Читать книгу Das Gewicht von Schnee - Christian Guay-Poliquin - Страница 6

Achtunddreissig

Оглавление

Der Schnee beherrscht alles. Er dominiert die Landschaft, erdrückt die Berge. Die Bäume geben nach, krümmen das Rückgrat, neigen sich zu Boden. Nur die hohen Fichten halten stand. Aufrecht und schwarz. Wo sie wachsen, ist das Dorf zu Ende und beginnt der Wald.

Vor meinem Fenster fliegen Vögel hin und her, picken nach Futter, streiten sich. Manchmal legt einer misstrauisch den Kopf schief, beäugt das stille Haus.

Draußen am Fenster dient ein entrindeter, waagerecht angebrachter Zweig als Barometer. Zeigt er nach oben, bleibt es sonnig und trocken; zeigt er nach unten, wird es schneien. Im Moment sind die Wetteraussichten unklar, er steht genau in der Mitte.

Es muss schon spät sein. Der Himmel ist bedeckt, eintönig grau. Die Sonne lässt sich nicht ausmachen. Einzelne Schneeflocken wirbeln durch die Luft, klammern sich an jede Sekunde. Hundert Meter vom Haus entfernt rammt Matthias eine Stange in den Schnee. Sie erinnert an einen Bootsmast. Nur ohne Fähnchen und Segel.

An der Dachtraufe sammeln sich Wassertropfen, rinnen die Eiszapfen herab, bleiben an ihren Spitzen hängen. Wenn die Sonne herauskommt, glänzen die Zapfen wie scharfe Klingen. Hin und wieder bricht einer ab, bohrt sich in den Schnee. Ein Dolchstoß ins unermessliche Weiß. Doch der Schnee ist unbesiegbar. Nicht mehr lang, und er reicht bis zum Fensterbrett. Bis zur Dachkante. Dann werde ich nichts mehr sehen können.

Es ist Winter. Die Tage sind kurz und kalt. Der Schnee zeigt seine Zähne. Die Weite ist geschrumpft.

Das Gewicht von Schnee

Подняться наверх