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1.3.1 Die kausale Verwirklichung einer Disposition

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Bereits vier Jahre bevor Locke seinen „Essay Concerning Human Understanding“ veröffentlichte, trat der englische Naturforscher Sir Isaac Newton (1643-1727) 1686 mit seinem Werk „Philosophiae Naturalis Principia Mathematica“ an die Öffentlichkeit. Ebenso wie auf viele andere, so machte Newton damit auch auf Locke großen Eindruck:

„Herr Newton hat in seinem nicht genug zu bewundernden Buche mehrere Sätze bewiesen, die ebenso viele neue, bis jetzt nicht gekannte Wahrheiten enthalten, und die einen grossen Fortschritt in der Mathematik bilden;“ [15]

Auf rund 600 Seiten revolutionierte Newton das damalige naturwissenschaftliche Weltbild. Bis zum Erscheinen der Relativitätstheorien und der Quantenmechanik legte er so die Grundlage für das lang vorherrschende physikalische Paradigma der „klassischen Mechanik“. Ganz weit oben stand für Newton die Maxime der Kausalität: Das Gesetz von Ursache und Wirkung – keine Wirkung ohne Ursache. Ähnlich dem Zusammenstoß zweier Billardkugeln werde die Wirkung (in Form von Bewegungsenergie) von einem Körper auf den anderen übertragen. Zumindest wird es der schottische Philosoph David Hume (1711-1776) genau mit diesem historischen Beispiel 1748 verdeutlichen. [16] Auch Locke übernahm dieses Kausalitätsmodell, um damit zu erklären, wie die Qualitäten eines Gegenstandes die Vorstellungen in unserem Empfinden hervorrufen:

„§ 11. (Wie die urspünglichen Eigenschaften ihre Vorstellungen hervorbringen.) Die nächste Frage ist nun, wie Körper Vorstellungen in uns hervorbringen; offenbar geschieht dies durch Stoss, da dies die einzige Art ist, wie Körper nach unserer Auffassung auf einander einwirken können.“ [17]

Hinter der Wechselwirkung zwischen den Gegenständen, unserem Körper und unserem Geist nimmt Locke eine durchgehende kausale Verkettung an:

„§ 12. Sind also äussere Gegenstände mit unserer Seele nicht eins, wenn sie Vorstellungen darin hervorbringen, und nehmen wir dennoch diese ursprünglichen Eigenschaften in denen wahr, die unsern Sinnen geboten werden, so muss offenbar eine gewisse Bewegung sich von ihnen durch unsere Nerven oder Lebensgeister, durch gewisse Theile unsers Körpers zu dem Gehirn oder dem Sitz der Empfindung fortsetzen und dort die besondern Vorstellungen in der Seele hervorbringen, welche wir von ihnen haben. Da nun die Ausdehnung, Gestalt, Zahl und Bewegung von Körpern, die eine wahrnehmbare Größe haben, durch Augen aus der Ferne wahrgenommen werden kann, so müssen offenbar einzelne, nicht wahrnehmbare Körperchen von ihnen zu den Augen kommen und damit dem Gehirn eine gewisse Bewegung zuführen, welche die Vorstellungen hervorbringen, welche wir von ihnen haben.“ [18]

Das klingt verständlich und ist vom Prinzip her bis heute eine gängige Erklärung. Die Sache hat nur einen Haken: den „Weltknoten“ (nach Schopenhauer [19]); das Gehirn-Geist- oder auch Leib-Seele-Problem; die Frage, was Materie und was Geist ist und wie sie miteinander wechselwirken. Wenn man „Monist“ ist – sprich nur eine einzig wirkliche Substanz anerkennen möchte –, dann wird man als Materialist sagen, dass der Geist auf den Körper reduziert werden kann und als Idealist wird man sagen, dass die Materie nur eine Erscheinung des Geistes ist. Ein „Dualist“ hingegen wird annehmen, dass Materie und Geist als eigenständige Substanzen existieren, so wie es z.B. Descartes mit seiner Unterteilung in die „res extensa“ und „res cogitans“ durchgeführt hat. Locke selbst war ebenfalls Dualist [vgl. 20].

Die Frage, wie eine Wechselwirkung zwischen Körper und Geist im Sinne des klassischen Kausalitäts-Billard-Modells funktionieren soll, bleibt jedoch bis heute offen. Der Geist scheint von grundlegend anderer Beschaffenheit zu sein, als die Gegenstände um uns herum. Er kennt keine Teilchen, die angestoßen werden könnten und hätte er doch solche, dann wäre der Unterschied wohl doch nicht so groß, die dualistische Teilung unnötig und man könnte ebenso für einen Monismus votieren.

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