Читать книгу rosenrot - Christian Zippel - Страница 13
1.2 Ein Leben in Platons Höhle
ОглавлениеOft kommt es zu kleineren oder größeren Unregelmäßigkeiten in unserer Wahrnehmung, die uns daran zweifeln lassen, ob wir die Welt so erfahren, wie sie wirklich ist.
Warmer Pfefferminztee kann kühlend wirken. Wenn wir verfrorene Hände in kaltes Wasser tauchen, erscheint es uns heiß. Wenn wir einen dunklen Raum betreten, erkennen wir nach und nach immer mehr Details, obwohl sich die Lichtverhältnisse nicht verändern. Halluzinogene Substanzen können dafür sorgen, dass unsere Welt in Trümmer fällt. Menschen berichten von verschiedenen Eindrücken der scheinbar selben Situation.
Gibt es doch einen Unterschied zwischen der Welt an sich und der, die wir wahrnehmen? Oder weshalb scheinen so viele unserer Erfahrungen so volatil zu sein?
Bereits vor weit über 2000 Jahren stellte der griechische Philosoph Platon (428-347 v. Chr.) die gleiche Frage und beantwortete sie in seinem berühmten Höhlengleichnis. [3] Gemäß diesem ist die Welt, wie wir sie erleben (unsere Wirklichkeit), nur ein Schatten der wahren Welt (der Realität). Die Realität an sich ist viel komplexer als unsere Wirklichkeit und nur einige der wenigen realen Einflüsse werden von unseren Sinnesorganen aufgenommen und von unserem Nervensystem in unsere Wirklichkeit verwandelt. Im Sinne von Platon erleben wir mit unserer Wirklichkeit nur einen müden Abklatsch der wahren Realität.
„Die offenkundige Begrenztheit dessen, was unsere Sinne vermitteln und unser Verstand erfassen kann, hat Platon mit einer Höhle verglichen, in der wir zeitlebens gefangen bleiben. Die Schatten auf ihrer Wand betrachtend, versuchen wir uns vorzustellen, was außerhalb der Höhle liegen mag. So erkennen wir kein Ding an sich, sondern lediglich Reflexe und Schatten, welche die Gegenstände der Außenwelt auf ihre Wände werfen.“
Alfred Meier-Koll [4]
Wir müssen uns fragen, ob das Rot der Rose nun real, wirklich oder vielleicht auch eine Zwischenform von beidem ist? Vorerst sollten wir jedoch unsere Naivität und somit den Glauben ablegen, wir würden die Rose so erleben, wie sie an sich ist.