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5. KAPITEL 1870–1897. Von der Stabilisierung in die Gefährdung

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Auf die Einweihung der neuen Oper folgte am 6. Januar 1870 die Eröffnung des Musikvereinsgebäudes, in dem von nun an die Abonnementkonzerte stattfinden sollten. Innerhalb weniger Monate nahm das Orchester Besitz von jenen beiden Spielstätten, in denen es bis heute spielt. Der Einzug der Philharmoniker in den Musikverein blieb nicht ohne Folgen für den Kartenverkauf. Da das Orchester von nun an in der Hochburg der »Gesellschaft der Musikfreunde« untergebracht war, vereinbarten die Philharmoniker mit der Gesellschaft die obligatorische Mitwirkung von 40 Philharmonikern bei jedem Konzert und das Vorbestellungsrecht von Karten für Mitglieder und Mäzene. Da diese ein Drittel der Abonnenten ausmachten, hatten zweihundert philharmonische Abonnenten, von denen viele seit 1860 getreue Anhänger waren, plötzlich keinen festen Platz mehr.

In diesem Kontext wählten die Philharmoniker 1875 Hans Richter (1843–1916) zum Leiter der Abonnementkonzerte, ein Amt, das er 23 Jahre lang innehaben sollte. Damit stellten sie einen ehemaligen Kollegen an ihre Spitze, Richter war von 1862 bis 1866 Hornist der Philharmoniker gewesen. So blieb ihm, obwohl er unbestritten ein großer Dirigent war, der besondere Status als primus inter pares erhalten. Nachdem er am 1. Mai 1875 die Funktion des Hofopernkapellmeisters übernommen hatte, wurde er am 26. des Monats per Akklamation unter dem Vorsitz von Konzertmeister Josef Hellmesberger und auf Vorschlag des Bratschisten Rudolf Zöllner, zwei der aktivsten Komiteemitglieder, zum Leiter gewählt. Richter, der ein Jahr später den Ring in Bayreuth herausbringen sollte, wurde in Wien zu einem der glühendsten Verfechter Wagners. Bei der Lohengrin-Vorstellung am 2. März 1876, die der Komponist selbst dirigierte, soll er Pauke gespielt und von der Pauke aus dirigiert haben, da die Schlagtechnik des Komponisten längst nicht so sicher war wie die des Kapellmeisters. Aber Richter wollte in den Lagerkämpfen zwischen Wagnerianern und Brahmsianern nicht einseitig Position beziehen. Am 30. Dezember 1877 leitete er im vierten Abonnementkonzert der Saison 1877/78 die Uraufführung der 2. Symphonie von Brahms. Bald sollte er Gleiches für Anton Bruckner tun, indem er am 20. Februar 1881 dessen 4. Symphonie, die Romantische, aus der Taufe hob.

Beides hinderte ihn nicht daran, sich über das System der demokratischen Abstimmung bezüglich neuer Werke zu beklagen. Denn die Musiker zogen es vor, Ignaz Brüll, Heinrich Hofmann oder Hermann Götz zu spielen und nicht etwa Liszt oder Berlioz. Auch die Presse empörte sich und meinte nicht ohne Perfidie, mit diesem System wäre sicher auch Beethovens Neunte durchgefallen!14

In dieser Zeit spielten die Philharmoniker zum ersten Mal außerhalb von Wien. Am 16. Juli 1877 stiegen 91 Musiker in einen Sonderzug nach Salzburg, um dort am 17. und 18. Juli zwei Konzerte zu Ehren Mozarts zu geben. Zwei Jahre später fand am 9. April 1879 ein Konzert in Budapest statt. Erst 1900 verließen die Philharmoniker zum ersten Mal die Grenzen der Monarchie, bei der von Gustav Mahler geleiteten Reise nach Paris.

Die Wiener Philharmoniker

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