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Siebenundvierzig

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Es ist später Nachmittag. Als er von seinem kurzen Ausflug nach draußen zurück war, hat Matthias das Feuer geschürt und ist dann nach drüben gegangen, um sich ein Buch zu holen. Matthias liest viel, und da ich keinerlei Interesse an den Büchern habe, die er mir neben das Bett legt, erzählt er mir viele Geschichten. Wie die von den beiden Landstreichern, die neben einem Baum miteinander reden und auf jemanden warten, der nie kommt.

Jedes Mal, wenn er nach drüben geht, dringt ein Schwall kalter Luft durch die offene Tür. Jedes Mal reißt mich die Kälte aus meiner Starre, und ich hebe den Kopf, um kurz einen Blick in das leere Haus zu werfen. Aber ich kann nicht viel erkennen, nur einen dunklen Flur und an seinem Ende ein schwaches Licht.

Wir leben im Anbau eines großen Hauses. In einer Sommerküche mit einem Holzofen und einem riesigen Fenster nach Süden. Bei schönem Wetter wärmt die Sonne den Raum. Doch sobald sie hinter dem Horizont verschwindet, müssen wir den Ofen anheizen. Trotz einiger Wasserspuren an der Decke ist die Veranda solide und schön gebaut. Es gibt geschnitzte Zierleisten. Der Boden besteht aus Dielen. An den Wänden sieht man hellere Stellen, an denen früher Bilder gehangen haben.

In die Mitte der Veranda ist eine Klappe in den Boden eingelassen. Sie führt in einen Kriechkeller, den Matthias als Kühlschrank benutzt. Dort lagert er das Fleisch, das Gemüse und alles, was kühl bleiben und vor dem Frost geschützt werden soll.

Die Decke ruht auf dicken Querbalken mit einem leichten Gefälle. Ich stelle mir das Trommeln des Sommerregens auf dem Blechdach vor. Wie in der Schwerelosigkeit einer langen Fahrt mit dem Auto. Doch zu dieser Jahreszeit türmt sich dort oben lautlos der Schnee. Wenn ich die Ohren spitze, höre ich über mir die Balken bedrohlich knarzen.

Matthias erscheint in der Tür. Er steht da wie ein Entdecker am Bug eines Schiffs.

Rate mal, was ich gefunden habe, sagt er fröhlich.

Einen Moment lang bleibt die Tür offen. Der halbdunkle Gang endet offenbar in einem großen Saal. Ich stelle mir ein Haus mit hohen Decken, großen Räumen und unzähligen Fluren vor. Eine Art Labyrinth, in dem manche Zimmer miteinander verbunden, andere aber ohne Ausweg sind. Eine breite Treppe führt hinauf in den ersten Stock, über dem Esszimmertisch hängt ein Kronleuchter, an den Wänden stehen imposante Bücherregale, und im Wohnzimmer gibt es einen gemauerten Kamin. Eins ist sicher, das Haus wäre für uns beide viel zu groß. Wir würden es nicht warm bekommen. Oder wir würden unseren Holzvorrat innerhalb weniger Wochen verheizen. Und wenn alle Möbel verbrannt wären, würden wir erfrieren.

Na? Was glaubst du, was es ist?, hakt Matthias nach.

Er sieht mich an und wartet auf eine Antwort, die nicht kommt.

Ein Schachspiel, sagt er schließlich seufzend. Ich dachte, ich würde dir damit eine Freude machen.

Mit der Hüfte gibt er der Tür einen Stoß, und sie fällt ins Schloss. Das Labyrinth auf der anderen Seite verschwindet so plötzlich, wie es sich aufgetan hat, und wir sind wieder Gefangene der Veranda.

Das Gewicht von Schnee

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