paradigmenwechsel gegeben.“

„Das stimmt.“

„Die Quantenphysik beispielsweise ist sich relativ sicher, dass die Essenz des Universums Bewusstsein ist.“

„Eine Aussage, die man bis vor ein paar Jahren nur in esoterischen Kreisen hörte.“

„So ist es. Das Bewusstsein soll nicht durch die Aktivitäten des Gehirns entstehen, sondern das Gehirn ein Instrument des Bewusstseins sein. Das widerspricht sämtlichen Lehrmeinungen. Und die Neurowissenschaften beweisen mithilfe bildgebender Technologien, dass zum Beispiel Muskelaufbau rein mental ohne körperlichen Einsatz möglich ist.“

„Auch das widerspricht somit allem, was akademisch gelehrt wird.“

„In Japan gibt es eine Forschergruppe, die in der Lage ist, den Inhalt von Träumen als Bilder auf einen Bildschirm zu projizieren.“

„Darüber habe ich gelesen.“

„Heute in zehn Jahren können wir unsere nächtlichen Träume als Film anschauen. Die Biochemie und Hirnforschung haben nachgewiesen, dass Gedanken elektrochemischer Natur sind, die korrespondierende biochemische Substanzen im Körper ausschütten, die unsere Gefühle erzeugen, die wiederum krank machen oder heilen können. Bis vor ein paar Jahren galt Positives Denken als Hokuspokus. Jetzt beweist die Biochemie, dass es das nicht ist. Sie können auch nachweisen, dass zum Beispiel der ewige Streit zwischen Eheleuten die Folge einer biochemischen Sucht ist, die auf bestimmten Denkmustern basiert.“

„Das ist richtig“, stimmte Borchardt zu.

„Es liegen russische Untersuchungen vor, die nachweisen, dass ein Mutterhuhn in den USA auf die Tötung ihrer Küken in Russland zeitgleich emotional reagierte. Auch das widerspricht allem, was gelehrt wird. Wissenschaftler stehen kurz vor dem Beweis, dass die emotionalen Erfahrungen einer Generation über die DNA an die nächste Generation weitervererbt werden können.“

„Das habe ich gelesen, und das ist gruselig.“

„Das ist nicht gruselig, Martin. Überleg doch einmal, was das in Bezug auf die Behandlung von Psychosen bedeuten könnte.“

„Du meinst, dass Psychotiker die Traumata ihrer Vorfahren ausleben könnten?“

„Das erklärte das Bizarre hinter ihren Erfahrungen“, bestätigte Theodor. „Und die Zellbiologie hat zweifellos nachgewiesen, dass der an den Hochschulen gelehrte genetische Determinismus so nicht existiert. Dass Gene auf die Umwelt, auf Gedanken und Gefühle reagieren und sich dementsprechend anpassen können.“

Borchardt wurde immer nachdenklicher.

„Bei der Behandlung schwer Traumatisierter hat sich eine neuropsychotherapeutische Methode als sehr erfolgreich erwiesen und Traumata aufgelöst, die noch bis vor Kurzem als unheilbar galten.“

„Du meinst EMDR?“, wusste Borchardt.

„Richtig, mein Guter. Die Neurowissenschaften sprechen mittlerweile von der Neuroplastizität.“

„Dass das menschliche Gehirn in der Lage ist, sich ein Leben lang zu verändern.“

„So ist es.“

„Ich bin mir über einiges von dem, was du aufgezählt hast, durchaus bewusst.“

„Deshalb, Martin, dürfen wir nichts mehr ausschließen, was ansatzweise möglich sein kann. Du und ich sowieso nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass alle deine drei Erlebnisse im Bereich der geteilten Träume anzusiedeln sind.“

„Was genau macht dich da so sicher? Und vor allen Dingen so schnell?“

„Synchronizität. Als mich deine Mail während des Gespräches mit dem Wissenschaftler erreichte, bekam ich eine Gänsehaut. Und während ich deine Traumdeutung las, bekam ich wieder eine Gänsehaut. Und dann, als du mir von den anderen Phänomenen erzähltest, bekam ich eine weitere.“

„Dreimal“, bemerkte Borchardt unruhig.

„So ist es. Dreimal.“

Beide starrten sich an und wussten, was der andere dachte.

„Warum bekommen Menschen abgesehen von Kältegründen eine Gänsehaut?“, fuhr Theodor fort.

