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Die Wiener Schule

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Bei der massiven Vergrößerung des Orchesters fällt die große Anzahl von Wienern auf, wobei nicht so sehr ihre Herkunft als ihre Ausbildung ins Auge sticht. Die sieben Mitglieder der Horngruppe waren zum Beispiel alle am Wiener Konservatorium von einem Wiener Philharmoniker ausgebildet worden, bei den Streichern hatte nicht nur ein großer Teil am Konservatorium studiert, sondern war auch von Philharmonikern unterrichtet worden.

Von den Geigern und Bratschisten (bis nach dem Zweiten Weltkrieg gibt es keine spezifische Bratschenklasse) hatten 20 von 45 Musikern bei Georg oder Josef Hellmesberger studiert, sechs hatten beide als Professoren gehabt. Georg Hellmesberger, der ein Mitschüler von Franz Schubert bei den Wiener Sängerknaben gewesen war und Joseph Joachim sowie Leopold Auer zu seinen Schülern zählte, hatte selbst bei Joseph Böhm gelernt, der als eigentlicher Gründer der Wiener Geigenschule gilt. Als erster Geigenlehrer nach der Gründung des Konservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde hatte Böhm neben Hellmesberger die meisten ersten Philharmoniker als Schüler, wie etwa Eduard Rappoldi, der später Mitglied des Joachim-Quartetts werden sollte sowie Professor und Konzertmeister in Dresden. Böhm war Ungar und Schüler des Franzosen Pierre Rode, der seinerseits Schüler des italienischen Virtuosen Giovanni Battista Viotti war. Rode war auch 1795 einer der ersten Geigenlehrer am Pariser Konservatorium und mit Baillot und Kreutzer Autor der Méthode de violon du Conservatoire. 1812 hatte sich Rode nach Wien begeben, um hier die Sonate Nr. 10 G-Dur op. 96 von Beethoven, die auf seinen Wunsch und in seinem Stil komponiert worden war, zu Gehör zu bringen. Die Wiener Geigenschule war damit das Ergebnis der Unterrichtstätigkeit eines Ungarn, der von einem Franzosen ausgebildet worden war, der seinerseits Schüler eines Italieners gewesen war: Somit ist der Begriff »Schule« in einer Zeit, da in Europa ein lebhafter Reiseverkehr stattfand, stark zu relativieren. Trotzdem haben Georg Hellmesberger und sein Sohn Josef im Lauf ihrer langen Unterrichtstätigkeit je 30 Philharmoniker ausgebildet. Der Wille zur Vereinheitlichung von Stil und Ton schien vorhanden.

1884, 15 Jahre später, als Georg Hellmesberger schon 17 Jahre lang nicht mehr unterrichtete und Josef Hellmesberger dem Orchester seit sieben Jahren nicht mehr angehörte, waren unter den 47 Geigern und Bratschisten 25 ehemalige Schüler von Vater oder Sohn und sieben von beiden.

Die Wiener Philharmoniker

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