Читать книгу rosenrot - Christian Zippel - Страница 10
1.1.1 Die Realität der Rose
ОглавлениеWer möchte bestreiten, dass die Rose wirklich existiert? Sie ist doch da. Von ihr handelt diese Arbeit. Um sie dreht sich das Gespräch der beteiligten Protagonisten. Wenn sie nicht real wäre, könnten wir uns das doch sparen, oder nicht? Rein intuitiv erscheint es als selbstverständlich, dass die Rose auch dann noch da ist, wenn wir uns von ihr abwenden und nicht über sie reden. Wir selbst sind schließlich – ebenso wie die Rose – nur ein Teil dieser Welt und nicht die Welt ein Teil von uns.
Es gibt aber auch Positionen, die genau dies voraussetzen. Derartige Positionen sind grundlegend idealistisch, können in ihren Ausprägungen jedoch sehr differieren. Ihnen allen gemeinsam ist die Annahme, dass nur der Geist existiert und alles weitere – die gesamte Welt mit all ihren Aspekten – ein Produkt des Geistes ist. Später werden wir uns noch eingehender mit dieser Perspektive befassen.
Nun wollen wir uns aber wieder unserer Rose zuwenden. Sollte sie wirklich nichts anderes als Einbildung sein? Das kann doch nicht sein! Ich kann sie ja nicht nur sehen, sondern auch ihren betörenden Duft riechen, der vornehmlich durch die Sprache der Poesie oder der Chemie beschrieben, aber scheinbar dennoch nie adäquat erfasst wird. Ich kann sie auch fühlen und mich an ihren Dornen pieksen. Ich kann mir ein Bild von ihr machen und mit anderen Menschen, die die Blume anscheinend ebenfalls sehen, über sie reden. Ergo: Sie muss existieren und zwar auch außerhalb meiner geistigen Vorstellung.
Diese Position wird als „Realismus“ bezeichnet. Er beinhaltet die Annahme, dass in der Welt eigenständige Objekte existieren. Ihn gibt es ebenfalls in verschiedenen Variationen. Der Realismus des kleinen Mädchens ist sicherlich der ursprünglichste aller Realismen. Er ist unreflektiert, intuitiv und direkt. Ganz im Sinne der amerikanischen Schriftstellerin Gertrude Stein (1874-1946) kann man ihn folgendermaßen umschreiben: „A rose is a rose is a rose.“ [1] Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose.
Logisch betrachtet ist dies natürlich eine Tautologie. Ziemlich nichtssagend. Hier jedoch trifft sie den Nagel auf den Kopf und macht uns klar, dass die Rose schlicht und einfach nichts anderes ist, als eine Rose – kein Einbildung, kein Konstrukt, keine Idee und auch kein Traum, sondern einfach nur eine Rose. Der Realismus an sich ist eine rein „ontologische“ (auf das Sein bezogene) Annahme.