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Neue Gesichter

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In den 1870er Jahren sah das Orchester eine Reihe an Neuankömmlingen. Einige waren Familienangehörige, wie der Kontrabassist Anton Langhammer jun., Sohn des Geigers Anton Langhammer sen., der damals zweiter Ballettkonzertmeister war. Manche blieben nur kurze Zeit, wie der ungarische Geiger Arthur Nikisch, der drei Jahre im Tutti spielte, um schließlich wie der Hornist Hans Richter vor ihm zu einem der größten Dirigenten der Geschichte zu werden. Er wurde Chefdirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters und Gewandhauskapellmeister und galt als ein Pionier der modernen Dirigentenschule. Als solcher brachte er in Leipzig die 7. Symphonie von Bruckner zur Uraufführung.

In bestimmten Fällen erwies sich die Nachfolge als schwierig: Richard Lewy war nicht nur ein außergewöhnlicher Musiker – den man nicht umsonst »Blasengel« nannte –, er war auch der Verfasser der ersten Statuten des Orchesters von 1860. Von Direktor Cornet als »gefährlicher Agitator« beschimpft, verließ er sein Pult, nicht um in den Ruhestand zu gehen, sondern um in die künstlerische Verwaltung überzuwechseln. Hier wurde er die rechte Hand von Johann Herbeck, der am 19. Dezember 1870 Dingelstedt nachgefolgt war. Lewy als Hornist zu ersetzen war nicht leicht, aber mit Josef Schantl trat eine künftige Legende des Wiener Horns ans erste Pult: Er spielte erstes Horn bei der Uraufführung der 2. Symphonie von Brahms und der 8. Symphonie von Bruckner und gründete mehrere Ensembles, wie etwa die »Lainzer Jagdmusik«, die bei den kaiserlichen Jagden im Lainzer Tiergarten aufspielte, sowie mit seinem Pultkollegen Michael Pichler und dem Chef der Bühnenmusik an der Oper, Anton Wunderer, das Schantl-Quartett.

Auch bei den Celli kam es in den 1870er Jahren zu zwei wichtigen Neubesetzungen: Reinhold Hummer und Josef Sulzer. Beide wurden Solocellisten, Letzterer wurde zweimal aus disziplinären Gründen entlassen und verdankte seine Wiedereinstellung nur seinem außergewöhnlichen Talent und der Intervention seines Vaters, Salomon Sulzer, Kantor der israelitischen Gemeinde Wiens, obwohl Konzertmeister Hellmesberger sich für seine Entlassung ausgesprochen hatte. Sulzer war mehrmals zu spät zu den Proben gekommen, da der Cellist eine große Familie zu versorgen hatte und eine Menge Privatstunden geben musste, um über die Runden zu kommen. Dass man ihm seine Disziplinlosigkeit verzieh, sollte sich jedoch auszahlen: Als während einer Lohengrin-Vorstellung unter Hans Richter im dritten Aufzug dem Tenor Hermann Winkelmann die Stimme versagte, spielte Sulzer seinen Part auf dem Cello, inklusive der Gralserzählung! Vor Hummers und Sulzers Beförderung war das erste Cellopult einem ständigen Wechsel unterworfen gewesen: Die plötzlichen Abgänge von Karl Schlesinger und Josef Hartinger, zwei Galionsfiguren des Orchesters, das vorzeitige Ausscheiden von David Popper und die kurze Zeitspanne von nur vier Jahren, die Heinrich Röver am Pult beschieden waren, führten immer wieder zu schwer zu füllenden Vakanzen.

Zur Stabilisierung der durch ständige Fluktuation verunsicherten Geigengruppe trug das Engagement einiger künftigen Galionsfiguren bei: Josef Maxintsak, renommierter Lehrer am Konservatorium und Bratschist im Hellmesberger-Quartett, Josef Bayer, Komponist und Freund von Johann Strauß und späterer Ballettdirigent, sowie Max Grohmann, leidenschaftlicher Wagnerianer, der zwischen 1876 und 1899 fast jeden Sommer bei den Bayreuther Festspielen mitwirkte, unter anderem bei der Uraufführung des Ring. Noch sieben weitere Philharmoniker haben bei dieser Uraufführung im Sommer 1876 mitgespielt: der Geiger Anton Loh, der Bratschist Rudolf Zöllner, der Cellist Reinhold Hummer, der Kontrabassist Franz Simandl, der Harfenist Franz Moser, der Trompeter Wilhelm Kühnert und der Tubist Waldemar Brucks. Die meisten standen auf einer von Wagner verfassten Liste der von ihm bevorzugten Wiener Künstler.15 Einige davon kamen nicht nach Bayreuth, möglicherweise bewilligte ihnen die Direktion den Urlaub nicht. Bei den ersten Bayreuther Festspielen saßen außerdem ein ehemaliger Philharmoniker, der Geiger Hans Czillag, der spätere Lehrer von Sibelius in Helsinki, und ein zukünftiger Philharmoniker, der Cellist Theobald Kretschmann, im Orchester. Ein weiterer Philharmoniker, der Fagottist Karl Röder, wirkte 1882 bei der Uraufführung des Parsifal im Festspielhaus mit, zusammen mit zwei ehemaligen Kollegen, dem Cellisten Friedrich Hilpert und dem Klarinettisten Heinrich Venzl, die beide Wien Richtung München verlassen hatten.

Die Wiener Philharmoniker

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