„Angst… Angst vor dem Unbekannten.“

„So ist es. Oft bekommen Menschen auch kurz bevor sie sich an verdrängte Traumata erinnern eine Gänsehaut.“

„Du hast recht. Das habe ich bei meinen Klienten beobachtet.“

„Ich habe mich mit geteilten Träumen recht wenig auseinandergesetzt, aber die Tatsache, dass zwei oder mehrere Personen den gleichen Traum träumen oder währenddessen telepathisch miteinander verbunden sind, scheint mir ganz und gar nicht unwahrscheinlich. Wie oft träumt man von einer realen Person, mit der man einen realen Konflikt hat, der im Traum mit der Person gelöst wird, um dann am nächsten Tag einen Anruf von dieser Person zu erhalten, um sich bei einem zu entschuldigen.“

„Da ist was dran. Ist es in der Regel nicht so, dass sich im geteilten Traum alle Träumende im Wachzustand kennen?“

„Ich weiß, worauf deine Frage abzielt. Deshalb möchte ich dir jetzt von einem größeren Experiment berichten, welches ich jüngst in meinem Institut durchgeführt hatte - mit erstaunlichen Ergebnissen. Ähnliche Experimente gab es bereits. Die Ausgangsfrage war: Ist es möglich, dass mentale Bilder, die bestimmte Emotionen in einer Person auslösen, von anderen Personen wahrgenommen werden können, ohne dass die Personen sich untereinander kennen oder voneinander wissen? Konkret heißt das: Wir haben einen Probanden A in einem Raum untergebracht und zehn weitere Probanden in einem anderen. Die zehn wussten nichts von Proband A. A wusste aber von den zehn. Alle wurden von professionellen Wissenschaftlern mithilfe des Neurofeedbacks beobachtet.“

„Neurofeedback?“

„Das ist eine Spezialrichtung des Biofeedbacks, auch EEG-Feedback genannt. Das heißt, man wertet die Gehirnströme aus und kann zum Beispiel emotionale Reaktionen auf dem Computerbildschirm sichtbar machen.“

„Okay.“

„Also, alle Probanden wussten nicht, worum es ging. Mithilfe eines Hypnose-Therapeuten versetzten wir die zehn Probanden in den Theta-Zustand, allerdings so, dass sie nicht einschlafen konnten. Dann gaben wir Proband A verschiedene visuelle Eindrücke in Form von Bildern auf einem Monitor, und baten ihn, diese fünfzehn Sekunden lang zu fokussieren, um daraufhin die jeweiligen Bilder für eine weitere Minute ausschließlich mit geschlossenen Augen zu visualisieren. Dieses Experiment haben wir fünfmal mit verschiedenen Probanden wiederholt. Daraufhin haben wir es weitere fünfmal mit wieder wechselnden Probanden wiederholt, jedoch diesmal wussten die zehn von A und A wusste nichts von den zehn.“

„Das hört sich spannend an. Mit welchem Ergebnis?“

„Unsere Auswertungen haben ergeben, dass mehr als die Hälfte der zehn Probanden zeitgleich auf Proband As Gefühle mit gleichen Gefühlen reagierten. Interessanterweise berichteten sogar zwei Probanden des ersten und vier des zweiten Durchlaufs von inneren Bildern, die den vorgegebenen Bildern der Probanden A entsprachen.“

„Wow.“

„Ja, aber was es vor allen Dingen sichtbar macht, ist, dass man die mentale und emotionale Atmosphäre eines Fremden unbewusst miterleben kann! Um auf meine Vermutung, dass deine Erlebnisse etwas mit geteilten Träumen zu tun haben können, zurückzukommen, heißt das nun, dass eine Person den Traum beziehungsweise die mentale Atmosphäre einer fremden Person miterleben kann, vorausgesetzt, und das ist meines Erachtens wichtig, mindestens einer von beiden beschäftigt sich mit dem anderen, bewusst oder unbewusst.“

„Und das wäre der Erklärungsansatz dafür, dass ich die Gefühle während der Halluzination nicht mehr aufrufen kann, weil es nicht meine waren?“

„Das wäre ein Erklärungsansatz, ja“

„Haben denn die Probanden Ähnliches berichtet?“

„Leider nein“, bedauerte Theodor. „Aber wie gesagt: Nur weil ein Phänomen in einer Situation in einem bestimmten Gewand auftaucht, heißt das nicht, dass dasselbe Phänomen nicht in einem anderen Gewand in einer anderen Situation auftauchen könnte.“

Borchardt war baff.

„Gibt es irgendetwas oder irgendjemanden, mit dem du dich momentan vermehrt beschäftigst? Das wäre die für mich wichtigste Frage.“

„Na ja, wie geschrieben, ich stecke wahrscheinlich in einem neuen Kriminalfall. Sag mal, hast du eine Idee, warum dann Nadine bei allen drei Erlebnissen eine Rolle spielt?“, wollte Borchardt wissen.

„Nehmen wir einmal an, dass du tatsächlich mit der Mentalwelt eines Fremden verbunden warst, dann ist es durchaus realistisch, dass dein Unterbewusstsein Nadine als Wächter benutzte. Es gibt noch eine Menge offener Fragen“, fuhr Theodor fort, „allerdings glaube ich, dass du meine Vermutungen zunächst einmal sacken lassen solltest.“

Traumgleiter

Подняться наверх