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Der Generationswechsel

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In den 1860er Jahren gab es nicht nur neue Statuten, sondern auch einen Generationswechsel. Einige Mitglieder, die schon vor 1842 aktiv waren, verließen das Orchester, darunter der Fagottist Theobald Hürth, ein von Konradin Kreutzer 1823 ans Kärntnertortheater engagierter Bayer, der an der Uraufführung von Beethovens 9. Symphonie mitgewirkt hatte. Weiters der Geiger Josef Nottes, Ballettkonzertmeister, der ebenfalls 1823 ins Hofopernorchester engagiert worden war, und der tschechische Kontrabassist Anton Slama, der als Gründer der Wiener Kontrabassschule gilt. Zwar plante das Konservatorium bereits 1817, eine eigene Kontrabassklasse einzurichten, aber vorerst wurden die Kontrabassisten weiter in der Celloklasse ausgebildet. Erst 1831 wurde Franz Glöggl als erster Lehrer für Kontrabass berufen. Es handelte sich um eine gemeinsame Klasse für Kontrabass und Posaune, die später Slama übernahm. Die Bedeutung Slamas für das Orchester kommt in einem Brief des Kapellmeisters Esser vom 27. November 1855 zum Ausdruck, in dem dieser betonte, man brauche einen Meister dieses Instruments, denn: »Der Kontrabass ist die Stütze und die Grundlage eines guten Orchesters.«

Gleichzeitig bekam das Orchester Zuwachs durch einige sehr junge Musiker, die in den folgenden Jahren eine wichtige Rolle spielen sollten, wie der zukünftige Solocellist Heinrich Röver, Mitglied des Hellmesberger-Quartetts, der Geiger Alois Hilbert, der bereits 1862 im Alter von 19 Jahren engagiert wurde, und schließlich Hans Richter, der 1862 ebenfalls mit 19 als brillanter Hornist ins Orchester eintrat und zwischen dem zweiten und dritten, also tiefen und hohen, Horn alternierte. Nur vier Jahre dauerte es bis zum Beginn seiner wohlbekannten Karriere: Er wurde nicht nur Leiter der philharmonischen Konzerte und Hofkapellmeister, sondern vor allem einer der berühmtesten Dirigenten der Welt, der unter anderem Richard Wagners Ring des Nibelungen, die 2. und 3. Symphonie von Johannes Brahms sowie die 1., 3., 4. und 8. Symphonie von Bruckner zur Uraufführung brachte.

1860 änderte sich der Status des jungen Josef Hellmesberger: Fünf Jahre zuvor als Sologeiger engagiert, erhielt er in der Oper den Titel eines »k. k. Konzertmeisters«. Im Deutschen Bühnen-Almanach von 1860 wird er in der Liste vor seinem Vater und Franz Grutsch geführt, die beide den Titel »Orchesterdirektor« behalten. Zum ersten Mal verwendet das Orchester den Titel »Konzertmeister« und kombiniert damit die Funktion des Orchesterdirektors mit der des Solospielers. Da zur selben Zeit Mayseder das Orchester verließ, verschwand der Titel »Solospieler« unter den Primgeigern. Ebenso erging es später dem Posten des Orchesterdirektors: Als Georg Hellmesberger im Jahr 1868 ausschied, wurde Jakob Grün direkt als zweiter »Konzertmeister« an die Seite von Josef Hellmesberger gestellt. Hinter ihnen gab es zwar noch einen Orchesterdirektor, aber der Posten hatte an Bedeutung verloren, bezeichnete er doch von nun an einen Zwischenposten zwischen dem Konzertmeister und den Tuttigeigern, eine Art stellvertretenden Konzertmeister: Als 1868 Grutsch zugleich mit Georg Hellmesberger ausschied, fiel sein Posten an einen Pionier der Philharmoniker, Franz Dobyhal, der seit 1836 Mitglied des Orchesters war und schon lange Jahre dieselben Funktionen für das Ballett ausgefüllt hatte, bevor er nun sieben Jahre vor seinem Abgang zum letzten Mal befördert wurde. Er war der Sohn des tschechischen Klarinettisten Josef Dobyhal, wie er ein Gründungsmitglied der Philharmoniker, und spielte Bratsche im Hellmesberger-Quartett.

Obwohl hochgelobter Solospieler, hatte Josef Hellmesberger mit seiner Bewerbung als Leiter der philharmonischen Konzerte kein Glück gehabt: Als er sich 1860 zur Wahl stellte, erhielt er nur 14 Stimmen, Otto Dessoff dagegen 62. Unter diesen Umständen war der Konzertmeister-Titel eine Art Kompensation. Schon sein Vater hatte sich 1849 um die Nachfolge Otto Nicolais beworben, ohne Erfolg, da die Kritik darauf hinwies, dass es qualitativ etwas anderes sei, ob Georg Hellmesberger von der Geige aus dirigierte oder ein richtiger Dirigent das Orchester leitete.

1860 markiert folglich einen allgemeinen Wendepunkt: Die Orchesterleitung professionalisierte sich und entwickelte sich zu einem besonderen Fach. Sie hörte definitiv auf, das Vorrecht des Konzertmeisters zu sein, auch wenn zur selben Zeit Johann Strauß mit seinem Orchester einen anderen Weg zeigte.

Als Carl Eckert 1860 aus Gesundheitsgründen seine Ämter als Operndirektor und als Leiter der philharmonischen Konzerte zurücklegte, übergab er seinen Nachfolgern Otto Dessoff, 1860 bis 1875 Dirigent der Philharmoniker, und Matteo Salvi, Operndirektor von 1861 bis 1867, ein gefestigtes Orchester. Die Anzahl der Abonnementkonzerte – ab 1860 acht per Saison – stieg 1864 auf neun, und dieser Zahl blieb man fast ein ganzes Jahrhundert treu: Erst am 30. September 1961 trat ein zehntes Abonnementkonzert hinzu. Am 19. März 1865 fand auch das erste außerordentliche philharmonische Konzert statt. Die Einnahmen kamen nicht den Philharmonikern zugute, sondern wurden zur Errichtung eines Schubert-Denkmals verwendet sowie zur Unterstützung von Theresia, der Witwe von Ferdinand Schubert, dem älteren Bruder des Komponisten. Dieser war es, der Schumann das unveröffentlichte Autograf der Großen Symphonie in C-Dur zukommen ließ.

Die Wiener Philharmoniker

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