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Zweiundvierzig

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Matthias räuspert sich, als wollte er mir etwas vorlesen. Aber er sagt nichts, lässt nur die Halswirbel knacken, einmal rechts, einmal links, und zieht die Patchworkdecke von meinen Beinen.

Ich wende den Kopf ab. Matthias glaubt vielleicht, ich schaue nach draußen, aber ich beobachte ihn in der dunklen Scheibe. Er löst die Gurte der rechten Schiene. Schiebt eine Hand unter meine Ferse, hebt das Bein an.

Mein Puls beginnt zu rasen. Der Schmerz zeigt seine Krallen wie ein wildes Tier und wirft mich nieder.

Geduldig rollt Matthias die Mullbandagen ab. Seine Bewegungen sind langsam, methodisch. Bei der letzten Schicht klebt der Stoff an meiner nässenden Haut. Matthias schneidet den Verband mit der Schere ab und entfernt den Rest mit einem wohlkalkulierten Ruck. Ich atme scharf ein und konzentriere mich auf die Luft in meinem Brustkorb. Matthias lehnt sich zurück. Wahrscheinlich begutachtet er die Entzündung, die Schwellung, den Bruch.

Bald können wir die Fäden ziehen, sagt er, während er die Wunde desinfiziert.

Das Brennen ist schier unerträglich. Als würde das Fleisch an meinen Knochen schmelzen.

Halt still!, donnert Matthias. Lass mich machen.

Ich wende den Blick ab, starre zu den beiden Türen am anderen Ende des Raums, der Tür nach draußen und der, die nach drüben führt. Zum schweren Ofen, zum Krimskrams auf den Regalen. Zur Decke mit ihren grob gehauenen Balken. Von den Balken hängen zwei nackte Glühbirnen wie Dinosaurierskelette in einem Museum.

Matthias holt eine Salbentube aus dem Verbandskasten und versucht, die Aufschrift zu entziffern. Seufzend zieht er seine Brille aus der Hemdtasche, setzt sie auf.

Die sollte helfen.

Bevor er den Verband erneuert, streicht er meine Wunde dick ein. Die Salbe ist kühl. Einen Moment lang bringt sie Erleichterung. Doch als Matthias die Gurte an den Schienen festzurrt, pocht mir das Herz in den Schläfen. Ich kralle die Hände ins Bettzeug und verfluche mein Schicksal. Matthias sagt etwas. Seine Lippen bewegen sich, aber ich höre nichts. Wahrscheinlich sagt er nur, dass er fertig ist. Nach ein paar Sekunden lässt der Schmerz nach, und ich höre seine Stimme wie aus weiter Ferne.

Halt durch, sagt er, halt durch. Jetzt kommt das andere Bein dran.

Das Gewicht von Schnee

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